Aufarbeitung des patriachalen Ist-Zustands (Teil 3)

Mitte Juni gab es in Berlin ein erneutes Treffen von Antifas, um sexualisierte Gewalt in der Szene zu problematisieren und Formate der Aufarbeitung und Prävention zu entwickeln. Mittlerweile hat sich der Kreis merklich ausgedünnt. Ausgehend vom Fall Johannes Domhöver, der sich in antifaschistischen Kreisen bewegte, mittlerweile Kronzeuge im Antifa-Ost-Verfahren ist (https://knack.news/2836) und u.a. mit dem Wissen seines Umfelds vergewaltigte und Flinta auf viele andere Arten schädigte (Textsammlung: https://ea-dresden.site36.net/verfahren-antifa-ost/), sollen diese Treffen einen Raum bieten in größerem Kreis daran zu arbeiten und Konsequenzen zu ziehen. Nach einer längeren Runde dazu was aktuell in den Gruppen passiert, ging es in drei Arbeitsgruppen um (1) den Umgang mit Vorwürfen im eigenen Umfeld, (2) die Übersetzung antipatriachaler Ansprüche in der Arbeit antifaschistischer Gruppen und (3) um Möglichkeiten pro_feministischer Organisierung. Das folgende Protokoll ist von mehreren Teilnehmern zusammen verfasst worden. Das nächste Treffen wird wohl im Herbst stattfinden und hoffentlich aus einem Workshop zu Betroffenenperspektive (Wie sieht Supportarbeit aus, was leisten Unterstützer*innengruppen, welcher Umgang ist hilfreich, welcher nicht usw.) bestehen.

1. Teil: Was seit Februar passiert ist

In der Vorstellungsrunde fällt schon auf, dass viele neu sind. Es trifft sich etwa die Hälfte als beim Treffen im Februar. 1/3 davon war vorher noch bei keinem der Treffen. Überwiegend sind es Personen aus Gruppen, die sich langfristig organisieren. Darunter eine Gruppe, die sich seit einem Jahr Zeit nimmt, um Vorwürfe gegen ein Gruppenmitglied aufzuarbeiten und nach den Ursachen in der eigenen Struktur fragt. Zwei kleinere Gruppen, die Vorfälle hatten, die aber schon weiter zurückliegen. Ein Vertreter von Soli-Antifa-Ost ist auch da. Außerdem zwei Großgruppen, die davon berichten konnten, was es für interne Strukturen zur Bearbeitung von Vorwürfen gibt, aber auch welche Formen der Prävention innerhalb der Gruppen gibt. Mindestens eine Person war anwesend, gegenüber der es Vorwürfe gibt und das auch transparent gemacht hat.
Zunächst ging es um Gründe fürs Fernbleiben vieler Leute: Das ein bestimmtes Spektrum fehlt, kurz nachdem der Verrat durch Domhöver bekannt wurde, ist verständlich. Es ist zudem gefühlt der heißeste Tag des Jahres, aber vor allem sind solche Treffen in der Mobilisierung (noch) keine Selbstläufer. Viele werden zudem nichts Neues zu berichten gehabt haben und deshalb fernbleiben.

Es folgte ein Input zu den Treffen, die bereits gelaufen sind. Die wichtigsten Punkte vom Dezember-Treffen (Bericht unter https://www.anarchistischefoderation.de/aufarbeitung-des-patriarchalen-ist-zustands/) war die gemeinsam erarbeitete Liste von Maßnahmen gegen sexualisierte Gewalt, die sich auf unterschiedliche Handlungsebenen bezog (persönlich, in Beziehungen, in der Gruppe, in der Szene). Im Februar-Treffen (https://kontrapolis.info/6452/) ging es viel über (Un)Möglichkeiten der verpflichtenden Arbeit am Thema – also schlicht Organisierung, Regelmäßigkeit, Verbindlichkeit bzw. dem Verhindern des Auseinanderlaufens. Ein großer Bestandteil im Februar war auch die Arbeit in Kritischen Männlichkeitsgruppen. Um Ansprechbarkeit und Kritik zu ermöglichen wurde eine E-Mail-Adresse (antipat030@systemli.org) eingerichtet. Seit dem letzten Treffen ist da aber nur eine Presseanfrage des Neuen Deutschlands eingegangen, die was zu „metoo in der linken Szene“ machen wollten.

