Immobilienwirtschaft enteignen durch sozialrevolutionären Kampf – Kritik an IL
Die IL hat uns mit eine Neujahrsansprache auf Indymedia beglückt, der wir nicht folgen. Da die IL keine Kommentare zugelassen hat, heben wir eine Passage heraus, die wir nicht teilen. Und wir setzen der Initiative „Deutsche Wohnen enteignen“ eine Kritik entgegen, die der IL höchst unangenehm ist. Die IL verdreht Begriffe. Sie verwässert Kampfbegriffe wie „Enteignen“ und reduziert Widerstand auf Unterschriften und deren Sammlung.
Die IL hat in Ihrer Neujahrsbotschaft verlauten lassen, das „2021 eine Niederlage für das Immobilienkapital (werden) wird“. Sie gehen nicht auf die Kritik ein, die seit 2019 an der Kampagne „Deutsche Wohnen enteignen“ ausformuliert vorliegt und verkauft uns ernsthaft erneut den Kauf von „Deutsche Wohnen“ a) als Kampf b) als erfolgreiche Strategie gegen die Immowirtschaft und c) bemüht sie den Begriff der Vergesellschaftung. Die IL verdreht Begriffe wie „Vergesellschaftung“ wenn sie „Verstaatlichung“ meint. Sie redet von „Enteignen“ wenn sie den „Kauf“ für Milliarden von Euro meint. Sie verwässert Kampfbegriffe wie „Enteignen“ und reduziert Widerstand auf Unterschriften und deren Sammlung. Wir haben nicht die anderen frohen Neujahrsbotschaften der IL einer Prüfung unterzogen. Aber Ihren Ausschnitt zu Deutsche Wohnen Enteignen lassen wir nicht unwidersprochen stehen. Auch damit nachher, bei einem politischen Desaster (den uns die IL natürlich als Erfolg verkaufen wird), niemand sagen kann, er*sie habe das nicht gewusst. Darum haben wir einen Beitrag gesucht und gefunden der zum Thema mal auf Indymedia erschein (siehe unten) https://de.indymedia.org/node/34525 . Der ist in vielerlei Hinsicht aktuell geblieben (Trotz Pandemie, Räumungen Liebig34 /Syndikat etc) auch wenn er aus dem Jahr 2019 stammt:
Neues sozialrevolutionäres Stadtentwicklungsprogramm – Mietkampf & Anarchie 2019 ENTEIGNEN!
Anlass dieses Beitrages ist eine Veröffentlichung in „Analyse&Kritik“ (AK) vom März 2019 Nr. 647 zum Thema „Man muss den Unternehmen die Wohnungen wegnehmen.“ Besagten Artikel gelesen zu haben, ist keine Voraussetzung, um der nachfolgenden Kritik folgen zu können. Eine Kritik entlang der formulierten Positionen der Kampagne „Deutsche Wohnen enteignen“ (im weiteren Verlauf: „Kampagne DW“) ist überfällig.
Wir nehmen das Ergebnis unserer Kritik gleich vorweg: Die Kampagne wird weder halten was sie verspricht, noch wird sie eine Einlösung der Parole „Deutsche Wohnen enteignen“ auch nur annähernd auf den Weg bringen. Unsere Fazit: Das was uns in dem Artikel und dem Interview mit zwei Funktionären von „Deutsche Wohnen enteignen“ als „Enteignen“ verkauft wird, ist nicht nur eine Luftnummer, sondern bedeutet ein fettes Geldgeschenk an die Immobilienwirtschaft. Enteignen sieht anders aus.“
Gleich zu Beginn des Artikels werden wir so richtig radikal eingestimmt: „Es hilft alles nichts, die Immobilienunternehmen müssen enteignet werden.“ Der AK-Redakteur, der das verkündet, wird an anderer Stelle in der Printversion wortreich erklären, dass Parteien nur zu den Spielregeln des Kapitals spielen dürfen und dass darum eine Organisation außerhalb der Parlamente nötig ist. So platt wie wahr. Es erübrigt sich eigentlich auszusprechen, welche Organisation gemeint sein könnte, blättern wir doch gerade in dem Sprachrohr der Organisation – der „Interventionalistischen Linken“ (IL). Dass es aber auch innerhalb der radikalen Linken Verwirrungen über die Bedeutung der „Kampagne DW“ gibt, zeigt auch das Beispiel des Bündnisses „Zwangsräumung verhindern“, die der Kampagne einen fulminösen Start auf der Mietenwahnsinndemo zuspricht. Auch in der Interim, die für sich bestimmt alles andere in Anspruch zu nehmen, als reformistisch zu agieren, lässt sich blenden von dem Begriff „Enteignen“. Entsprechend positiv der Bezug zu der „Kampagne DW“ in ihrem Editorial.
Aber es wäre auch vermessen zu glauben, sozialdemokratische Denke sickere nicht auch immer wieder in Strukturen, die sich zwar für radikal halten, aber diese „Radikalität“ dann doch eher über identitäre Codes produzieren. Zugehörigkeitsinszenierungen und szeneüblicher Konformismus dominieren, eine offene Praxis und Diskussionen entlang anarchistischer Perspektiven kommen im Alltag kaum vor. Einerseits. Andererseits gibt es gegenüber der „Kampagne DW“ auch bis hin ins bürgerliche Spektrum der Mieter*innenbewegung Vorbehalte.
