Wir haben eine Verabredung! Update zum Ermittlungsverfahren „Verabredung zu einem Verbrechen“
Ein kurzer Rückblick
In der Nacht vom 15. auf den 16. Februar 2023 wurden unsere beiden Gefährt*innen an einem Gleistunnel in der Nähe des S-Bahnhofs Adlershof in Berlin verhaftet, nachdem ein Hubschrauber der Bundesbullen auf einem Überwachungsflug zwei Personen festgestellt hatte. Nach über 40 Stunden in Gewahrsam wurden sie gegen Meldeauflagen wieder frei gelassen. In ihren anschließenden Ermittlungen scheinen die Bullen der Hypothese zu folgen, dass die beiden Gefährt*innen einen Brandanschlag auf die Infrastruktur der Deutschen Bahn geplant hätten. Das erste Update findet ihr hier: https://kontrapolis.info/10737/
Observationen und Überwachung des GeSa-Supports
Wie bereits erwartet, wurden unsere Freund*innen nach ihrer Freilassung mit umfangreichen Überwachungsmaßnahmen überzogen. Diese waren teils bereits am 22. Februar, wenige Tage nach der Festnahme, vom Gericht genehmigt worden. Im Juni wurden die beiden Beschuldigten sowie eine weitere betroffene Person über die – bis dahin – gelaufenen Maßnahmen schriftlich in Kenntnis gesetzt. Diese umfassten „längerfristige Observationen“ im Zeitraum vom 22. Februar bis zum 21. Mai (§163f StPO), Technische Ermittlungsmaßnahmen bei Mobilfunkendgeräten (§100i StPO (IMSI-Catcher)), Bild- und Videoaufnahmen außerhalb von Wohnraum (§100h) und die Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) von zwei Festnetzanschlüssen (§100a).
Von Überwachungsmaßnahmen sind nie nur die direkt Verdächtigten betroffen, das Ermitteln von sogenannten Kontaktpersonen ist expliziter Teil jeder Observation. Im aktuellen Fall führte dies dazu, dass während die beiden Gefährt*innen noch auf ihre Haftprüfung warteten, die vor der GeSa versammelten Personen von den Bullen verdeckt fotografiert wurden. Sich auf solche Methoden einzustellen ist mehr als angebracht, darf und wird uns aber auch in Zukunft nicht davon abschrecken, Solidarität dort zu zeigen wo sie notwendig ist.
Aktuelles
Der Antrag der Verteidigung, den Haftbefehl aufzuheben, wurde Ende Oktober abgelehnt, da nach Auffassung des Richters „weiterhin dringender Tatverdacht und Fluchtgefahr“ bestünde. Allerdings wurde die Meldepflicht entschärft und besteht nun nur noch ein Mal pro Woche.
Der Beginn des Gerichtsprozesses ist unterdessen etwas absehbarer geworden: Anfang August wurde von der Staatsanwaltschaft die Anklageschrift beim Amtsgericht eingereicht. Da es sich aufgrund des formellen Haftbefehls der Gefährt*innen um ein beschleunigtes Verfahren handelt, könnte in den ersten Monaten des kommenden Jahres mit einem ersten Prozesstermin gerechnet werden.
Angeklagt werden die Beiden, sich mit anderen zur Begehung eines Verbrechens (Brandstiftung) verabredet zu haben. Mit diesem sollten laut Anklage erhebliche Störungen an kritischer Infrastruktur verursacht werden. Zur Untermauerung dieser These sind von der Staatsanwaltschaft 18 Bullenzeug*innen für die Beweiserhebung angedacht.
Der Prozess wird vor einem Schöffengericht verhandelt werden. Das von der Staatsanwaltschaft erwartete Strafmaß liegt dementsprechend bei bis zu vier Jahren Haft.
Ohne konkrete Taten nachweisen zu können, werden unsere Gefährt*innen stellvertretend für eine anarchistische Organisierung und Praxis und die ihnen zugrunde liegenden Ideen vor Gericht gestellt. Das bedeutet für uns nichts anderes, als sich weiterhin – in Unvereinbarkeit mit den herrschenden Verhältnissen – miteinander zu verabreden und dadurch die Beiden solidarisch zu begleiten und auch eigene Kämpfe zu verteidigen.
Freiheit für die beiden Gefährt*innen!
Freiheit für alle Gefangenen!