In der Runde dazu, was in den letzten vier Monaten passiert ist, ging es länger um Soli-Antifa-Ost (SAO). Für viele war überraschend, dass der Prozess zu aktivem Täterschutz, über Machtstrukturen innerhalb des Bekanntschaftskreises um Johannes Domhöver zunächst sehr schleppend war, nun aber ganz stagniert. Hintergrund ist einerseits die Repression, die diesen Kreis aktuell trifft, aber auch dass sich viele erschlagen fühlen von der Vielfalt der Problemfelder (Täterschutz, Frauenfeindlichkeit, Gewalt&Patriarchat, Militanz vs. Gewalt). Das SAO-Bündnis konnte nicht der Motor für die nur unwillig geführten Auseinandersetzungen sein und hat sich daran aufgerieben. Manche sind ausgetreten, andere führen die Soliarbeit in anderen Strukturen fort. Die Treffen zu kritischer Männlichkeit sind für Cis-Männer, die bei der Soliarbeit mitmachen wollen, mittlerweile verpflichtend. Die Transparenz darüber ist gegenüber der Öffentlichkeit mäßig – vor allem um sich vor staatlicher Repression zu schützen. Es gibt Versuche mehr in internen Treffen zu berichten. In Dresden gab es eine größere Veranstaltung zu Antipatriarchat und Täterschutz (https://www.soli-antifa-ost.org/diskussionsveranstaltung-am-03-mai-in-dresden/). Es gab Ende Mai eine kurze Stellungnahme vom Männertreffen des SAO (https://www.soli-antifa-ost.org/taeterschaft-taeterschutz-und-was-bei-uns-dazu-passiert-ist/) und Einzelpersonen haben längerfristige Persönlichkeitsprozesse begonnen.