Zeit für eine Schärfung einer radikalen Position und entsprechenden Widerspruch
Es ging bei der Kampagne gegen „Deutsche Wohnen“ nie um enteignen. Hier geht es nur um einen Rückkauf von Wohnungen. Erinnern wir uns: Der rosarote Senat hat die GSW vor mehr als 10 Jahren verscherbelt. Und das damals weit unter Preis: für etwas mehr als 400 Millionen. Zusammengezogen mit den Schulden von etwas mehr als 2 Milliarden, die die Konzerne übernahmen, haben diese ein Schnäppchen gemacht. Die landeseigene GSW wurde damals von der SPD und den LINKEN auf Betreiben des damaligen Finanzsenators Sarrazin (SPD), bekannt eher nur für seine rassistischen und heute AfD-kompatiblen Positionen in der Migrationsdebatte, verkauft, d.h. privatisiert. Es soll jetzt ganz schnöde zurückgekauft werden – die Kampagne nennt auch einen Preis: 8 bis 13 Milliarden. Es steht – auch für die Kampagnenmacher*innen – außer Frage, dass nicht der damalige Verkaufswert den heutigen Rückkauf bestimmt, sondern der heutige Wert der Immobilie. Denn das bestimmt das Grundgesetz und auf dessen Boden bewegt sich die Kampagne ausdrücklich. Der Rückkauf ist nicht einfach ein Rückkauf, der beliebig verhandelbar ist. Es handelt sich um einen Entschädigungsanspruch, der aus der Verfassung resultiert. Die Höhe der Entschädigungen werden ja nicht von der IL festgelegt, noch nicht mal vom Senat, sondern von „Experten“ und „Deutsche Wohnen“und in letzter Instanz von deutschen Verfassungsrichter*innen. Dass eine Entschädigung in der zu erwartenden Höhe den Mieter*innen keine Luft verschaffen wird, liegt auf der Hand, wird aber wie so vieles unterschlagen in den Argumentationen für die Kampagne. Denn, eine Entschädigung wird nicht in Obst, nicht in Pflanzen, nicht in Dildos oder Kondomen, sondern in Geld getätigt. Logisch. Und was macht ein Konzern mit Geld in der Regel? Er setzt es sofort zur weiteren Wertschöpfung ein – eine Wertschöpfung die sich sofort gegen andere Mieter*innen anderswo wenden wird. So sieht sie also aus, die not-in-my-backyard-Solidarität von Teilen der Berliner Mietenbewegung. Der ganze Vorgang hat genau genommen mit emanzipativer Politik nichts zu tun, sondern läuft auf eine juristische Auseinandersetzung hinaus, die in den Gerichten und Verwaltungen ihren Ort hat. Dort sitzen dann auch keine Mieter*innen, sondern Experten, Anwälte, Gutachter, Bänker und all so ein Zeug. Die Mieter*innen der Kampagne dürfen dann Beifall klatschen oder was um einiges wahrscheinlicher sein wird, ernüchtert und resigniert spüren, auf welchen Irrweg sie von ihren Bewegungsfunktionär*innen mit ihrer Enteignungslüge geführt wurden. Wir gehen sogar so weit zu behaupten: Durch solche Lügen, Versprechungen und den nachfolgenden Enttäuschungen produzieren solche Kampagnen Ohnmacht und Resignation. Ein guter Nährboden für Kräfte wie der AfD. Aber scheuklappenbewehrt würden sie, die Kampagnenfunktionäre, uns den Rückkauf als Erfolg ihrer Enteignungskampagne verkaufen. Das ganze auch nur annähernd mit dem Begriff der „Enteignung“ zu belegen, ist nicht nur dumm und frech, sondern politisch brandgefährlich.
ENTEIGNEN…? Klingt irgendwie geil… ich bin da ganz bei Dir…
Wir verstehen „Enteignen“ als Kampfverhältnis, das an die Wurzel des kapitalistischen Privateigentums geht und nicht als den sozialdemokratischen Regulierungsansatz, der uns gerade serviert wird. Für uns sind unbezahlbare Mieten und Verdrängung nur eine Facette einer ungerechten Gesellschaft, ein Ausdruck. Als revolutionäre Anarchist*innen stellen wir die soziale Ordnung grundsätzlich in Frage, weil sie nicht sozial ist und meinen das auch so. Wenn die „Kampagne DW“ diesen Begriff im Bezug auf den Mietkampf von den radikalen Kräften der Bewegung räubert, vereinnahmt, in Besitz zu nehmen versucht, damit kokettiert, dann muss sie sich auch daran messen lassen.
Bereits seit mehr als fünf Jahren diskutieren verschiedene Strömungen immer wieder entlang der Eigentumsfrage. Sie tasten sich darin langsam im Tempo der Bewegung und entlang der Möglichkeiten vorwärts. #Besetzen ist der sicherlich sichtbarste Ausdruck derzeit, aber eben auch viele direkte Aktionen in Richtung dieser Thematik. Die „Kampagne DW“ hat den Begriff noch nicht mal selbst gesetzt oder gar entwickelt, sondern aufgegriffen und verdreht. Der einzige wirklich anerkennenswerte Erfolg der Kampagne liegt auf der diskursiven Ebene: Die Frage des Eigentums ist derzeit breites Thema – wenn auch in verkürzter Form.
Denn: Das was hochtrabend als „Diskursverschiebung“ abgefeiert wird, ist ohne materielle Bedeutung. Immer wenn ihnen nichts mehr einfällt, kommt der Hinweis auf die „Diskursverschiebung“. Diese geschieht nur an der Oberfläche und bewegt nichts – die materielle Substanz des Problems (das Eigentumsverhältnis) hat sich weder verschoben noch wurde es berührt. Und es wird auch nicht berührt werden, genau dafür garantiert der sog. Enteignungsartikel im Grundgesetz und die Konformität der Kampagne dem gegenüber. Der Enteignungsartikel ist ein Entschädigungsartikel. Er ist kein Artikel zum Angriff auf das Privateigentum, sondern im Gegenteil: zu dessen Garantie – für den vielleicht politisch opportunen Ausnahmefall einer Enteignung eines Privaten aus öffentlichem Interesse. Wenn der CEO von „Deutsche Wohnen“, Michael Zahn, die Kampagne beschreibt, dann tut er das aus einer gänzlichen anderen Sicht als wir natürlich, aber er trifft einen Nagel auf den Kopf: Die Kampagne „Enteignung schafft derzeit viel Emotionen, aber keine Wohnung.“
Aber das Mantra von der Enteignung macht sich vor allem gut, für alle die daran glauben wollen und eignet sich auch zur Inszenierung eines Etappensieges gegenüberden Unterstützer*innen der Kampagne. Regel Nummer 1 der Kampagnen-Heinze dieser Welt: Starte nie eine Kampagne, die du nicht gewinnen kannst. Egal wie kümmerlich die Zielsetzung, egal wie erbärmlich die Begriffverdrehungen, mit denen du arbeiten muss – möchten wir hinzusetzen.
