Gemeinsam gegen Rassismus, Nazis und Sicherheitsbehörden
Am 8. Mai 2021 findet eine Demonstration unter dem Motto „Ihr seid keine Sicherheit! Gemeinsam gegen Rassismus und Nazis in den Sicherheitsbehörden“ statt.
Wenn wir 76 Jahre nach der Zerschlagung von Nazideutschland dazu aufrufen, auf die Straße zu gehen, dann tun wir das auch immer in Gedenken an die Befreiung – Nie wieder.!
Gegen die ungebrochene faschistische Kontinuität in diesem Land!
In den vergangenen Jahren hat es bundesweit eine Intensivierung rechtsradikaler Aktivitäten innerhalb der Sicherheitsbehörden gegeben. Diese Tatsache negieren wir nicht, sehen jedoch den Ursprung dessen im System und nicht in einzelnen Gruppen innerhalb der Behörden. Dieses Problem lässt sich nicht mit einer Reform der Sicherheitsbehörden lösen, sondern nur mit dem Umsturz der bestehenden Verhältnisse.
Die Polizei, das Militär und alle anderen Institutionen, die vermeintlich für Sicherheit sorgen sollen, sind natürlich durchsetzt von Rassist:innen, Sexist:innen und Faschist:innen, die nie den Anspruch hatten, für die Sicherheit aller zu Sorgen.
Vielmehr ist es gerade die Aufgabe der Behörden, die Regeln des Kapitalismus und die Maxime des Kapitals zu erhalten und zu verteidigen.
Konkret bedeutet dies, die von Menschen gemachten Grenzen zu schützen, Häuser für die Besitzer:innen zu räumen, Ausgangssperren zu kontrollieren und jedwedes Regelwerk, sei es noch so absurd, bis zur letzten Konsequenz durchzusetzen, nötigenfalls mit „unmittelbaren Zwang“. Noch konkreter: Menschen in den Tod abschieben, zum Beispiel nach Afghanistan, Geflüchtete an den EU Außengrenzen ertrinken lassen, Bewohner:innen von Wohnungen und Häusern auf die Straße zu setzen und Jugendliche und Obdachlose mit Geldstrafen zu belegen, wenn sie nach 22Uhr noch auf der Straße sind.
Mit aufkommenden populistischen Parteien und Organisation in den letzten 15 Jahren hat sich der Diskurs um politische Korrektheit und gesellschaftlich Verantwortung spürbar polarisiert.
Auf der einen Seite wird die geltende Rechtslage immer weiter verschärft, präventive Gesetzgebungen und Repressalien halten Einzug in die Polizeiaufgabengesetze der Länder und des Bundes, die Verfolgung und sogenannte Rückführung Asylsuchender wird intensiviert und der Wind der „Seehoferischen“ – rechts-konservativen Staatsräson ist deutlich spürbar. Gleichzeitig lassen sich die Law and Order Fetischist:innen der letzten Jahrzehnte vom nationalen Widerstand der AfD und vermeintlicher Wutbürger:innenbewegungen wie Pegida vor sich her treiben.
Auf der anderen Seite gilt Angela Merkel als Schutzpatronin geflüchteter Menschen und die Post-68er der Grünen, APO und wie-sie-nicht-alle-heißen haben schon lange ihren Platz im Establishment gefunden.
Der Versuch der Parteien, ihrer repressiven Rigide einen liberalen Charakter aufzumalen, führt zu widersprüchlichen Entwicklungen. Bullen, die sich seit jeher als Verteidigende der christlich-abendländischen Rechtsstaatlichkeit verstanden haben, finden sich fortan nicht mehr ausreichend repräsentiert von ihren Befehlsgeber:innen. Wo vor nichtmal 20 Jahren der Wachtmeister an der polnisch-deutschen Grenze ganz ohne medialen Aufschrei am Stacheldrahtzaun Geflüchtete wieder zurück schicken durfte und BIPoC’s an jedem Bahnhof ohne den Vorwurf des „racial profiling“ kontrolliert wurden, fürchten die Wachteln nun mediale, vielleicht sogar dienst- rechtliche Konsequenzen, wenn ihr Handeln nicht ausreichend medienverträglich von statten geht.