Von anderen wurde berichtet, dass sie durch die Treffen in Berlin und die allgemein stärkere Beschäftigung mit dem Thema in der Szene, sicherer geworden sind bei Vorfällen aktiv zu reagieren und Verantwortung zu übernehmen. In Bündnissen und bei befreundeten Gruppen können sexualisierte Gewalt begünstigende Mechanismen viel eher angesprochen werden, weil wir uns auf gemeinsame Grundlagen beziehen können.
Ein Vertreter einer Großgruppe berichtete, dass es bei ihnen nicht-verpflichtende Männlichkeitstreffen gibt, die auch für FLINTA* offen stehen. In denen geht es darum die patriachale Praxis in der Gruppe und die Hintergründe davon zu reflektieren. Die Themen werden für ein Jahr festgelegt. Etwa 1/3 der cis-Männer aus der Gruppe beteiligen sich. Für diesen Kreis wurde nun eine externe Moderation dazu geholt, um die Hierarchien in der Gruppe (immer die gleichen Personen, die einladen usw.) zu dem Thema aufzulösen. Da wurde Kritik/Selbstkritik mehr geübt. Das Männlichkeitstreffen gibt wiederum Feedback in die Gesamtgruppe. Es gibt außerdem noch eine Ansprechkommission in der Gruppe, die als Supportstruktur für Betroffene fungieren kann.
Eine andere Großgruppe berichtete von einer einfachen Praxis zur Etablierung von Kritik und Selbstkritik. Nach den regulären Gruppenplena wird sich in kleinen Tandems/Tridems über die Genderdynamiken des Plenums ausgetauscht und reflektiert. Da wird dann z.B. Redeverhalten kritisiert. Die Idee war gut, aber diese Nachbereitungen sind meistens nicht sehr tiefgehend. Weiterhin gibt es in unregelmäßigen Abständen Männlichkeitstreffen, um über aktuelle Probleme zu sprechen. Das dann meist in gendergetrennten Vollversammlungen. Für die Männlichkeitstreffen wird auch über eine externe Moderation nachgedacht. Auch in dieser Gruppe gibt es eine Ansprechgruppe für Betroffene sexualisierter Gewalt und es gibt einen Leitfaden zur Bearbeitung und Handlungsempfehlungen (Support der Betroffenen, transformative Täterarbeit, aktuelles Beispiel https://outing-koeln.org/). Beide Großgruppen finden es hilfreich aus anderen Gruppen von Aufarbeitungsprozessen zu erfahren.
Zwei kleinere Gruppen berichteten, dass die Selbstbildung schleppender vorankommt, weil dann doch andere Alltagsthemen dominieren. Eingeführt wurde der feministische Top auf dem Plenum. Feministischen Events werden mehr unterstützt. Berührungspunkte zu Outcalls sind insgesamt gering, weshalb es schwer fällt da jeweils Kontakt aufzunehmen und Hilfe anzubieten.
Eine Antirepressionsgruppe macht wöchentliche Treffen für alle, die eine unterdrückende Rolle im Patriarchat haben. Die sind teilweise nicht so gut vorbereitet, aber helfen bei der Reflexion. Um das zu verbessern sollen kurze Text-Inputs helfen. Themen sind Täterbegriff/Schutz, Warnzeichen für patriarchales Verhalten, familiäre Beziehungen als Grundlage, Drogenkonsum als Bedingung für Übergriffigkeit, Verteidigungsmechanismen gegen Kritik und Verteilung von Care-Arbeit.
Eine Gruppe, hat eine Person mit Vorwürfen in der Gruppe. Sie haben sich gegen einen Ausschluss entschieden und interne Workshops für alle gemacht. U.a. wurden Texte von anderen Gruppen gelesen und in der Szene bekannt gewordene Fälle nachbereitet. Themen der internen Arbeit waren: Die eigene Biografie, aber auch wie man in die Gruppe/Szene gekommen ist, wie FLINTA* davon abgehalten wurden, wie die Rollenverteilung (auch über die Gruppe hinaus) ist, warum es in den letzten Jahren Austritte gab, welche Methoden von Männern benutzt werden um sich als „gut“ / „besser“ darzustellen und auch was Gewaltausübung mit linker Politik zu tun hat.
Eine andere Gruppe hat verpflichtende Männlichkeitstreffen alle zwei Wochen. Das reicht aber nicht zur Vertiefung. Deshalb müssen sich alle Männer alle drei Monate zu ihren Reflexionsprozessen äußern. Das funktioniert gut, weil alle gut und lange befreundet sind. Es gibt einen großen Wunsch danach mehr praktisch zu werden und nicht nur intern an den einzelnen so organisierten cis-Männern zu arbeiten. Also eine konkretere feministische Praxis zu haben und auch dafür kritisierbar zu sein. Bisher erschöpft sich das im Boykott von Gruppen und Räume gegen die es Vorwürfe gibt.

2. Teil: Bedarfe und Wünsche – Organisierung

Nach dieser längeren Vorstellungsrunde ging es im Murmelrunden um „Bedarfe & Wünsche“ oder vielmehr um die Fragen woran konkretere Praxis zum Thema scheitert und was sich die einzelnen Gruppen in Zukunft vornehmen.