Uns stört es nicht, in einer Kampagne auf Emotionalisierung zu setzen. Uns stören die Lügen dahinter. Das ist bestenfalls irreführend, aber eigentlich fällt die Kampagne den Mieter*innen in den Rücken: Indem sie etwas vorgibt zu sein, was sie nicht ist. Der Volksentscheid ist zahnlos hinsichtlich der Eigentumsfrage. Die Hoffnung kann nur betrogen werden.
Es ist nicht schön, diese Hoffnung zum Platzen zu bringen und die Finger in die Wunden zu legen. Aber uns wird niemand sorgenfreies Wohnen auf dem Silbertablett servieren. Das Ganze ist ein heftiger Kampf, der Zähigkeit braucht, viele Rückschläge einstecken wird, keine großen Siegesinszenierungen verspricht, aber eine revolutionäre, eine militante Perspektive sucht und braucht. Um den Herrschenden das Zittern zu lehren – diejenigen also, die aus Sorge vor dem sozialen Frieden Zugeständnisse machen müssen (auf denen wir uns es nicht leisten werden auszuruhen).
Und was macht die Kampagne? Freut sich wenn Parteien Zuspruch säuseln…
So sollte eigentlich wundern, warum der Umstand unhinterfragt bleibt, wenn die Kampagne Zuspruch von einer Partei der Besserverdiener und Modernisierungsvertreter – den Grünen – erhält? Und wie kommt es, dass die LINKE, die Berlin mit der SPD und den GRÜNEN die nach wie vor neoliberale Stadt verwaltet, die Kampagne ebenfalls unterstützt in ihrem Europawahlkrampf? Ausgerechnet die Partei, die die GSW zu einen Spottpreis verscherbelt hat und deren Personal heute immer noch die Politik bestimmt? Was läuft falsch, wenn von Fraktionen der herrschenden Parteien Zuspruch kommt? Richtig, dann kann das alles ja gar nicht so dolle sein, will man da meinen. Denn eine Partei, so haben wir ja eingangs in der „Analyse ohne Kritik Nr 674“ lernen dürfen, folgt ja immer nur den Spielregel des Kapitals. Was also ist das für eine Kampagne, die ihre Unterstützung im „linken“ Spektrum der Parteien erfährt, die den kapitalistischen Rahmen nicht verlassen können und nicht wollen – denn das Verbleiben in dem Spielrahmen garantiert ihre Existenzberechtigung.
Natürlich ist „Deutsche Wohnen“ ein großer Player, dem ein Riegel vorgeschoben gehört, das steht außer Frage, aber was ist das für ein Riegel im Falle der Kampagne „DW enteignen“ – wenn das Parteienspektrum bis hin zu Teilen der SPD sich damit gemein machen können?
Es ist ihr alltägliches Geschäft, vereinnahmen und spalten. Die Kampagne bietet den Parteien mit deren Profilierungsanspruch bei der Frage der Mieten eine Steilvorlage an. Auf den seichten Zug einer nicht ernst gemeinten Enteignungskampagne, die die Menschen auf den Staat hoffen lässt und die zu dem billigen Preis nur einer Unterschrift zu haben sind, das ist doch geradezu grandios. Die Parteien wären doof, wenn sie nicht auf diesen Zug aufspringen würden. Eine Kampagne mit Anschlussfähigkeit Richtung Sozialdemokratie eben. Und das Beste, nicht die Parteien müssen ein Spaltungsprojekt der Mieter*innenbewegung inszenieren, das machen deren selbsternannte Manager*innen und Sprecher*innen schon von selbst. Nicht nur dass die Kampagne die Mitwirkung an einem mehr oder weniger radikalen Projekt vortäuscht und emotional auflädt, sondern bewusst die Leute verarscht, die unterschreiben, genau genommen.
Vergessen die Rot-Grüne deutsche Beteiligung am NATO-Angriffskrieg auf Serbien vor 20 Jahren -ohne Grüne und SPD wäre das nicht durchsetzbar gewesen. Ebenso Hartz IV. Und heute zum Beispiel: Der größte Teil des Hambacher Forsts wurde unter einer Rot-Grünen Regierung gerodet: Mehr als 3500 der etwa 4000 Hektar. Und die Leute wählen trotzdem „Grün“, weil die vielleicht das Klima retten – hoffentlich… Wieder besseren Wissens wird eine Kampagne inszeniert, die alleinig dafür sorgen wird, das alles so bleibt wie es ist.
Wieso sollten die Reformist*innen da auch anders agieren als die Parteien, wenn es ums Eingemachte der bürgerlichen Gesellschaft geht, um das geliebte Privateigentum? Denn die Kampagnenheinze lassen völlig außer Acht, das sich die Eigentumsfrage nicht ohne die Frage der (Gegen-)Gewalt stellen lässt . Dies zu unterschlagen ist Basis der Lüge, auf der die Unterschrift gegeben wird. Die herrschende Klasse wird es nicht zulassen, dass durch eine Unterschriftensammlung die Eigentumsfrage zu ihren Ungunsten entschieden wird. Wer verteidigt das Eigentum? Wer besitzt? Und warum? Und wer besitzt nicht? Und wo war das Eigentumsrecht als die Zwangsräumung mit knapp 1000 Bullen in der Lausitzer Strasse durchgesetzt wurde? Wenn die Dörfer für die Kohlekonzerne enteignet, geräumt und abgebaggert werden? Und welche juristische Handhabung machte diese Durchsetzung möglich? Keine Unterschriftenkampagne war in der Lage, diese Enteignungen und Zwangsräumungen zu stoppen. Das ist der Klassencharakter jeder grundgesetz- und damit systemkonformen Enteignungsdebatte.
