Linksextreme drohen mit massiven Anschlägen in Sachsen
Brennende Autos, brutale Jagden auf Neonazis und Morddrohungen: Linksextreme rufen im Internet auch im Zusammenhang mit dem Dresdener Prozess gegen Lina E. zu Terrorstraftaten auf.
Von Jürgen Becker
Auf der linksextremen Internet-Plattform „Indymedia“ wird gedroht: „Für jede/n Genoss*in und Gefährt*in und für jeweils jedes Jahr Knast gibt es ab sofort 1 Million Sachschaden bundesweit!“ Auch „jede Hausdurchsuchung oder Razzia gegen linke Strukturen, Genoss*innen und Gefährt*innen“ soll ab sofort so gerächt werden. Bezug genommen wird dabei ausdrücklich auch auf die mutmaßlich linksextreme Leipziger Schläger-Bande um Lina E. (28), der derzeit in Dresden der Prozess gemacht wird.
Sollten die vier Angeklagten also in diesem Verfahren zu insgesamt rund 17 Jahre Haft verurteilt werden, wie die Anklage fordert, würden „Autonome Gruppen“, wie sich die Verfasser selbst bezeichnen, 17 Millionen Euro Sachschäden verursachen. „Die Genoss*innen in Leipzig haben es in diesem Jahr vorgemacht, wie eine mögliche Reaktion auf Repression aussehen kann, dies wollen wir aufgreifen und rufen zur Nachahmung auf“, heißt es auf „Indymedia“.
Aus Rache schon Brandanschläge in Leipzig verübt
Tatsächlich reklamieren „Connewitzer Autonome“ und andere Gruppen auf dieser Internetseite für sich, allein in diesem Jahr schon mindestens 30 Autos in Leipzig „mit einfachen Mitteln“ zerstört zu haben, darunter Fahrzeuge der deutschen Post, der Stadt Leipzig und eines Autohauses – auch als Reaktion auf die „anhaltenden Repressionen gegen die linksradikale Szene in Leipzig“, wie es zur Begründung heißt. Dort schlagen sie auch vor, weiterhin jede Hausdurchsuchung mit nächtlichen Aktionen zu rächen. „Wir haben selber mal mit über 100.000 Schaden vorgelegt“, rühmt sich eine der Gruppen.
Nach Urteilsverkündung Randale angekündigt
Dabei verweisen die Radikalen auch immer wieder auf einen Tag X. Als Tag X wird der Tag der Urteilsverkündung gegen die mutmaßliche Linksextremistin Lina E. (28) bezeichnet. Für den Samstag danach wird auf Indymedia dazu aufgerufen, nach Leipzig zu fahren, aber auch „sich bundesweit die Straße zu nehmen und zu zeigen, dass diese neue Qualität der Repression unsere rote Linie ist! Sei es mit Spontandemonstrationen oder militanten Aktionen in verschiedensten Städten.“
Anklage wirft Leipziger Gruppe brutale Überfälle vor
Unterdessen rückt das Urteil gegen Lina E. näher, die gemeinsam mit drei weiteren Angeklagten brutale Angriffe auf tatsächliche oder mutmaßliche Neonazis begangen haben soll. Der Leipziger Studentin werden sechs Überfälle und die Vorbereitung eines weiteren zugeschrieben, begangen zwischen Oktober 2018 und Juni 2020 in Sachsen und Thüringen.
28-Jährige in Chemnitz in U-Haft
Die 28-jährige Lina E. sitzt in Untersuchungshaft, ihre Mitangeklagten sind auf freiem Fuß. Der seit September 2021 unter hohen Sicherheitsvorkehrungen laufende Prozess wird am 19. April fortgesetzt – mit den Schlussvorträgen der Verteidigung. Die wirft der Bundesanwaltschaft eine einseitige Beweisführung vor.
Linksextreme mobilisieren europaweit für Tag X
Mit dem Tag der Urteilsverkündung rückt aber auch der Tag X näher, für den Linksextremisten europaweit mobilisieren und an dem zu einer Großdemo in Leipzig aufgerufen wird. Die Polizei stellt sich sachsenweit auf einen Großeinsatz ein. „Bild“ berichtet, dass die Sicherheitskräfte dann allein in Leipzig mit mehr als 2000 Beamten im Einsatz sein wollen.
Auch der Hochsicherheitstrakt des Oberlandesgerichts in Dresden soll demnach zur Urteilsverkündung noch einmal besonders geschützt werden – ebenso die JVA Chemnitz, in der Lina E. seit November 2020 einsitzt. Die Sicherheitsbehörden wollen aber auch weitere kritische Angriffsziele so gut es geht sichern, darunter Baustellen und Polizeidienststellen.
Polizei: Neue Qualität der Radikalisierung
Thomas Haldenweg, Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, beobachtet schon seit einiger Zeit eine Radikalisierung im Linksextremismus. Innerhalb der gewaltbereiten Szene hätten sich dort sehr kleine Gruppen herauskristallisiert, die sich von den anderen deutlich abschirmten und sehr ausgefeilt den politischen Gegner attackierten, sagte er kürzlich dem MDR-Magazin „exakt.“. Dabei gingen sie mit äußerster Brutalität vor.
Autonome rufen im Internet zu Menschenjagd auf
Auch in Leipzig agiert schon seit einiger Zeit eine neue Linksextreme, deren Aufrufe martialischer sind als der der Antifa. Im Internet nennen sich diese Militanten unter anderem „Offene anarchistische Vernetzung“. Auf einer neuen Plattform haben sie jüngst zu einer Menschenjagd auf aus ihrer Sicht Neonazis aufgerufen.
Gesichter, Namen und Adressen der tatsächlichen oder mutmaßlichen Ziele wurden gleich mit veröffentlicht, ergänzt durch detaillierte Informationen zu deren persönlichen Gewohnheiten, deren Lieblingssupermärkten oder dem Verlauf der täglichen Gassirunde.
Die Polizei spricht von einer neuen Qualität. Sachsens Generalstaatsanwalt prüft derweil Ermittlungen wegen der „Öffentlichen Aufforderung zu Straftaten“. „Aufrufe dieser Art besorgen mich und meine Behörde sehr, da sie einmal mehr die ungebrochene Gewaltbereitschaft der autonomen Szene öffentlich machen“, sagte kürzlich auch Sachsens Verfassungsschutzpräsident Dirk-Martin Christian der „Bild“.
„Diese Kategorie Linksextremisten lässt sich dadurch charakterisieren, dass sie ihre Feindbilder regelrecht entmenschlicht und bei Aktionen gegen sie hohe Sach- und Personenschäden billigend in Kauf nimmt.“