Hauptthema war „Organisierung“, worum es auch schon beim Februartreffen viel ging. Wie schon vorher diskutiert steht der praktische Wert der Vernetzung, gegenseitiger Bildung und Hilfestellung bei der Bearbeitung von Fällen der Gefahr gegenüber eine weitere Männervernetzung zu schaffen. FLINTA* aus den Zusammenhängen wollen sich an soetwas erstmal nicht beteiligen. Eine regelmäßig stattfindende Vernetzung kann auch die transformative Arbeit dazwischen nicht ersetzen, sondern höchstens für Informationsfluss sorgen und Angebote koordinieren. Die Teilnahme von cis-Männern aus organisierten Gruppen kann verpflichtend gewährleistet werden. Allerdings bleiben „Unorganisierte“, Menschen die nicht greifbar, wohl aber Teil der Bewegung sind, außen vor. Wie werden die Mänlichkeitsprobleme da bearbeitet? Es braucht vermutlich andere Formate um Standards zu etablieren (z.B. Anti-Pat-Medics). Antipatriarchale Haltung muss deutlicher in der Politik sichtbar sein, in Bündnissen zur Sprache kommen und normaler werden, damit sich auch der vermeintlich „unorganisierte“ Teil daran orientieren kann. Beispiele: Sich nicht nur als Unterstüzer an feminstistischer Arbeit beteiligen sondern auch in Bündnisse gehen und quasi trotz Männlichkeit Politik machen
Aktuell beschäftigt sich der Zusammenschluss bedrohter Projekte und Unterstützer aufgrund von Vorfällen in Hausprojekten auch mit dem Thema. Die zwei Vollversammlungen, die dazu stattgefunden haben, waren allgender, Täter und auch täterschützende Kollektive hatten keinen Zutritt. Die Zusammenarbeit hat also Grenzen, aber gemeinsame Standards werden auch hier erarbeitet (siehe Protokoll vom April https://kontrapolis.info/7210/)
Eine Vernetzung kann auch nachhaltig sein, wenn sie als Plattform für weiteres gedacht wird. Es können aus den größeren treffen kleinere AGs zu Leitfäden oder Tools oder auch zur Arbeit an konkreten Fällen entstehen. Als Problem wurde identifiziert dass es in konkreten Fällen zu wenig Support gibt und auch das gegenseitige in Verantwortung nehmen nicht funktioniert. Regelmäßige Trffen, Fallbesprechungen und kollektiver Problemanalyse vor Outings können helfen die Strukturen mehr in solche Prozesse zu integrieren. Denkbar sind auch Gruppen-Buddies um Prozesse in den anderen Gruppen zu prüfen. Alle Anwesenden fanden das richtig und gut und deshalb trifft sich diese Plattform/Vernetzung 3-4mal im Jahr.

3. Teil: Thematische Arbeitsgruppen

(1) Umgang mit Vorwürfen im eigenen Umfeld (z.B. Outcalls).
Vor der Schwelle zum Outcall kommt selten was zur Sprache, weil es kein Vertrauen darin gibt, dass Betroffenen Glauben geschenkt wird und Konsequenzen gezogen werden. Deshalb als erstes, wenn was im Raum steht ein Austausch über die Interessen von Betroffenen. Sofort darauf eingehen und nicht neue Orga-Schleifen drehen, die nur verzögern.
In der AG wurden Fälle aus den eigenen Gruppen gesammelt und jeweils über den Diskurs/Definition und Handlungsmacht über den Vorfall gesprochen. Die Ansprechbarkeit für Betroffene innerhalb der Gruppe muss gwährleistet sein. Tratsch und Desinformation führen schnell zum Entgleisen der Diskurse. Deshalb sind so Leitfäden / code of conduct für Fälle grundlegend für ein besonnenes Bearbeiten. Betroffenenzentrierte Arbeit beruht darauf dass bekannt ist was Betroffene wollen. Sie ist aber auch möglich wenn nicht alles total klar oder manches widersprüchlich ist. Die Aussage, dass „die Betroffene nicht darüber reden möchte“ oder „das ist nicht abgesprochen“ sind oft falsch. Meistens wollen Betroffene ganz konkrete Dinge (etwa in einer bestimmten Art darüber zu reden). Nachfragen und und Vorsicht sind immer gut.
Beobachtet wird häufig wie das jeweilige Umfeld versucht, sich schnell vom Täter zu distanzieren und gemeinschaftliche Verantwortung von sich zu weisen. Distanz zum Täter ist wichtig, um Konsequenzn zu ziehen. Wie wir gehört haben, ist die Kommissionen in der einen Großgruppe formal dafür gedacht. Freundschaften und andere Loyalitäten in der Gruppe sorgen oft dafür dass Kritik nicht konsequent genug ist. Anderseits besteht so auch die Möglichkeit in einem Vertrauensverhältnis miteinander zu arbeiten. Daher ist die Zusammensetzung von Täterarbeitsgruppen gut zu wählen.
Ein Pool von Leuten die Täter- und Betroffenenarbeit leisten, wäre gut. Dafür braucht es wieder Vertrauen in Standards und die Mthoden in denen die erarbeitet werden: Klausuren, Leitfäden, damit nicht immer wieder neu angefangen und verständigt werden muss.