Hier werden Hoffnungen geschürt, die nur enttäuscht werden können. Hier ist ein Selbstbetrug in Gange, durch eine entweder naive und/oder korrumpierte Linke, die im eigentlichen Sinne einfach nur eine Rückkaufkampagne entlang der Gewinnerwartungen der Immobilienwirtschaft betreibt.
Lustige Idee…
Doch tun wir mal so als könnte das klappen, nur mal so tun; die Politik beschließt die Verstaatlichung von „Deutsche Wohnen“…
Bei einer solchen Verstaatlichung haben sich ja die Spielregeln nicht plötzlich geändert, wenn der Staat im Besitz der Häuser ist. Weder Polizisten noch Gerichte sind verschwunden. Die Machtverhältnisse bleiben die gleichen, der Rahmen der Wohnen zur Ware macht, verändert sich nicht. Denn, ist ein Haus im Besitz der Stadt was ändert sich denn dann wirklich? Wir kennen die Geschäftsmodelle der öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften, die ebenfalls überschussorientiert arbeiten. Dort ist das gleiche Managerpersonal am Start wie in den Immobilienfonds. Sie steuern diese Unternehmen nach den gleichen Vorgaben des gleichen Marktes. In sofern ist auch der Ruf nach „Neubau, Neubau, Neubau, aber bitte sozial“ – ein Mantraähnlicher Ruf in der Wüste. Ob Stadt, Staat oder Investor – gebaut wird nach Marktgesichtspunkten, und auch die so viel gepriesenen Genossenschaften taugen eben oft auch nicht mehr als Beispiel. Ohne eine radikale Mietbewegung, die die Wurzeln, das Eigentum, den Besitz an Grund und Boden in Frage stellt, wird jeder Neubau keine soziale Lösung sein, sondern ein Geschäftsmodell.
Vorkaufsrecht: die selbe Kacke in klein
Nebenbei: Das von vielen bejubelte Instrument des kommunalen Vorkaufsrechts funktioniert im Grunde genauso, nur im kleinen. Auch für das Vorkaufsrecht gelten die Marktpreise. Die Bezirke spendieren 10% zur Kaufsumme hinzu, Geld das woanders gekürzt wird. Der Rest läuft über Kredite, die über die künftigen Mieten in der Regel über 30 Jahre gegenfinanziert werden. Hohe Einlagen in Hausgenossenschaften oder ähnliche Zusammenschlüsse sollen den Eigenanteil erhöhen und die Kredite verbilligen. Wer diese Einlagen nicht auf Tasche hat, kann sie abstottern. Am Ende kommen derzeit bei diesem Modell „wohnwirtschaftlich gerechnet“ Quadratmetermieten von 10 bis 12 Euro raus, brutto kalt. Und freiwillig, selbst ausgerechnet. Da freut sich doch das landeseigene Wohnungsbauunternehmen, das die Trägerschaft übernommen hat. Und die Bank, die die Kredite gegeben hat. Und der Verkäufer, der seinen Wertzuwachs aus der Immobilie realisiert hat und nun woanders wieder zuschlagen kann. Und die, die solche Mieten bezahlen können. Die, die das nicht können, haben halt irgendwas falsch gemacht. Sie sind dann schon ausgezogen aus dem tollen per Vorkaufsrecht der „Spekulationssphäre entzogenen“ Objekt. Mit dem kommunalen Vorkaufsrecht bekommt der zahlungskräftige Mittelstand seine Mietwohnung gesichert. So wird Widerstand befriedet, indem man einen Teil der Akteure kauft, bzw. sich selbst zum Kauf vorschlägt. Teile und Herrsche. Wer von dem in der Masse üblichen Einkommen leben und ohne Ersparnisse auskommen muss, dem oder der hilft das Vorkaufsrecht nicht.
Sowohl diese selbst auferlegten Monstermieten im Vorkaufsrecht als auch die Mietsteigerungen der landeseigenen Konzerne heizen den Mietspiegel an und werden so zur Rechtfertigung neuer Mietsteigerungen. Sie deckeln auch keine Mieten, sondern halten Schritt mit der Aufwertung einer Stadt, die eben beabsichtigt ist. Als ob die landeseigenen Wohnkonzerne keine Mieten steigen ließen. Die Aufwertung und damit einhergehende Verdrängung ist kein Kollateralschaden, sondern Programm. Der einzige Unterschied zwischen landeseigenen und privaten Konzernen: Überschüsse gehen nicht als Dividende an Aktionäre, sondern in Sanierungen. Denn mit sanierten Wohnungen lassen sich höhere Mieten nehmen. Oder in unbezahlbaren Neubau, wie von städtischen Wohnungsbauunternehmen hinlänglich bekannt. Oder die Überschüsse gehen an den Eigentümer, die Stadt und von dort z.B. über den Schuldendienst doch wieder an die gleichen Leute, die auch die Dividenden der Immobilienfonds und privaten Konzerne kassieren. Denn verschuldet ist die Stadt ja massiv, weil sie die ganzen Wohnungen zurückgekauft hat – zu Entschädigungspreisen, die selbst die Kampagne bei 8 bis 13 Milliarden Euro ansetzt.
