Trotz Vollbremsung krachte der Polizeiwagen mit 93 km/h in Fabiens Auto
„Bei geringerer Geschwindigkeit und gleicher Reaktion wäre der Unfall vermeidbar gewesen.“ Das sagte der Unfallsachverständige (56) am Dienstag im Prozess vor dem Amtsgericht gegen Hauptkommissar Peter G. (53) aus.
G. war am 29. Januar 2018 in seinem Einsatzfahrzeug mit Blaulicht und Martinshorn bei 130 km/h aus dem Tunnel Grunerstraße (Mitte) gerast und hatte den Clio der einen Parkplatz suchenden jungen Frau gerammt. Sie starb.
„Die Fahrerseite ihres kleinen Autos war völlig zerstört, die B-Säule 50 Zentimeter nach innen gedrückt“, kommentierte der Sachverständige die an die Wand geworfenen Unfallbilder. Das Polizeifahrzeug, dessen Motorhaube lediglich zerstört war, und der Clio seien mit einem Winkel von 80 Grad aufeinandergestoßen.
Fabien habe mit 18 km/h den Parkplatz angesteuert. Aus der linken Spur über die erste aus dem Tunnel führende hinweg. Wurde in der ganz rechten Spur dann vom Angeklagten erwischt. Der hatte kurz zuvor einmal kurz (wahrscheinlich wegen einer Fußgängerin, die über die Mittelinsel kam) abgebremst.
Dann ein zweites Mal – eine Vollbremsung. Wahrscheinlich weil er den Clio bemerkte. „Zwei Sekunden dauerte dessen Abbiegevorgang. Zwei Sekunden, die auch der Angeklagte für seine Reaktion hatte.“ Zu wenig für eine Verhinderung der Katastrophe. Der Sachverständige nennt eine „Kollisionsgeschwindigkeit von 93 km/h.“
Patientenakte darf nicht hinzugezogen werden
Zuvor war der erneute Versuch der Staatsanwaltschaft auf Herbeiziehung der Patientenakte des Angeklagten gescheitert. Nachdem ein Jahr nach dem schrecklichen Unfall ein anonymer Anruf ans Licht brachte, dass bei G. kurz danach im Krankenhaus 1,1 Promille Alkohol im Blut gemessen wurden, hatte die Staatsanwaltschaft die Akte beschlagnahmt.
„Rechtswidrig“, stellte das Gericht in seinem Eröffnungsbeschluss damals fest. Und blieb auch heute dabei. Der Angeklagte habe seine Zustimmung verwehrt. Genauso rechtswidrig sei der Durchsuchungsbeschluss und die Ermittlungen in der Charité wegen Strafvereitelung gewesen. Der Inhalt einer Krankenakte sei geschützte Privatsphäre. Das Vertrauensverhältnis Arzt und Patient private Angelegenheit. Der Richter: „Der Antrag der Staatsanwaltschaft wird als unzulässig zurückgewiesen.“
Fortsetzung: Donnerstag (3. Dezember)
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passiert am 01.12.20