(2) Wie werden antipatriachale und profeministische Ansprüche in unseren Zusammenhängen umgesetzt? Diese AG sollten ein Erfahrungsaustausch zwischen Gruppen sein und aufzeigen welche strukturelle Veränderungen und Schwerpunktsetzungen das Thema besser einbetten.
Die Hierarchien in Gruppen und die dahinterliegenden Machtmittel (Ressourcen wie Wissen, KnowHow, Bekanntschaftsnetzwerke) sollten geprüft und verändert werden. Eine Gruppe berichtete dass persönliche Kontakte zu anderen Gruppen an FLINTA weitergereicht wurden und dass nur noch im Duo (Flinta + cis-Mann) zu Bündnistreffen gegangen wird um die Ansprechbarkeit anders zu verteilen und die öffentliche Wahrnehmung der Gruppe zu verändern.
Berichtet wurde, dass FLINTA* aufgeworfen haben, dass manche Bündnistreffen/Treffen mit anderen Gruppen zur Vorbereitung von Aktionen/Demos usw. oft so patriarchal geprägt sind, oder einfach kein Sinn hinter diesen Treffen gesehen wird, dass sie wirklich ungern hingehen. Entsprechend muss auch auf den Prüfstand ob sich die Gruppe an den Bündnissen beteiligt. Die Arbeit der Gruppe und die Zusammenarbeit mit anderen wird sich also auch ändern. Es ging auch um die dadurch gestiegene Arbeitsbelastung für Flinta*. Die hängt letztlich aber nicht nur von der Frequenz vn zusätzlichen Treffen ab, sondern ob Männlichkeit in der Gruppe reflektiert wird, es zu insgesamt weniger unangenehmen Situationen kommt, die wieder von FLINTA* aufgearbeitet werden müssen, solange Männer es nicht gelernt haben zu intervenieren.
Ein Problemfeld wurde von einer Gruppe aufgemacht, deren interne Bildung nicht so richtig voran kommt. Gute feministische Texte lesen und darüber sprechen ist eine Praxis, die nicht alle beherschen. Eine Möglichkeit ist sich Zitate aus verschiedenen Texten zu einem Thema zu nehmen und daran freier zu diskutieren. Beispiel: „Täter“ und „-arbeit“. Ist weniger anspruchsvoll als ganz Texte zu lesen. Andere Formate der Bildungsarbeit sind geleitete Workshops, Ausflüge, emotionale Zugänge.
Eine Gruppe hat ihren Fokus auf Privilegien bzw. die unterschiedliche Verteilung von Ressourcen in der Gruppe. Es gibt auch andere Formen der Unterdrückung außer das Patriarchat. Diese werden oft nicht reflektiert. Dazu wurde Audre Lorde gelesen. Gegenstrukturen zu den Untersrückungsmechanismen sind faktisch in der Kleingruppe unmöglich aber die Reflektion hat dazu geführt diese Unterdrückung, die auf alle anders wirkt, mitzudenken. Das regelmäßige Treffen zu Rassismus, Sexismus, Klassismus, Alter, Erfahrung usw. findet einmal die Woche statt. Starkes Commitment.
Es gibt immer noch eine gefühlte und strukturelle Trennung von politischer Arbeit (an anderen) und Reflexion (an uns). Diese Hemmnisse an die internalisierten Unterdrückungsmechanismen ranzugehen, müssen auch irgendwo bearbeitet werden. Eine andere Gruppe macht weniger Treffen dazu, um den Druck zur Teilnahme zu erhöhen und die Frustration bei denen die immer kommen geringer zu halten. Die Frag ist ja auch nicht nur was Druck macht, sondern auch wie motiviert man rangeht. Und je weniger Treffen stattfinden, desto mehr fallen die Ausfaller auf und es ist besser möglich das zu thematisieren.
Zum Schluss ging es noch um die Ausstiege aus Gruppen, die auch untr der Frage diskutiert werden müssen. ob es nicht Probleme mit dem Patriarchat gab. Also Leistungsdruck, schlechtes Gewissen, Normalität von Patriarchalen Verhalten.