Noch eine lustige Idee…
Nur mal so… Die Kampagne reflektiert die Kritik und verändert ihre Zielsetzung… Kann sie nicht, wird sie nicht, will sie nicht, aber tun wir mal so… Als Ausflug in die Realpolitik zwar, aber radikal gedacht…
Wenn die Kampagnenmacher*innen also einen Rest von politischem Verstand und Klassenstandpunkt hätten, dann würden sie jetzt den Fokus ändern und sagen: So, wir haben erreicht was wir wollten, die ganze Welt spricht über Enteignungen. Aber Enteignungen mit Entschädigungen sind natürlich Quatsch. Wir wollen entschädigungslos enteignen. Was ist das spannende am Eigentum für den Besitzenden, für den Investor? Die freie Verfügungsgewalt des Eigentümers über sein Eigentum bzw. über von seinem Eigentum betroffene Mieter*innen. Deckeln wir also diese Verfügungsgewalt. Dafür müssen wir ihm oder ihr gar nicht ihr geliebtes Eigentum abnehmen. Daher kämpfen wir ab sofort mit unseren Mitteln 1. für die Entfristung des Mietendeckels und 2. für die Neuberechnung des Mietspiegels. In den Mietspiegel müssen auch die Mieten reingerechnet werden, die unverändert blieben im Berechnungszeitraum. Nicht nur die Neuvermietungen und die Mietsteigerungen. Der Berechnungszeitraum ist von 4 auf mindestens 20 Jahre hochzusetzen. Mieten, die nach der Neuberechnung drüber liegen, müssen gemindert werden. Zweitens: Ein entfristeter Mietendeckel ist eher eine Enteignung als ein Rückkauf. Denn wem macht das Eigentum noch Spaß, wenn er nicht mehr damit machen kann was er will, z.B. ständig die Miete steigern? Ein entfristeter Mietendeckel ist die de facto-Enteignung, bei der aber der Entschädigungszwang des Art. 15 nicht greift.
Auch das totale Verbot von Neubau zu fordern, wenn es sich um Eigentumswohnungen handelt – auch das wäre ein Feld das es zu bearbeiten gälte – denn der Berliner Mietmarkt soll langfristig in einen Eigentumswohnungsmarkt transformiert werden, weil das die größte Rendite bringt.
Das wäre radikale Realpolitik: Die Widersprüche innerhalb des Bestehenden immer weiter zu treiben statt ein selbstgesetztes reformistisches Ziel zu erreichen, koste es was es wolle und selbst wenn sich im Prozess die Handlungsmöglichkeiten erweitern. Dazu fehlt ihnen der Mut und die Fähigkeit zur Selbstkritik. Stattdessen distanziert man sich von zwei Autos von „Deutsche Wohnen“, die abgebrannt wurden. Das sei der falsche Weg, sagt ausgerechnet der Oberguru der „Kampagne DW“, dem der Begriff und die Deutungshoheit „Enteignen“ nicht nur mit solchen Aktionen längst enteignet wurde. Selbst die BILD-Zeitung in ihrem Titelblatt war da solidarischer, indem sie den Zusammenhang zur Wut der Mieter*innen und der Aktion herstellt.
Keine Hoffnung auf Kampagnen wie diese…
Wir vermuten, und das hat Gründe, dass diese Riege, die den Volksentscheid forciert, bereits jetzt für Kritik unempfindlich ist. Denn sie haben noch nicht mal ein selbstkritisches Wort darüber verloren, wie sie den letzten Mietenvolksentscheid erfolgreich in den Sand gesetzt haben. Ohne Rücksprache mit den Unterstützer*innen, ohne Einbeziehung der Basis hat die zum Teil gleiche Clique (!) eigenmächtige Entscheidungen getroffen und viele Menschen vor den Kopf gestoßen. Auch diese Kampagne war hochemotional aufgeladen. Und man ließ die Basis Unterschriften sammeln, hochmotiviert und engagiert.Doch der sogenannte K.O.-Kreis spielte damals ein doppeltes Spiel und verhandelte mit dem Senat im Geheimen, traf intransparente Entscheidungen und schockierte die Basis bis auf die Knochen. Was war das für ein Frust, eine Enttäuschung und Ernüchterung. Als hätte es das alles gar nicht gegeben wird eine neue Kampagne aus der Taufe gehoben, ebenso fragwürdig wie die damalige. Vielen gelten die damaligen Akteurebis heute als politische Verräter*innen an der Mietkampfbewegung der Stadt.
Ein Teil der damaligen Kritiker*innen an dem K.O.-Kreis schweigt vielleicht heute aus Höflichkeit, manche auch aus Resignation. Doch andere haben eine klare Haltung. Sie setzen auf eine Verbreiterung einer radikalen Bewegung gegen die Stadt der Reichen. Friedrichshainer Nordkiez und internationale und interkiezonale Aktionen, #besetzen, Basisstrukturen, Demos wie „Keine Rendite mit der Miete“, „Fang den Bus“, Aktionen und Blockaden vor den Immobilenversammlungen, Friedel 54, Radikale Beratungsstellen, Küchen für Alle, Zwangsräumungskämpfe, direkte Aktionen und Anschläge z.B. auf das Carloft, auf Investoren, Googlecampus – die Agenda der Radikalen setzt seit langem eigene und vielfältige Akzente. Der braune Verfassungsschutz (VS) kotzt und warnt vor der Gefahr, dass anarchistische Gruppen Zuspruch im bürgerlichen Lager bekommen. Zu spät in dem Fall. So arbeitet der VS daran, seinen parlamentarischen Arm, die AfD, soziale Fragen von Rechts besetzen zu lassen. Das gelingt derzeit in dem Mietenkampf nicht, nicht mit so dummen wie plumpen Parolen wie „die Ausländer haben uns die Wohnungen weggenommen“.
