Kommentar zur Revolutionären 1.Mai Demo in Berlin
Trotz im Vergleich zu anderen Jahren geringen Mobi durch Plakate, folgten etwa 15.000 Menschen dem Aufruf zur diesjährigen Revolutionären 1.Mai Demonstration, ein positives Zeichen für das, zumindest verbale Bedürfnis, etwas an den Zuständen zu verändern. Unter dem Aspekt, die Bevölkerung im Gebiet der Demo zu erreichen, waren Auftaktort und Route schon sinnvoll, es haben sich tatsächlich Anwohner*innen der Demo angeschlossen.
Das Gehate vom Lauti des Internationalistischen Blocks gegen alkoholkonsumierende Teilnehmer*innen hat gut getan; dass der 1.Mai keine Party ist, war nicht immer allen Bündnissen der letzten Jahre klar. Die Sprüche vom selben Lauti zu Corona hingegen waren überflüssig. Die Pandemie ist zwar nicht vorbei aber fast alle haben gelernt damit zu leben, bis auf einige linke Bubbles, die uns auffordern auf dem Weg zur Revolution die Maske nicht zu vergessen und Abstand zu halten. Wir hätten stattdessen lieber sofort erfahren, das die Demo schon zum Anfang gestoppt wurde weil bestimmte kurdische Fahnen gezeigt wurden. Auch wenn wir ungern hinter Öcalan Bildern herlaufen, wäre es stringenter gewesen, mit der Masse an Teilnehmenden einfach weiterzulaufen, statt sofort einzuknicken.
Die Thematisierung des Palästina Konflikts im ersten Block hat auch nicht allen gefallen, dass Menschen emotional reagieren nach den jüngsten Ereignissen dort, dürfte aber niemand überraschen. Zum Glück sind die Zeiten vorbei, in denen der Glaube von Antiimps und Antideutschen an die Bedeutung von Demonstrationen in Berlin, für den Krieg in Palästina, die Szene lähmten.
Der anarchistische Block verwechselte mal wieder Taktik mit Inhalt. Ein vermummter schwarzer Block, der sich hinter Transpis versteckt, kann eine Taktik sein um etwas anzugreifen. Zur Verbreitung der Idee der Anarchie ist er jedoch nur wenig geeignet. Für die maßvolle Intervention mit zwei geworfenen Rauchtöpfen und einem Bengalo an der Bullenwache Sonnenallee, wäre dieser kaum anschlussfähige Auftritt nicht notwendig gewesen. Stattdessen haben wir dem Spalier die nötigen Anhaltspunkte gegeben, wo die Bullen uns enger begleiten müssen.
War die Demo in der Weserstraße noch willkommene Folklore für das Fress- und Saufpublikum der dortigen Lokalitäten, wurden wir ab Kottbusser Brücke nur noch als Spektakel wahrgenommen. Gaffende und filmende Touris warteten auf das gewalttätige Finale, dass sie dann doch verpassten weil sie der Demo nicht in den vorbereiteten Kessel am Oranienplatz folgten.
Das Ende war ein Deja-vu aus vergessen gehofften Zeiten. Als ob die Demo Orga ihre erste Sache machen würde und keine Diskussion der letzten 15 Jahre verfolgt hätte, führte sie die Blöcke in eine Falle, die von den Bullen umgehend ausgeleuchtet wurde, bevor diese einzelne Trupps zur Provokation vorschickte um danach wie im Einsatztraining die Verdächtigen festzunehmen. Das der 1.Mai und vielleicht auch die Autonomen noch Potential haben, lässt sich an den vielen neuen und jungen Leuten ablesen, die dabei waren. Schade das dann doch vor allem in aussichtsloser Lage unvermummt mit Flaschen geworfen wurde statt sich besser vorzubereiten. Die Lautidurchsagen waren bis zum Ende die üblichen Weisheiten: Kettenbilden. Mit welcher Hand willst du dich verteidigen, wenn du in einer Kette bist? Und wieviele Liter Pfefferspray und wieviele Tonfaschläge müssen so eingehakt ausgehalten werden, um in dieser Situation eine Festnahme zu verhindern?
Eine verantwortliche Demo Orga hätte vorher an einer Stelle aufgelöst, an der eine dynamische Entwicklung noch möglich gewesen wäre. Das vorherige Schleichtempo war natürlich keine gute Vorraussetzung dafür.
Der anarchistische Block hätte etwas weniger martialisch auftreten können um unsere Vorstellungen ersichtlich zu machen. Oder wenigstens von sich aus nen Riot starten. Die Take back the night Demo am Vorabend hat gezeigt, wie es funktioniert Inhalte und Angriffe zu verbinden.
Etwas revolutionärer und anarchistischer ging es zur selben Zeit in Paris ab, wie dieses kurze Video belegt https://www.youtube.com/watch?v=cT9jGLgVhVs