(3) Welche Möglichkeiten pro_feministischer Organisierung gibt es aktuell in Berlin und welche Hürden und Fallstricke gibt es.

Das wurde an Hand der pro_feminsitschen Vernetzung Berlin vorgestellt und diskutiert. Diese hat sich im August 2020 gegründet als Reaktion auf die sexualisierte Gewalt die auf dem Festival Monis Rache stattfand. Ziel war eine dauerhaft bestehende pro_feministische Struktur zu etablieren, die nicht nur reagiert wenn Scheiße passiert sondern auch proaktiv, feministische Kämpfe unterstützt und dabei eigene Standpunkte entwickelt ohne feministische Kämpfe zu vereinahmen. Weiter will sich die pro_feminsitschen Vernetzung Berlin radikal und kritisch mit Männlichkeiten, Sexismus und Patriarchat auseinandersetzen und gemeinsam mit Feminist:innen für die Überwindung der jetzigen Verhältnisse kämpfen. Dies findet statt durch z.B. Küfa, Kinderbetreuung, Gesa-Support und Mobi für feministische Aktionen oder auch durch die Organisierung von Workshops, Vorträgen, Filmabende, offene Treffen und einen kritisch, solidarischen Umgang untereinander.
Es wurde kurz die Struktur vorgestellt und im Anschluß ein Input über Probleme, Hürden und Widersprüche gegeben, die sich bisher in der Arbeit aufgetan haben. Dies wurde an Hand von 5 Punkten exermplarisch vorgestellt und mit den anderen Personen aus der Arbeitsgruppe diskutiert. Eigene Erfahrungen und Probleme wurden reingetragen und gemeinsam nach Verbesserungen und Lösungen gesucht.

Wir würden hier einen kurzen Abriss dieser Punkte geben, da wir denken, dass sie auch bei anderen Personen / Gruppen & Strukturen auftreten und darüber geredet werden sollte.

A. Männer* erkennen Patriarchat als Unterdrückungsstruktur, aber organisieren sich nicht dagegen. Das bedeutet es gibt sowohl ein theoretisches Erkennen und Anerkennen patriarchaler Verhältnisse, als auch ein Interesse sich zumindest in der Theorie mit dem Thema auseinanderzusetzen. Was jedoch fehlt ist der Transfer dessen in die Praxis. Das bedeutet zum einen eigene Verhaltensweisen aktiv und konsequent zu verändern und das stetig reflektieren (es gibt kein Ende dieses Prozesses)! Wie bspw.: sich verletzlich/angreifbar machen, sich auch mal zurücknehmen, Kritik anzunehmen und nicht abzublocken (egal wie sie gestellt ist), die Comfort-Zone verlassen, mit Freunden über eigene Gewaltausübung zu sprechen…
Zum anderen bedeutet es bestehende Polit.-Strukturen zu hinterfragen und zu verändern. (Geschlechterzusammensetzung, Redeverhalten, Wissenshierarchien, Sexismus, Verantwortungsverhältnisse). Dabei ist nicht nur ein Verstehen notwendig, sondern auch eine aktive verantwortungsvolle Organisierung. Das bedeutet Prioritäten langfristig zu ändern, möglicherweise neue Strukturen zu schaffen, neue zu suchen oder alte Strukturen zu verlassen oder zu verändern.

B. Viele Männer*, die aus der Theorie in die Praxis pro_feministischer Arbeit gehen, haben Angst vor dem Vereinnahmen des feministischen Kampfes. Diese Angst ist berechtigt und hat gute Gründe. Eine Vereinnahmung darf in keinem Fall passieren. Männer* und pro_feministische Praxis sollten sich immer an feministischen Kämpfen orientieren und an diese angebunden und integriert sein. Das bedeutet, konkret herauszufinden was die Bedürfnisse, Wünsche und Forderungen von Feminist:innen sind, diese als zentral für die Arbeit anzusehen und auf Grundlage dessen zu arbeiten.
Gleichzeitig ergibt sich daraus ein anderer Widerspruch: Zwar möchten wir in feministische Kämpfe eingebunden sein, aber trotzdem gibt es viele Themen bei denen es möglich/notwendig ist auch eigene Standpunkte zu entwickeln. Bspw. in Bereichen wie Militär, Kirche, Sport, Sexualität (Incels, „Pickup-Artists“) Überall dort könnten wir aus einer männlichkeitskritischen Perspektive aktiv werden.

