Ermittlungen gegen BKA-Personenschützer
Sie sind für den Schutz von Regierungsmitgliedern, Bundestagsabgeordneten und Staatsgästen zuständig – und sollen sich unter anderem in einem Chat rassistisch und sexistisch geäußert haben.
Das Bundeskriminalamt (BKA) ermittelt gegen mehrere Personenschützer aus der Sicherungsgruppe (SG), die für den Schutz von Regierungsmitgliedern, Bundestagsabgeordneten und Staatsgästen zuständig sind. Es geht um eine Chatgruppe mit rassistischen und sexistischen Inhalten, um Bedrohungen, verschwundene Munition und Kontakte zu privaten Sicherheitsfirmen. Betroffen sein soll vor allem die BKA-Einheit, die für den Schutz auf Auslandsreisen zuständig ist.
Nach Recherchen von SZ, NDR und WDR soll das BKA im vergangenen Jahr Hinweise erhalten haben, wonach es in dieser Einheit Chatgruppen gebe, in denen rassistische und sexistische Inhalte geteilt würden. Auch von Mobbingvorwürfen und Alkoholexzessen soll berichtet worden sein. Bei den BKA-Personenschützern habe sich zudem eine „Zweiklassengesellschaft“ entwickelt.
Am Dienstagmorgen informierten Innenstaatssekretär Hans-Georg Engelke und BKA-Präsident Holger Münch die Obleute des Innenausschusses des Bundestages über die internen Ermittlungen. Das BKA sei den Hinweisen nachgegangen und habe in den vergangenen Monaten mehrere Mitarbeiter vernommen. Dabei habe man einige der Vorwürfe entkräften können, so seien etwa Mobbing, Alkoholexzess und angeblicher Arbeitszeitbetrug nicht nachweisbar gewesen.
Auch von einem Hitlergruß ist die Rede – der Beamte habe „cool wirken“ wollen
Jedoch sei man auf eine Chatgruppe gestoßen, in der ein Kommandoführer unter anderem islamistische Enthauptungsvideos geteilt habe. Zudem seien dort rassistische und frauenfeindliche Inhalte verbreitet worden. Die Einsatzländer der BKA-Personenschützer sollen etwa als „Dreckslochländer“ oder „Affenländer“, die dort lebenden Menschen als „Bimbos“ bezeichnet worden sein.
Ein BKA-Personenschützer soll zudem im Rahmen der Zehn-Jahres-Feier der Einheit einen anderen Kollegen bedroht haben. Auch von einem Hitlergruß ist die Rede, wobei laut BKA bei dem Mitarbeiter keine „gefestigte, rechtsextreme Gesinnung“ festzustellen sei. Er habe vielmehr „cool wirken“ wollen, soll der Beamte im Rahmen der Ermittlungen erklärt haben.
Auch verschwundene Munition innerhalb der Sicherungsgruppe beschäftigt das BKA. So hätten die Personenschützer mehrfach auf Schießständen trainiert und dabei täglich Munition im vierstelligen Bereich verschossen. Die Listen über die verschossene Munition seien nicht sauber geführt worden. Es soll dem BKA bislang nur in Teilen gelungen sein, den Verbleib der Munition zu rekonstruieren.
Zehn Disziplinarverfahren und drei Strafverfahren gegen BKA-Personenschützer
In einigen Fällen hat das BKA zudem Kontakte zwischen den Personenschützern und privaten Sicherheitsfirmen, darunter dem umstrittenen Unternehmen Asgaard, überprüft. Im Ausland seien die Beamten teilweise auf Mitarbeiter der Firma getroffen und hätten sich ausgetauscht.
Insgesamt sind zehn Disziplinarverfahren und drei Strafverfahren gegen BKA-Personenschützer eingeleitet worden. Am Mittwoch soll sich der Innenausschuss des Deutschen Bundestages in einer Sondersitzung mit den Vorkommnissen befassen.
Anfang des Jahres erst hatte das BKA einen Wertebeauftragten eingesetzt, um die „Resilienz der BKA-Beschäftigten gegen Extremismus und Diskriminierung“ zu stärken. Das BKA habe eine „besondere Verantwortung für die Werte der freiheitlich-demokratischen Grundordnung“, wie eine Sprecherin der Behörde auf Anfrage mitteilte. Das Ziel solle daher sein, „gemeinsame Werte im Alltag des BKA zu manifestieren“.
Von Florian Flade und Georg Mascolo, Süddeutsche Zeitung
passiert am 20.4.2021