Berliner LKA-Beamter unter Untreue-Verdacht Polizist soll Geld aus Zeugenschutz und verdeckten Ermittlungen abgezweigt haben
Ein Kommissariatsleiter des LKA betreute die Logistik für verdeckte Ermittler, V-Leute und den Zeugenschutz. Er soll hohe Summen veruntreut haben.
Sein Job war streng geheim, mit viel Geld arbeitete Clemens K. auch im Verborgenen: Für den Schutz bedrohter Zeugen musste der hochrangige Beamte unter einer Legende Wohnungen besorgen oder für verdeckte Ermittler und V-Leute Technik beschaffen. Doch der Leiter des Logistik-Kommissariats im Dezernat „Verdeckte Maßnahmen“ beim Landeskriminalamt Berlin geriet selbst ins Visier der Ermittler – die Kollegen rückten bei ihm zur Razzia an.
Erst jetzt wird durch eine Tagesspiegel-Anfrage bekannt, dass die Staatsanwaltschaft bereits 2021 ein Ermittlungsverfahren gegen den Beamten eingeleitet hat. Dem Beschuldigten wird Untreue vorgeworfen. Dass die Polizei nicht selbst damit an die Öffentlichkeit ging, dürfte einen Grund haben: Der Fall ist für die Berliner Polizei besonders heikel.
An einer für den Behörde besonders neuralgischen Stelle entstand ein gefährlicher Angriffspunkt im Sicherheitsgeflecht. Denn der Beamte unterlag verschärften Bestimmungen, derlei Bereiche und die Mitarbeiter dort werden regelmäßig überprüft, auf Sicherheit und Geheimschutz durchleuchtet – das volle Programm.
Aber ausgerechnet in Berlin, Drehscheibe zwischen Ost und West, Anziehungspunkt für Gefährder und Terroristen, Hotspot der organisierten Kriminalität, entstand bei der zentralen Sicherheitsbehörde der Hauptstadt eine Lücke.
Der LKA-Beamte soll von dem Geld, das ihm für den höchst sensiblen Job beim LKA für Zeugenschutz und verdeckte Ermittlungen zur Verfügung stand, nicht wenig abgezweigt haben. Die Summe ist so hoch, dass er das offenbar über einen längeren Zeitraum getan hat.
Dabei ist K. als Kommissariatsleiter gut versorgt, er hatte es nicht mehr lange bis zur Pension, die Gewerkschaftszeitschrift „Deutsche Polizei“ gratulierte ihm vor wenigen Jahren zum 40. Jubiläum.
„Der Sachverhalt wurde aufgrund unserer polizeiinternen Kontrollmechanismen aufgedeckt – die Ermittlungen unmittelbar aufgenommen“, sagte Polizeisprecher Thilo Cablitz dem Tagesspiegel. „Damit einhergehend haben wir dienstrechtliche Konsequenzen gezogen. Dem Beschäftigten der Polizei Berlin wurde ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ausgesprochen.“
Zur Höhe des Schadens, den der Beamte angerichtet hat, will sich die Behörden nicht äußern. Nach Tagesspiegel-Informationen ist polizeiintern von einer Summe im unteren sechsstelligen Bereich die Rede – konkret sollen es 200.000 Euro sein.
Das Motiv ist unklar. Der Beamte soll spielsüchtig sein. Die Polizei will sich dazu aber wegen des Datenschutzes und der Persönlichkeitsrechte des Mannes nicht äußern. Behördensprecher Cablitz sagte dazu lediglich, dass „auch nach den umfassenden Ermittlungen“ keine Hinweise auf ein ideologisches Motiv oder Korruption vorliege.
Die Polizei wollte auch nicht die Frage beantworten, ob durch die mutmaßliche Veruntreuung der Gelder der Schutz von Zeugen und Opfer oder der Einsatz von verdeckten Ermittlern und V-Leuten beeinträchtigt war oder in Gefahr geriet. Unklar blieb auch, ob den Vorgesetzten des Beamten eine mögliche Spielsucht bekannt war und ob sie aus Fürsorge Hilfsangebote gemacht haben.
passiert am 10.06.2022