Mutmaßlicher Angriff auf Organisator der Corona-Proteste in Brandenburg an der Havel

Ein 36-Jähriger wurde am Dienstag in Brandenburg an der Havel mutmaßlich niedergeschlagen. Der Mann ist Teil der Bürgerinitiative „Brandenburg steht auf“, die seit Wochen Corona-Proteste in der Stadt organisiert. Die Initiative behauptet, die Hintergründe der Tat zu kennen.

Am Dienstagmorgen kam es nach Aussagen des Opfers in Brandenburg an der Havel in der Nähe der Jahrtausendbrücke zu einem körperlichen Übergriff, bei dem ein 36 Jahre alter Mann leicht verletzt wurde. Wie die Polizeidirektion West mitteilt, wurde das Opfer beim Verlassen einer Wohnung von zwei unbekannten Männer beleidigt und geschlagen. Um weiteren Attacken zu entgehen, soll sich der 36-Jährige in den Hauseingang zurückgezogen haben, woraufhin die beiden Angreifer von ihm abließen und sich entfernten.

Die Kriminalpolizei hat Ermittlungen zu den Hintergründen eingeleitet, die derzeit noch andauern. Da ein politisches Motiv nicht ausgeschlossen werden könne, habe der polizeiliche Staatsschutz die Ermittlungen übernommen, wie ein Sprecher der Polizeidirektion West sagt.

Opfer: „Beide Seiten müssen verbal abrüsten“

Am Freitag veröffentlichte die BürgerinitiativeBrandenburg steht auf“ auf einem lokalen Stadtnachrichtenportal eine Erklärung, in der sie von einem Angriff auf einen Organisator der Proteste berichtet. Die Gruppierung, die seit vier Wochen Kundgebungen gegen die Corona-Maßnahmen in Brandenburg an der Havel veranstaltet, behauptet darin, die Angreifer kämen „aus den Reihen der Antifa“ und seien „wahrscheinlich motiviert durch die Gegendemo am Heinrich-Heine-Ufer“. Am vergangenen Montag hatten etwa 60 Menschen auf dem Heinrich-Heine-Ufer gegen die Kundgebung der Bürgerinitiative demonstriert.

Der geschädigte 36-Jährige (Name der Redaktion bekannt) sagte am Freitag gegenüber der MAZ, dass er am Dienstag angegriffen worden sei. Zu Einzelheiten wolle er sich wegen des laufenden Ermittlungsverfahrens nicht äußern. Dass die Bürgerinitiative den Vorfall am Freitag veröffentlicht hat, hält er für problematisch. „Niemand weiß, ob es die Antifa war“, sagte er, zumal es eine solche Organisation seines Wissens nach nicht gebe. Die Stimmung in der Stadt im Zusammenhang mit den Corona-Protesten empfinde er als aufgeheizt, sagt der Brandenburger und fordert: „Beide Seiten müssen verbal abrüsten“.

Stadtverordnete kritisieren Corona-Proteste

Die BürgerinitiativeBrandenburg steht auf“ bedankte sich zudem in ihrer Mitteilung vom Freitag bei den Stadtverordneten der Stadt Brandenburg für die Unterzeichnung eines überparteilichen Appells, den diese am Mittwoch veröffentlicht hatten. Unter dem Titel „Corona ernst nehmen und gemeinsam bewältigen“ rufen die Stadtpolitiker die Bürger der Stadt auf, angesichts der steigenden Corona-Infektionszahlen zu verantwortlichem Handeln auf.

Der Appell unterstreicht das Recht auf Meinungs- und Demonstrationsfreiheit auch in Zeiten der Pandemie. Allerdings, so heißt es weiter, bedeute Freiheit auch, darüber nachzudenken, „mit wem und wofür“ man demonstriere, während das Klinikum an die „Grenzen der Bettenkapazität“ stoße. „Beschimpfungen und Angriffe auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung und ihre Vertreter lehnen wir ab“, schreiben die Stadtverordneten.

Stadt: Appell steht nicht in Verbindung zu Übergriff

In ihrer am Freitag veröffentlichten Erklärung erweckt „Brandenburg steht auf“, den Eindruck, dieser überparteiliche Appell sei durch den mutmaßlichen gewalttätigen Übergriff vom Dienstag motiviert gewesen. Die Bürgerinitiative begrüße „dass die Vertreter unserer Stadt dies (den Angriff, d. Red.) offensichtlich in ihrem Appell berücksichtigt haben“, heißt es in dem Beitrag.

Der Rathaussprecher Jan Penkawa, weist einen solchen Zusammenhang zurück: „Die Initiative für den überparteilichen Appell ist bereits in der vergangenen Woche entstanden.“ Die Idee sei aus der Mitte der SVV und durchaus mit Blick auf die Proteste erwachsen, sagt Penkawa. Vielmehr richte sie sich jedoch gegen die teils wüsten Beschimpfungen der demokratischen Vertreter der Stadt auf den Kundgebungen und rufe zum gemeinsamen Handeln in der Pandemie auf.

AfD unterschreibt den SVV-Appell nicht

Anders als die anderen Fraktionen haben sechs von sieben AfD-Stadtverordneten den SVV-Appell nicht unterschrieben. Wie der AfD-Fraktionschef Axel Brösicke sagt, leugne die AfD Corona nicht. „Richtig ist aber, dass wir die demokratische Legitimation vieler Eingriffe in die Grundrechte für fragwürdig und einige der getroffenen Maßnahmen auch nicht für sinnvoll erachten.“

Gleichwohl hätte man auch unterschreiben können, wenn sich „im Entwurf des Oberbürgermeisters Scheller zur gemeinsamen Erklärung“ mit Blick auf die Montagsdemos „Brandenburg steht auf“ nicht der Satz gefunden hätte: „Jeder sollte darüber nachdenken, mit wem und wofür er läuft“. Das sei für ihn, Brösicke, „der übliche Versuch, berechtigten und demokratischen Protest, der nicht auf Linie der etablierten Parteien und vieler Mainstream-Medien liegt, zu diskreditieren und in die rechte Ecke zu stellen.“

Von Feliks Todtmann

https://www.maz-online.de/Lokales/Brandenburg-Havel/Brandenburg-an-der-Havel-Mutmasslicher-Angriff-auf-Organisator-der-Corona-Proteste

passiert am 27.11.20