Berliner Feuerwehr: „Bei E-Autos müssen wir mit doppelt so langen Einsatzzeiten rechnen“
In Köpenick sind 20 Autos in Flammen aufgegangen – eigentlich Routine für die Feuerwehr. Doch der Einsatz zog sich über Stunden hin, da auch vier E-Autos brannten. Warum die Autos der Zukunft schwieriger zu löschen sind, erklärt Rolf Erbe von der Berliner Feuerwehr.
rbb|24: Herr Erbe, rund 30 Feuerwehrkräfte waren am Mittwochmorgen mehr als drei Stunden auf dem Gelände eines Autohauses in Berlin-Köpenick im Einsatz. Die Brandbekämpfung wurde durch brennende E-Autos erschwert. Warum?
Rolf Erbe: Bei einem E-Auto muss die Feuerwehr nach dem Löschen der Karosserie kontrollieren, ob es zu einer chemischen Reaktion im Inneren der Hochvolt-Batterie gekommen ist. Dieses Risiko besteht, wenn die Batterie durch einen Unfall oder ein Feuer beschädigt wurde. Die Feuerwehr misst mit einer Wärmebildkamera die Wärmebildung in der Batterie. Wenn sie zurückgeht, übergeben wir die Fahrzeuge der Polizei. Das kostet Zeit. Deshalb dauert der Einsatz an einem Elektroauto etwa 30 bis 60 Minuten länger als bei einem herkömmlichen Fahrzeug.
Was passiert, wenn die Batterie eines E-Autos nicht heruntergekühlt wird?
Bei einer Beschädigung können die Batteriezellen sich untereinander entzünden. Die Folge ist eine Ausgasung, die entweder zu einer Rauchentwicklung oder zum Brand der Batterie führt. Eine Wärmebildung kann auch noch Stunden später zu chemischen Reaktionen in der Batterie führen. Das heißt, ein Elektroauto kann sich noch Tage nach einem Unfall entzünden. Internetvideos zeigen, wozu das führen kann. Wenn die Batterie sich öffnet, entstehen Flammen, die seitlich am Fahrzeug austreten.
Sind alle Batterietypen in E-Autos so empfindlich?
Das betrifft vor allem Lithium-Ionen-Batterien. Akkus mit einer anderen Zusammensetzung sind weniger anfällig. Die Autoindustrie arbeitet gerade daran, weniger gefährliche chemische Zusammensetzungen zu finden.
Bei den Löscharbeiten in Berlin-Köpenick wurde mindestens ein E-Auto von den Einsatzkräften auf die Seite gekippt. Warum?
Batterien sind in E-Autos sehr gut geschützt und versteckt. Die Autohersteller wollen die Chancen minimieren, dass die Akkus bei einem Crash beschädigt werden. Man kann sich die Batterie wie in einem Tresor vorstellen. Deshalb musste das Fahrzeug auf die Seite gekippt werden, andernfalls hätten die Einsatzkräfte die Batterie nicht erreicht.
Konnte das Innere der Batterie durch das Umkippen des Fahrzeugs direkt mit Wasser gekühlt werden?
Nein, wir können nur die Außenhaut mit Wasser kühlen. Das ist weniger effektiv und dauert länger. Der schützende Tresor hat aber auch eine positive Wirkung: Wenn ein Elektroauto in Flammen steht oder in einen Unfall verwickelt ist, wird die Batterie des Autos tatsächlich nur in den seltensten Fällen so stark beschädigt, dass es gefährlich wird.
Sind die Löscharbeiten an E-Autos für ihre Kollegen also nicht gefährlicher?
Nein. Ein brennendes Auto mit 80 Litern Kraftstoff im Tank kann genauso gefährlich sein. Bei einem Elektroauto ist die Herangehensweise einfach anders. Die Feuerwehr muss vor allem mit doppelt so langen Einsatzzeiten rechnen.
Im vergangenen Sommer verunglückte eine 19-Jährige tödlich in einem Elektroauto in Brandenburg. Nach dem Unglück hatte der Einsatzleiter der Gemeindefeuerwehr aus Groß Kreutz (Potsdam-Mittelmark) beklagt, es gebe zu wenige Informationen zur Löschung von E-Autos. Gibt es inzwischen gezielte Schulungen?
Die Feuerwehren haben das Problem erkannt. Deshalb ist in Berlin das Thema Elektromobilität heute Bestandteil jeder Feuerwehr-Ausbildung.
Wie viele Feuerwehrkräfte wurden bisher geschult?
In Berlin haben rund 1.500 Einsatzkräfte die Fortbildungen zu alternativen Autoantrieben besucht. Die Besonderheiten zur Elektromobilität werden seit dem letzten Jahr speziell geschult. An solchen Fortbildungen haben bisher 500 Einsatzkräfte teilgenommen. Uns ist aber klar, dass weitere Schulungen nötig sind.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Hasan Gökkaya.
Sendung: Antenne Brandenburg, 14.04.2021, 7 Uhr
passiert am 14.04.2021