Das Thema ist von linker und anarchistischer Seite durch eine jahrelange Kontinuität, Praxis und Ansprechbarkeit und einer Offenheit gegenüber Bürgerlichen und Gestrandeten im Kapitalismus gleichermaßen gesetzt. Und die Mietenbewegung wird auch diese Kampagne hinter sich lassen und die „Eigentumsfrage“ radikalisieren. Diejenigen, die das dann aufgreifen und zu verwässern versuchen, werden mit dem Gegenwind klarkommen müssen.Die Kampagnenheinzezu zwingen sich immer wieder einer Perspektive zu stellen, stellen zu müssen, die eine andere Gesellschaft will und nicht die Menschen mit ihren Nöten verarscht durch Bevormundung, das ist der Part jener Gruppen, die länger dabei sind und erkennen wann wieder die Kampagnenheinze Sozialdemokratie in die Bewegung hinein zu etablieren versuchen. Wenn diese die Menschen und Bewegung versuchen zu benutzen und zu funktionalisieren, für das eigene Projekt, die eigene Ego-Befriedigung, die eigene Organisation, für eine zukünftige Machtbeteiligung… dann ist ein klares, ehrliches und offenes Wort zu sagen. Wenn die Menschen durch die Machtstrukturen und Verarschungen durchblicken, können sie den Bewegungsmanager*innen auch das Management versauen und die Bewegung schützen.
Rückkauf von DW ist Wohnraum im Besitz des Landes… Und?
Doch kommen wir nochmal zurück und vertiefen wir inhaltlich den Gedanken rückgekaufter Wohnungen am Beispiel „Deutsche Wohnen“: Auch wenn ein teurer Rückkauf der Wohnungen von „Deutsche Wohnen“ und anderer stattfinden sollte, ist das Eigentum nur in den Händen anderer Betriebswirtschaftler gelandet und eben nicht in der Verfügung von Vergesellschafter*innen. Nehmen wir Stadt & Land. Sie nutzen den Mietspiegel ständig um Gewinn zu generieren, wie einst von Sarrazin verordnet und bis heute von der Regierung vorgeschrieben. Sie handeln nach Marktgesichtspunkten und sind per Senatsweisung auch daran gebunden rentabel zu arbeiten. Rentabilität bedeutet Gewinne zu erwirtschaften, die nicht nur in Sanierung, sondern auch in Neubau investiert werden. Neubau geht aber marktkonform nur in einem Preissegment, das die Mittelschichten bedient, aber nicht die sowieso schon ausgegrenzten Klassen. Diese werden als „Überflüssige“ verwaltet und an den Rand geschoben: verarmte Rentner*innen, „Hartzer“, Alleinerziehende, prekär Beschäftigte und jene, die gerade den Mindestlohn erhalten, Geflüchtete mit Arbeitsverbot, der White Trash, der vor den Supermärkten und in den Parks rumlungert, etc. Und so arbeitet auch „Stadt und Land“ und die HOGOWE „rentabel“ – diese landeseigenen Betriebe führen sogar die Liste der Zwangsräumungen für 2017 in Berlin an – mit über 750 Zwangsräumungen. Öffentliche Wohnungsbauunternehmen in Hand der Stadt sind also nicht Teil einer Lösung, sondern Teil eines Problems.
Sollte tatsächlich eine Gesetz auf den Weg gebracht werden, so sagen die Interviewten in dem AK-Artikel: „Die Umsetzungen werden wir natürlich kritisch begleiten und kontrollieren“. Welch eine Selbstherrlichkeit und Selbstüberschätzungen der eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten: Der Glaube, sich auf fremden Terrain souverän entlang der Interessen von Unten bewegen zu können. Und was für eine Fehleinschätzung der Kräfteverhältnisse zu glauben, dass durch den Bescheid etwas anderes heraus kommen könnte als ein weiteres bürokratisches Wohnungsverwaltungsmonster, das entlang der marktlogischen Gewinn- und Wachstumsambitionen operiert. Und wer vielleicht darauf schielt ein Pöstchen zu ergattern um diese Umsetzung kritisch zu begleiten – der*die lasse sich besser auf keiner einzigen Demo mehr sehen.
Warum wohnen nicht alle Menschen zu einigermaßen ähnlichen Bedingungen in Wohnungen, die der Gesamtheit gehören, die im kleinen durch die Mieter*innen verwaltet werden? Hier behauptet niemand, dass das ein leichter Prozess wäre. Aber an der eigenen Entmündigung zu arbeiten und dem Konzern „Deutsche Wohnen“ den Besitz wegzunehmen, um ihm dem Staat zu übereignen, der mussnicht nur ein ausgesprochenes loyales Verhältnis zum Staat haben und verharrt anscheinend darüber hinaus gerne auch in Knechtschaft. Oder er verarscht die Anderen absichtlich, um selber voran zu kommen. Denn es ist eine süße Illusion, dass dem Landeseigentum leichter beizukommen ist als dem privaten. Hat Stadt und Land sich nennenswert bewegt, als sie für die Mieterhöhungspolitik kritisiert wurden? Bleiben sie weit unter dem Mietspiegel, haben sie bezahlbare Wohnen gebaut, haben sie vielleicht sogar Mieten gesenkt in den letzten Jahren, um angesichts der Mietspiegelentwicklung im Sinne der ärmeren Bevölkerungsteile gegen zu halten? Komisch, warum eigentlich nicht? Sind doch städtisch. Aber „Deutsche Wohnen“ im Besitz des Senats soll nun plötzlich alles verändern?
8 oder 13 Milliarden? Ach, nur 30 Milliarden? Peanuts…
Die Macher*innen des neuen Volksentscheides hantieren mit Entschädigungssummen wie die Großen, vielleicht 8 Milliarden, vielleicht aber auch 13, als wären sie die Finanzabteilung des Senates. Die Gegenseite hantiert im übrigen mit 30-35 Milliarden Euro als Entschädigungssumme. Dass der Kampagne nicht selber auffällt, dass das mit Enteignung im politischen Sinne nichts zu tun hat? Das ist das Problem mit reformistischer und Ängste funktionalisierender Politik, die sich auf Spielregeln einlässt anstatt das Spiel zu beenden. Kann eine solche Politik zu einer radikalen Selbstkritik fähig sein? Folgerichtig kann man auch andere Wege nicht erkennen und hält den eigenen für alternativlos. „Die Entschädigungssumme ist natürlich eine hoher Preis (…) Aber die Enteignung ist die einzige Möglichkeit wie man sich die Bestände [Verkaufte GSW-Häuser Anm. Verfasser*innen] wiederholen kann, ohne die hohen Preise zu bezahlen, die zukünftige Mietsteigerung schon eingepreist haben.“ (Zitat A&K) Kein Wort von anderen politischen Möglichkeiten. Keine Perspektive entlang von Widerstand. Stattdessen schwadroniert im Artikel der ILer weiter: „Insofern ist das sogar unter finanziellen Gesichtspunkten die beste Variante“. Spricht da noch ein Linker? Oder ist Links-sein so sehr auf den Hund gekommen?
