Verfassungsschutz stellt Antaios-Verlag unter Beobachtung

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat den Kleinverlag Antaios in Sachsen-Anhalt unter Beobachtung gestellt. Wie ZEIT ONLINE erfuhr, führt der Inlandsnachrichtendienst das Unternehmen seit einiger Zeit als sogenannten Verdachtsfall. Von einem Verdachtsfall spricht der Geheimdienst, wenn „hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte“ für verfassungsfeindliche Bestrebungen erkennbar sind. BfV-Präsident Thomas Haldenwang bestätigte die Einstufung des Verlages bei der Präsentation des Verfassungsschutzberichts 2020.

Der Antaios-Verlag ist seit einigen Jahren in einem Bauernhaus im sachsen-anhaltischen Schnellroda beheimatet. Im Wohnhaus von Verleger Götz Kubitschek hat auch das selbsternannte Institut für Staatspolitik (IfS) seinen Sitz, das auch von Kubitschek gegründet wurde. Bereits seit vergangenem Jahr beobachtet der Verfassungsschutz den extremen neurechten Thinktank und AfD-Kaderschmiede, da „Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ vorlägen. Ein Grund für die Einstufung waren Verbindungen des privaten Instituts zum rechtsnationalen Flügel der AfD und zu anderen Rechtsextremisten, unter anderem zu Björn Höcke, dem thüringischen AfD-Landes- und Fraktionschef. Höcke ist auch einer der bekanntesten Leser der Publikationen des Antaios-Verlags, er ziehe „geistiges Manna“ aus den Werken, sagte er einmal.

Seit 2000 erscheinen bei Antaios Bücher extrem rechter Autoren wie Martin Sellner, Mario Müller und Till-Lucas Wessels von der sogenannten Identitären Bewegung, eine Organisation, die vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ beobachtet wird. Auch die Werke des wegen Volksverhetzung vorbestraften Autors Akif Pirinçci, Verschwörungserzählungen wie Revolte gegen den großen Austausch des Franzosen Renaud Camus oder ein Werk des konservativ-autoritären Diktators von Portugal, António de Oliveira Salazar, werden im Antaios Verlag verlegt. Kubitschek publiziert zudem Vordenker der antidemokratischen extremen Neuen Rechten von Armin Mohler, über Alain de Benoist bis zu Karlheinz Weißmann.

Die Bücher des Verlags tragen Titel wie Zurüstung zum Bürgerkrieg. Notizen zur Überfremdung Deutschlands oder Massenmigration als Waffe. Mit Rolf Peter Sieferles Finis Germania schaffte es ein Buch des Verlags, das Kritiker als antisemitisch, revisionistisch und rechtsradikal bewerten, in der Vergangenheit sogar bis in die Spiegel-Bestsellerliste. Als das Magazin den Titel von der Liste löschte, löste das kontroverse Diskussionen aus.

Immer wieder wurden Werke aus dem Antaios-Verlag im Umfeld von Rechtsterroristen gefunden. Bei dem Unterstützer des Mörders von CDU-Politiker Walter Lübcke fand die Polizei das Antaios-Buch Umvolkung: Wie die Deutschen still und leise ausgetauscht werden, in dem der Name des späteren Opfers mit Textmarker angestrichen war. Außerdem im Verlagsprogramm: die deutsche Version von Europa verteidigen des norwegischen Bloggers Fjordman, aus dem der rechtsextreme Terrorist Anders Breivik Texte für sein Manifest übernahm, mit dem er Anschläge in Norwegen rechtfertigte, bei denen er 77 Menschen tötete. Der Verfassungsschutz versucht nun den Verdacht zu erhärten, dass es sich beim Antaios-Verlag um eine erwiesenermaßen extremistische Gruppierung handelt.

In den vergangenen Jahren hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz verschiedene Organisationen aus dem Spektrum der extremen Neuen Rechten unter Beobachtung genommen. Neben der extremen neurechten PR-Agentur Ein Prozent – die auch von Antaios-Verleger Kubitschek mitgegründet wurde – rückten auch die extrem rechten Alternativmedien Compact-Magazin und PI-News ins Visier des Bundesverfassungsschutzes. Das islamfeindliche Blog gilt ebenso als gesichert rechtsextremistisch wie Teile der AfD und der Verein Zukunft Heimat in Cottbus aus dem politischen Vorfeld der Partei.

https://www.zeit.de/gesellschaft/2021-05/rechtsextremismus-verfassungsschutz-antaios-verlag-goetz-kubitschek-neue-rechte

passiert am 15.06.21