Der aufgekommene Frust wird von AfD und co. frohlockend kanalisiert und findet so seinen Platz in der kollektiven Wahrnehmung. Die Folge ist, dass besonders frustrierte Beamt:innen die Verteidigung ihres Landes in die eigene Hand nehmen. Herauskommt eine Welle an rechtsradikaler extra-staatlicher Organisierung. Waffendepots und Munitionsdiebstähle, Bedrohungen und Todeslisten sind also das Resultat einer politischen Realität, die zwar gerne als liberal wahrgenommen werden möchte, aber schon immer ihre Privilegien notfalls mit Waffengewalt verteidigte. Ob in Berliner Parks, Bayerischen Bahnhöfen, an den EU Außengrenzen oder am Hindukusch sind deutsche Wirtschaftsinteressen schon immer wichtiger als Menschenleben gewesen!
Allein in den letzten Tagen, Wochen und Jahren gab es unzählige Skandale, die alle Behörden durchziehen, ohne dass es eine Veränderung gegeben hätte. Beispielsweise der Verfassungsschutz arbeitet nach dem NSU fleißig weiter und bekommt zwischendurch gar einen ultra-rechten Chef, der sicher nicht davor zurückschreckt, Futter für Feindeslisten zu verteilen.
Die Skandale sind systemimmanente Erscheinungen. Wer bereit ist Kapital und Profiinteressen vor die persönliche Freiheit und Würde des Menschen zu stellen, schießt – egal ob an der Regierungsspitze Gauland oder Baerbock steht!
Schon die Berufswahl setzt voraus, ein System zu schützen und dessen Sicherheit zu garantieren, nicht die der Menschen, die darin leben. Für eine dieser Institutionen zu arbeiten, beinhaltet einen Glauben an Autorität und den Wunsch nach deren Ausübung. Selbst der letzte Bulle in der Hierarchie der Behörde hat noch eine Autorität gegenüber jenen, denen er auf der Straße gegenübersteht.
Diese Macht birgt Gefahren für alle, die sich dieser widersetzen, aber auch für jene, die von ihrem Rassismus und Sexismus betroffen sind.
Wir sind gemeinsam gegen Rassismus, Nazis und Sicherheitsbehörden und rufen darum dazu auf, in den Block „Gemeinsam gegen Repression und rechten Terror“ zu gehen und offensiv dem Polizeistaat den Kampf anzusagen.
Als Beschuldigte und Betroffene in einem, von der Bundesanwaltschaft und dem Bundeskriminalamt geführten Ermittlungsverfahren wegen „Bildung einer kriminellen Vereinigung“, haben wir einen Einblick in die Machenschaften der Bundesbehörden bekommen.
Der Generalbundesanwalt, seines Zeichens ein explizit politischer Funktionsträger in der Hierarchie der Staatsanwaltschaften, führt staatliche Unterdrückungsmaximen bereits in den Ermittlungen aus. Mit nahezu lückenloser Überwachung, mit Unterstellungen und phantasievollen Konstrukten, die von den Medien bereitwillig propagiert werden und mit gewalttätigen Übergriffen bei Hausdurchsuchungen und Verhaftungen. Die Sicherheit der Republik wird bis zum Letzten verteidigt. Der ausführende Arm der Schreibtischtäter:innen aus Karlsruhe ist meist das Bundeskriminalamt, jene Behörde, die seit der Gründung einen engen Bezug zum NS hat, erhält jährlich mehr Geld, Personal und Befugnisse und erfreut sich an Aktenbergen zu politischen Feind:innen, die sie aus Überzeugung verfolgen.
Die Fülle an Überwachungs- und Repressionsmaßnahmen gegen uns und andere, die nach §129 (a/b) verfolgt werden, ist weder neu noch singulär, eher eine gewohnte Praxis, bei der einzelne in den Fokus staatlicher Verfolgung genommen werden, um eigentlich eine Bewegung zu treffen. Angegriffen werden antiautoritäre und linksradikale Positionen.