Stadt von unten selber machen – es lebe die Anarchie…
„Enteignen“ steht Land auf, Land ab, für einen radikalen Ansatz – Kampagne hin oder her. Es ist an der Mietkampfbewegung damit weiter zu experimentieren und die Verhältnisse zum Tanzen zu bringen. Es sind und bleiben die Eigentumsverhältnisse als Ganzes, es bleiben die neuen Klassenverhältnisse, die uns bewegen werden. Wer arm ist, wird arm bleiben und wird folglich immer beengter wohnen, oder aufs Land gehen, bis auch dort das Wohnen schwierig wird. Ein Teil wird obdachlos, ein anderer Teil bleibt einfach bei Mama wohnen, und viele resignieren und zerbrechen an den Verhältnissen. Oder werden von ihrer Existenzangst aufgefressen, im Irrglauben sie seien selber schuld an der Misere. Es geht also um einen Kampf, der sich gegen eine Stadt der Reichen richtet. Gegen deren kaputte Konsumbedürfnisse, gegen die Touristifizierung der Stadt, den Ballermanntourismus in unseren Kiezen und die Ferienwohnungen und Hostels in unseren Häusern. Es geht gegen das Unternehmen Stadt, das nicht nur seine Wohnungsbaugesellschaften gewinnorientiert zu wirtschaften zwingt, sondern als Ganze nach betriebswirtschaftlicher Logik verwaltet wird. Es geht gegen die Startups, die hoffen im Run auf das große Geld aufs richtige Pferd gesetzt zu haben, es geht gegen Baugruppen und öko-konservative Eliten wie sie in der Markthalle 9 zusammen schmausen. Es geht gegen die Gier, alles zu Geld zu machen, den Boden, das Haus, die sozialen Beziehungen. Der Kampf ist vielseitig zu führen und immer wieder zu bündeln an der Frage des Eigentums, der Klassenfrage im Neoliberalismus, an anarchistischen Gegenentwürfen, die militant verteidigt werden müssen und an einer sozialen Kultur, die ernsthaft auch an einem anderen sozialen Entwurf arbeitet, der im Widerspruch zur Konkurrenz, zur Lüge, zur Kälte, zur Macht, zur Intrige steht – denn genau das sind unsere Strukturen nicht. Sie sind in ihrem Inneren in der Regel zu oft ein Abbild der von Herrschaft dominierten Gesellschaft. Denn das private ist politisch!
Wer steht im Weg rum und nervt…?
Gerade ist doch das Problem, dass die Eigentumsverhältnisse in ihrer bürgerlichen Auslegung den Anspruch auf Besitz in welcher Größe auch immer garantiert, während es zugleich den Ausschluss der Nichtbesitzenden garantiert. Die Nichtbesitzenden haben noch nicht mal die Garantie darauf, an den Rändern der Stadt wohnen zu können, um dann für die Reichen zu Dienstleistungszwecken anzureisen, zu putzen, kochen, die Kinder zu betreuen und die Hunde auszuführen, die Autos zu reparieren, den Bus zu fahren, sexuell zu Diensten zu sein, den Dachgarten zu pflegen, den Partymüll von der Straße zu sammeln. Die Boulevardpresse titelte schon: Polizisten können sich die Stadt nicht mehr leisten, die sie schützen sollen. Da lachen wir über die der Polizei zugeschriebene Rolle, denn „ganz Berlin hasst die Polizei“, wie wir wissen. Eine Polizei, die zur Sicherung des Eigentums, Zwangsräumungen durchsetzt und immer wieder brutal zuschlägt um den Mächtigen die Macht zu sichern, die den Nordkiez terrorisiert und über die Funktion des Befehlsempfängers hinausgehend ein politischer Player gegen den Mietkampf ist. Beispielsweise sei hier die illegale Räumung des besetzten Ladens in der Wrangelstraße erwähnt.
Der Klassencharakter von Wohnsituation ist aber exemplarisch klar benannt.
Besetzen als Wille das Eigentum zu Vergesellschaften..
Es wird um die Weiterführung der Besetzungsversuche gehen. Um die militante Absicherung der Besetzungen entweder, oder mit den Körpern von tausenden Menschen die der Polizei das durchkommen unmöglich machen. Das sind nicht irgendwelche Körper, sondern Menschen, mit dem Willen, ein von Räumung bedrohtes Haus, Mieter*in, Zwangsgeräumte, ein Haus im Mietstreik kollektiv und verantwortlich zu schützen. Dieses Bewusstsein fällt nicht vom Himmel, diese Angst vor den Gegenreaktionen wird nicht einfach so überwunden. Es geht darum auch eine Stimmung zu schaffen, die jede Räumung zu einem hohen politischen Preis für die Stadt werden lässt, wie damals bei der Zwangsräumung in der Lausitzer Strasse. Da hasste ganz Kreuzberg mal die Polizei. Eine Bewegung, die sich tief verankert in der Bevölkerung und solidarisch handelt. Ein Mietstreik zu propagieren und dann aber tatsächlich dafür die sozialen, solidarischen und kämpferischen Bedingungen zu schaffen, sind zwei unterschiedliche Sachen. Für einen Mietstreik braucht es eine sehr starke Bewegung, die den Streikenden bei einer Räumung Perspektive bietet. Oder die eben schon so stark ist, das sie den Mietstreik über eine Bewegung durchzusetzen in der Lage ist.
