Kotti-Wache wird zehnmal teurer als geplant
Für die neue Polizeiwache am Kottbusser Tor plante der Senat mit 250.000 Euro. Jetzt sind es 2,5 Millionen. Die FDP befürchtet sinnlose Geldverschwendung.
Berlin – Die geplante Polizeiwache am Kottbusser Tor in Kreuzberg wird offenbar noch viel teurer als gedacht. Erst sollte sie 250.000 Euro kosten, dann wurden es schon 750.000 Euro. Nach Informationen der Berliner Zeitung sollen es inzwischen sogar 2,5 Millionen sein, die eingeplant sind. Den Mehraufwand soll die Polizei nach Angaben von Beteiligten aus ihrem eigenen Haushalt bezahlen.
Fahrstuhl der Kotti-Wache nicht barrierefrei
Wie es aus der Behörde heißt, hätten sich zudem weitere Probleme ergeben. So ist der Personalrat gegen die Schaffung einer großen Glasfront, aus Gründen des Schutzes für die eigenen Mitarbeiter. Um die Barrierefreiheit zu gewährleisten, damit auch Gehbehinderte zur Polizeiwache hoch über der Straße gelangen, soll ein Lift gebaut werden. Doch der soll laut den bisherigen Planungen angeblich nicht für Rollstuhlfahrer geeignet sein.
Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) will die sogenannte Kotti-Wache in den Räumen eines ehemaligen Wettbüros einrichten – in der Überbauung der Adalbertstraße, im Neuen Kreuzberger Zentrum. Ein anderer Standort sei nicht zu finden gewesen, begründet sie. Gewerberäume im Erdgeschoss scheiden nach ihren Worten aus, da die Mieter dort langfristige Verträge hätten.
Das Kottbusser Tor: ein Schwerpunkt der Kriminalität
Die Kotti-Wache ist höchst umstritten. Viele Gewerbetreibende begrüßen die Idee, denn das Kottbusser Tor ist ein Kriminalitätsbrennpunkt. Die Polizei registrierte dort laut einer internen Statistik allein im Dezember unter anderem 17 Körperverletzungen, fünf Raube, 51 Rauschgiftdelikte, 24 Taschendiebstähle und eine Vergewaltigung.
Vor allem linksradikale Gruppen machen Stimmung gegen eine Polizeiwache. Sie befürchten, dass es dadurch „zu noch mehr rassistischen Polizeikontrollen kommen wird“, wie es etwa im aktuellen Aufruf zur „Revolutionären 1.-Mai-Demonstration“ heißt.
Aber auch innerhalb der Polizei gibt es Kritik an dem geplanten Standort der Wache. So fordert die Gewerkschaft der Polizei (GdP) einen Neubau an der Reichenberger Straße mit mindestens 300 Quadratmetern Fläche und Parkplätzen und – ohne andere Dienststellen zu schwächen – einen Personalkörper von insgesamt mindestens 65 Schutzpolizisten, Kripoleuten und operativen Kräften, die in Zivil unterwegs sind.
„Dass die Kosten für die Kotti-Wache gerade explodieren, kann niemanden überraschen, der in Berlin schon mal etwas bauen wollte“, sagte GdP-Landeschef Norbert Cioma auf Anfrage dieser Zeitung. Aspekte wie die Sicherheit der Mitarbeiter und ein barrierefreier Zugang seien nicht verhandelbar. Er forderte den Senat und die Polizeiführung auf, den Standort zu überdenken.
1,2 Milliarden Euro Sanierungsbedarf in den Polizeidienststellen
Die landeseigene Berliner Immobilienmanagement GmbH beziffert den Sanierungsbedarf bei vielen maroden Polizeigebäuden auf 1,2 Milliarden Euro. Im Landeshaushalt sind für die Sanierungen jährlich rund 30 Millionen Euro eingeplant.
In der gesamten Baubranche seien weiterhin Preissteigerungen und Lieferschwierigkeiten zu verzeichnen, das betreffe öffentliche wie private Bauprojekte, musste Innensenatorin Spranger bereits im März im Innenausschuss einräumen. Für die Herrichtungskosten seien zunächst 250.000 Euro veranschlagt worden. „Im Zuge der weiteren Planung zeichneten sich aber Mehrbedarfe ab“, sagte sie. Für die Mietkosten seien ab 2023 jährlich 50.000 Euro veranschlagt.
FDP befürchtet ein „nicht funktionales Prestigeobjekt“
Auf die Kostensteigerung auf 2,5 Millionen Euro angesprochen, antwortet Iris Spranger der Berliner Zeitung lediglich, dass es entscheidend sei, dass nach über sieben Jahren Diskussion nun eine der modernsten Polizeiwachen am Kottbusser Tor eingerichtet werde. Diese werde die Situation vor Ort grundlegend verbessern und gleichzeitig auch die Bedürfnisse der Anwohner wie der Gewerbetreibenden berücksichtigen. „Ich habe bereits in den Haushaltsberatungen im Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung darauf hingewiesen, dass der Aufbau einer solchen Wache mehr kosten wird.“ Eine genauere Kostenplanung laufe derzeit und sei noch nicht abgeschlossen.
Update: Björn Jotzo, Sprecher für Stadtentwicklung der FDP im Abgeordnetenhaus, erklärte am Donnerstag unter anderem: Die weiter steigenden Kosten für die Wache am Kottbusser Tor seien ein Alarmsignal. „Augenscheinlich geht der Senat die Aufgabe ohne eine solide Planung an“, so Jotzo. Allerdings müsse man Senatorin Spranger zugutehalten, dass sie das Projekt nun ernsthaft vorantreibe. „Aber das darf nicht darauf hinauslaufen, bestimmte Pläne um jeden Preis umzusetzen.“ Auf keinen Fall dürfe die Kotti-Wache zu einem nicht funktionalen Prestigeprojekt ohne Boden werden.
passiert am 13.4.2022