C. Ein weiteren Problem ist die Überforderung von Männern* aus einem Gefühl heraus eh nur alles falsch machen zu können. Auch wenn es viel falsch und wenig richtig zu machen gibt, bedeutet es nicht, dass wir am Ende nichts tun sollten. Es ist ein Problem, wenn aus dieser Überforderung eine Stagnation folgt und keine Organisierung stattfindet. Gerade diese Hürde lässt sich oft auf eine Angst zurückzuführen etwas falsch und sich angreifbar zu machen. Doch gerade das ist notwendig. Fehler und Kritiken sind mega unangenehm und werden auch nie angenehm sein. Sie bieten aber eine gute Grundlage Dinge anders und möglicherweise besser zu machen.

D. Problem des Stichflammen-Aktivismus. Das bedeutet, dass viele Männer* besonders zum 8.März bei Küfa und der Unterstützung anderer Support-Aktionen am Start sind und danach nicht mehr. Das ist tatsächlich ein Problem was wir als Struktur jedes Jahr neu erfahren und wir haben es bisher nicht geschafft das zu verändern. Wie können wir das überwinden? Problem der Verbindlichkeit / Verantwortungsübernahme / ernsthaften Interesses?

E. Problem von hegemonialer Männlichkeit innerhalb von der eigenen Strukturen. Nicht nur stehen Männer* und FLINTAs innerhalb des Patriarchats in Machtverhältnissen zueinander. Auch Männer* stehen untereinander in Hierarchien zueinander. In unterschiedlichen Kontexten können sich unterschiedliche, als erstrebenswert angesehene Männlichkeiten herausbilden. Dabei kann eine und dieselbe Person unterschiedliche Männlichkeiten verkörpern (Männlichkeiten als Verhaltensweisen). Wichtig ist diese Hierarchien auf dem Schirm zu haben, zu reflektieren und versuchen gemeinsam zu lernen. Auch wenn es möglicherweise Wissenshierarchien gibt, kann es gemeinsame Lernräume geben. Wir alle können von unterschiedlichen Erfahrungen und Perspektiven aufeinander lernen.

4. Fazit und Feedback

Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen wurden stichpunktartig ins Plenum getragen. Alles interessant, aber für einen guten Wissensaustausch ist ein Protokoll besser, damit das weiter in den Gruppen diskutiert werden kann. Diesmal wurde entschieden das Protokoll mehr organisch wachsen zu lassen. Deshalb hat es auch sechs Wochen gedauert. Abgemacht wurde dass es ein weiteres Treffen geben soll, aber der Vorbereitungskreis offener organisiert sein sollte.
Stichpunkte aus der Feedbackrunde: Schön, dass unterschiedliche Meinungen geteilt und gewertschätzt wurden. Es war hilfreich mehr konkreteres aus den Gruppen zu hören, die Strukturen, und Beispiele für best practice. Kleingruppenphasen könnten kürzer aber dafür öfter eingesetzt werden. Es hat den Anschein, als ob wir es schaffen das Thema aus den Gruppen heraus, auf eine höhere Ebene zur Verständigung und dann wieder zurück in die Gruppen zu holen. Das fühlt sich richtig und gut an. Ob da was Praktisches bei rauskommt, muss sich noch zeigen – aber schön dass das mit der Organisierung teilweise geklärt ist. Wir sollten uns bemühen die anderen wieder dazuzuholen, wenn wir wirklich 3-4mal im Jahr so ein Treffen machen. Gleichzeitig gibt es das Gefühl dass wieder ein Haufen Fragen aufgerufen wurden, aber keine Antworten geboten werden. Ein Workshop zu Täterarbeit wäre wichtig. Die AG-Phase war nicht konkret genug um was mitzunehmen. Immerhin teilen wir Frust und Hoffnung.

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