Bundeskriminalamt warnt: Energiekrise bedroht innere Sicherheit

Preissteigerungen, Energieverknappung und Corona-Regeln könnten laut einer Analyse des BKA Proteste in Deutschland anfachen – bis hin zu „gewalttätigen Aktionen“.

Das Bundeskriminalamt (BKA) rechnet wegen steigender Energie- und Lebensmittelpreise und möglicher Rationierungen bei der Energieversorgung mit einer verschärften Sicherheitslage und einem heißen Demonstrationswinter. Wegen steigender Infektionszahlen könnten sich dann auch neue Corona-Schutzmaßnahmen „lageverschärfend und damit gefährunsgerhöhend“ auswirken.

Das geht aus einem internen BKA-Vermerk hervor, der sich mit möglichen Protesten in der Bundesrepublik befasst. Darin ist von einer „Gefährdungsrelevanz“ die Rede – eine ähnliche Lage wie bei den Corona-Protesten sei dann zu erwarten, „wenn ein beachtlicher Bevölkerungsanteil gefühlt oder tatsächlich durch politische Entscheidungen in existenzbedrohende Situationen gerät“.

Das BKA hat auch Versuche von Islamisten registriert, die aktuelle Krise für sich zu nutzen. Dabei geht es um einen Aufruf zu Anschlägen auf die wirtschaftliche Infrastruktur. Ein Sprecher der Terrormiliz „Islamischer Staat“ habe dazu aufgerufen, den Krieg Russlands gegen die Ukraine und die instabile politische Lage in Europa auszunutzen.

Experten erwarten Gewalt von Coronakritikern

Auf jeden Fall rechnet das BKA mit Demonstrationen und Straftaten analog den Corona-Protesten. Hinzu könnten Besetzungen und Blockaden von Unternehmen der Energie- und Rüstungswirtschaft durch die linke Szene kommen. Von Rechtsextremisten und Corona-Skeptikern seien Straftaten gegen Politiker und Entscheidungsträger zu befürchten, von Corona-Kritikern auch „gewalttätige Aktionsformen“. Die ab Oktober möglichen neuen Corona-Regeln könnten auch Teile des zivildemokratischen Spektrums in die Arme des Milieus der Coronaproteste treiben, warnt das BKA.

Insgesamt versucht das BKA, die Lage nicht überzudramatisieren. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte mit Blick auf einen Energiemangel vor „Volksaufständen“ gewarnt. Die Experten des BKA sehen bislang keine Hinweise, „die im Kontext des zu erwartenden Protestgeschehens auf gewalttätige Ausschreitungen hindeuten“.

Immer mehr Menschen sind unzufrieden mit der Lage

Die Unzufriedenheit mit der politischen Situation wächst aber – besonders im Osten. Dort seien nur noch 31 Prozent der Menschen „alles in allem zufrieden gewesen“, heißt es im Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit der Bundesregierung. Das sind neun Prozent weniger als 2020. In den westlichen Ländern habe die Zufriedenheit bei 44 Prozent gelegen, zehn Punkte weniger als 2020.

Im Osten seien nur 26 Prozent der Befragten mit der Arbeit der Regierung zufrieden, 2020 waren es 42 Prozent. Nur noch 43 Prozent der Ost- und 58 Prozent der Westdeutschen sind demnach der Auffassung, „dass man seine Meinung immer frei äußern kann, ohne Ärger zu bekommen“ – im Vergleich zu 50 beziehungsweise 63 Prozent vor zwei Jahren.

Für den 8. Oktober ruft die AfD zu einer Großdemonstration in Berlin unter dem Motto „Preisexplosion stoppen“ und „Nord Stream 2 statt Gasumlage“ auf. Die Partei hatte bereits einen „heißen Herbst“ und die Wiederauflage rechter Montagsdemonstrationen angekündigt. Ein breites Bündnis ruft zu Gegenprotesten am 8. Oktober auf.

Die Berliner Polizei bereitet sich auf eine zugespitzte Lage vor. Dazu wurden die drei Szenarien Verteuerung, Verknappung und Ausfall der Energieversorgung entwickelt; aktuell stehe Stufe zwei bevor, heißt es. Neben mehr Protesten der Klimabewegung und von Kritikern der Energiepolitik geht das Landeskriminalamt von mehr Straftaten aus – genannt werden Hasskriminalität, Betrug etwa beim Tanken, Warenkauf oder Sozialleistungen, sowie Diebstahl, häusliche Gewalt, Vandalismus, Einbrüche, Stromdiebstahl und Manipultion von Stromzählern.

passiert am 23.09.2022