339 Datenabfragen – Klinik-Mitarbeiterin soll linksextremer Szene zugearbeitet haben

Eine Klinik-Mitarbeiterin soll in mehr als 300 Fällen rechtswidrig Daten des Melderegisters abgefragt haben. In mehreren Fällen könnte es später zu Angriffen auf betroffene Personen gekommen sein. Im Falle einer verprügelten Maklerin führt die Spur zu Lina E..

Eine ehemalige Mitarbeiterin des Universitätsklinikums Magdeburg soll in 339 Fällen rechtswidrig Personendaten über die Sächsische Anstalt für kommunale Datenverarbeitung abgefragt haben. Die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg bestätigte WELT Ermittlungen gegen die Frau wegen des Verdachts der Begehung von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten nach datenschutzrechtlichen Bestimmungen. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden bestätigte WELT Ermittlungen in einem weiteren Verfahren gegen die ehemalige Klinik-Mitarbeiterin wegen des Verdachts der Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung.

Konkret liegen Ermittlern Erkenntnisse aus der Auswertung einer entschlüsselten Festplatte vor, wonach die Verdächtige gezielt Daten wie Privatadressen von Mitgliedern der rechtsradikalen Szene abgefragt und an Mitglieder der linksradikalen Szene weitergegeben haben soll.

Zuvor war bereits bekannt geworden, dass die Verdächtige im August 2019 die Meldeadresse einer Leipziger Immobilienunternehmerin abgefragt hatte, die rund zwei Monate später Opfer eines Angriffs durch zwei Vermummte wurde. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden erklärte, dass das Verfahren im Zusammenhang mit dem Angriff nun „gegen Bekannt“ geführt werde. Gegenüber WELT bestätigte eine Sprecherin nun, dass im Zusammenhang mit dem Angriff gegen die 26-jährige Studentin Lina E. wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt werde. E. muss sich derzeit vor dem Oberlandesgericht Dresden wegen der mutmaßlichen Bildung einer linksextremen kriminellen Vereinigung und mehreren tätlichen Angriffen verantworten.

In der Wohnung von E. wurde laut WELT-Informationen bei einer Durchsuchung ein USB-Stick sichergestellt. Auf diesem Datenträger befand sich eine Datei mit dem Namen “sebtember.rtf”. Dabei handelt es sich um Textpassagen eines auf linken Szeneportalen veröffentlichten Selbstbezichtungsschreibens zum Angriff auf die Maklerin, das zuletzt vor dem Datum des Angriffs editiert worden war. Erkan Zunbül, Verteider von Lina E., teilte auf Anfrage zu den Vorwürfen mit, es bestehe „kein erkennbarer Zusammenhang zwischen unserer Mandantin und dieser Tat“. Er sehe weder einen Verdachtsgrad noch einen Anlass für strafrechtliche Ermittlungen.

Das LKA Sachsen überprüfte insgesamt 419 Datenabfragen durch die mittlerweile entlassene Magdeburger Klinik-Angestellte aus den vergangenen Jahren. Vom LKA Sachsen und dem LKA Sachsen-Anhalt wurden insgesamt über 300 mutmaßliche Geschädigte kontaktiert. Mehrere der abgefragten Personen berichteten von einem „schädigenden Ereignis“, das mutmaßlich nach der Datenabfrage stattfand, also potenziellen Angriffen. Die Uniklinik habe die Person unmittelbar nach Bekanntwerden des Ermittlungsverfahrens freigestellt.

passiert am 09.10.2021