Die Strategie ist die Einschüchterung und Isolation der Beschuldigten und deren Umfelder, um auch hier gegen antistaatliche Positionen vorzugehen. Umgesetzt werden die Maßnahmen gegen Betroffene der Repression von eben den Behörden, die durchsetzt sind von Nazis und Rassist:innen. Eben jene Strukturen hören Menschen ab, observieren sie und durchleuchten die Leben der Beschuldigten, ihrer Freund:innen, Familie und Gefährt:innen auf allen Ebenen, lassen ihrer Datensammelwut freien Lauf, wobei mitunter die ein oder andere Information genutzt wird, um den politischen Feind jenseits ihrer Gesetze zu bekämpfen.
Auch lokal sieht es nicht anders aus. Die LKÄ’s aller Länder profitieren von neuen Polizeigesetzen und mehr Befugnissen, die ihnen präventive Ausspähung vereinfachen und die das Wachsen der Informationsberge bedienen. Aus diesem Pool an Daten können dann schonmal die Adressen für den NSU 2.0. abgeschöpft werden oder die einiger Berliner Autonomer, um fleißig Drohbriefe zu verschicken.
In Berlin sind diejenigen Verfolger:innen, die nicht nur hinterm Schreibtisch sitzen, sondern uns alle auch auf der Straße stalken, das sogenannte PMS. Auf Demos treten sie meist am Rand mit gelben Westen auf und den Rest der Zeit verbringen sie damit, Adressen abzufahren, an denen sie politische Feind:innen vermuten, unsere Häuser, Kneipen, Infoläden und alle anderen Orte, an denen Menschen sich gern aufhalten oder politische Aktionen machen.
Sie beobachten uns, um über Strukturen und Beziehungen aufzuklären und alle gewonnenen oder herbei halluzinierten Informationen an das zuständige LKA 5 weiterzugeben. Nicht selten sind sie verantwortlich für Ermittlungsverfahren, die gegen Gefährt:innen eingeleitet werden, weil sie sich als professionelle Identifizierer:innen bezeichnen und ihre Position nutzen, um einige von uns mit Repression zu überziehen. Sie treten übergriffig auf, äußern sich regelmäßig sexistisch und rassistisch gegenüber Gefährt:innen und gehören schlichtweg auf die Mülldeponie der Geschichte.
Ob VS, BKA, LKA oder die Verkehrspolizei, sie alle schützen ein System, dass wir umstürzen und nicht reformieren wollen. Eine radikale Linke kann nicht fordern, dass Repression weniger rassistisch, weniger sexistisch oder irgendwie verhältnismäßig ist! Repression ist ein Ausdruck der Unterdrückung und kann somit kein Teil der Gesellschaft sein, für die wir kämpfen. Wenn wir gegen Rassismus und Nazis auf die Straße gehen, bedeutet das, gegen dieses System der Unterdrückung und des Kapitals zu demonstrieren, dass eben jene Diskriminierung, Wertung und Spaltung braucht, um die Herrschaftsverhältnisse aufrecht zu erhalten. Bullen sind ein notwendiger Teil dieses Systems zur Erhaltung der Macht und somit Feinde der Freiheit.
Ihr Korpsgeist, ihr Glaube an Autorität und einen starken Staat, ihre diskriminierenden Prinzipien und der Wille zur Macht, machen eben diese Behörden aus. Sie lassen sich nicht reformieren, nur abschaffen.
Wenn wir also ernsthaft an einer Welt ohne Rassismus, Sexismus und Faschismus interessiert sind, reicht es nicht, rechte Strukturen innerhalb der Polizei zu bekämpfen, entgegen getreten werden muss der Polizei als Institution, dem Staat als Herrschaftsform, dem Kapitalismus – bis alle frei sind!
Beschuldigte im 129-Verfahren Berlin//Athen