Wir setzten auf Kontinuität, auf die Stärkung einer basisorganisierten Mieter*innenbewegung, die sich nicht anführen lässt, sondern selbst anführt. Eine Bewegung, die Mut hat zur Diversität, zu internationalen Bezügen und Kämpfen, die Erfahrungen mit Staat und Gesellschaft macht, von bürgerlich bis anarchistisch. Die Erfahrungen sammelt mit unterschiedlichen praktischen Ansätzen, sozialrevolutionär, feministisch, breite Massenaktionen und mit Massenmilitanz, mit Straßenfesten und Kulturaktionen, mit Wohnungsbesetzungen und gekaperten Aktionärsversammlungen. Und diese Erfahrung miteinander teilt und ihre nächsten Schlüsse und Aktionen daraus ableitet.
Die Mietenwahnsinnsdemo 2019 mit ihren über 35.000 Menschen war vor allem ein Erfolg eines jahrelang gewachsenen, basisorientierten Organisierungsansatzes, der mit den ersten Mietenstoppdemos vor rund zehn Jahren begann. Damals wie heute: Keine Parteien, Sekten und NGOs, die uns anführen, geschweige denn als Organisationen offen auftreten durften. Und dann dieses Jahr der Versuch einer Ladenbesetzung in der Wrangelstrasse im Rahmen dessen was möglich war.
Etappenziel: Allen Eigentumsneubau verhindern…
In diese Richtung gilt es weiter zu denken: Verstetigung, kontinuierliche Stadtteilarbeit, Beratungen, Kiez- und Hausversammlungen durch öffentliche Gruppen etc. bei gleichzeitig militanten Angriffen informeller Gruppen. Offene Diskussion und Versammlungen an vielen Orten über eine Aneignung der Stadt auf breiter und auch auf massenmilitanter Basis (Blockaden, Mietstreiks, Besetzungen etc.) sind zu initiieren. Auch tatsächlich Mietkampf mit anderen Kämpfen zu verbinden und auszuweiten. Und anarchistisch-revolutionäre Herangehensweisen und Konzepte diskutierbar und zugänglich zu machen. Subversive Kommunikationsattacken auf die Eliten (z.B. Kündigungen/Zwangsräumungen an Reiche aussprechen). Nicht nur auf den Grunewald beschränkte Spaziergänge sondern auch Spaziergänge oder Angriffe auf ihre sozialen Orte der Reproduktion (wie Golf & Tennisplätze, Saunen, Edelkitas, Privatschulen, SUVs, Restaurants, etc). Und ihre Arbeitsstätten, Privatjets, Firmenwagen, Hausverwaltungen, Wachschutz… Hier liegt auch die Verschränkung mit dem Klimathema auf der Hand. Zerstören sie die Welt, in der wir leben, verdrängen sie uns aus der Stadt, zerstören sie sozial-gewachsene Kieze, werden wir sie besuchen. Der Bau von Eigentumswohnungen muss vielfältig zum Erliegen kommen. In jedem Winkel der Stadt. Das sollte eine unserer Zielrichtungen unter vielen anderen werden: Tags mit Vielen, Nachts mit wenigen.
Party Ende Gelände…
Und auch der Ballermanntorismus und die Hostels: Das ist nur die kommerzielle (Aus-)Nutzung unserer sozialen Räume, die damit verkauft werden. Lassen wir uns in diesem Gewerbebereich des Unternehmens Stadt nicht weiter zu unbezahltem Statistenvolk degradieren. Die Stadt ist keine ergiebige Tourismusfabrik, wie sie sich das rot-rot-grünen Regierungspersonal erhofft und wofür es alles tut, sondern unser Lebens- und Wohnort. Zerstören wir den Partyort Berlin, das geile Feierimage, bevor wir zwischen Lärm, Oberflächlichkeit, sozialer Kälte und Konsumterrorismus zerrieben werden. Es kann nur eine große Party geben: Die der Zerstörung der Herrschaft. Und den Feiern der Etappensiege, wenn ein Kampf gewonnen wird – ein Haus verteidigt, eine Besetzung durchgeführt wurde, ein Investor aufgibt (Google raus), ein CEO den Koffer packt (tschüss, Zahn), ein Bulle überläuft, eine Spitzel sich outet, eine Enteignung praktisch von Tausenden, Wütenden, Entschlossenen durchgesetzt wird.
Wir plädieren an Alle:
An die miltanten Gruppen zum Beispiel, und diejenige die es werden wollen: Setzt Akzente, die die Menschen in ihrem Kampf um bezahlbare Mieten, um ihr Wohnrecht, um eine andere Stadt stärken und ihnen den Rücken frei halten. Verbindet den Kampf um unsere Freiräume und Projekte mit Mietkämpfen und Auseinandersetzungen anderer Betroffener. Greift die Konzerne und Reichen an. Helft den Stadteilkampf auszuweiten in die Konzernetagen und Villenviertel. Unberechenbar. Bunt. Vielfältig. Offensiv.
Wir plädieren an Alle:
An die offen auftretenden Zusammenschlüsse von Mieter*innen, Stadtteil-Initiativen etc.: Sucht die Diskussion mit dem radikalen Teil der Bewegung, tauscht Euch mit ihnen aus. Entwickelt eigene (radikale) Ansätze, stellt sie zur Diskussion und fordert Unterstützung vom militanten Teil der Bewegung ein. Organisiert Euch sozial, solidarisch, kollektiv und offensiv.
Ja, es sieht nicht gut aus insgesamt. Unsere Erfolge stehen oft nicht im Verhältnis zu unseren Niederlagen. Ja, bevor wir eine Wohnung erfolgreich verteidigt haben, sind mehr als zehn andere verloren gegangen. Ja, einer bezahlbaren Unterkunft stehen weit mehr zehn Eigentumsneubauten gegenüber. NOCH!
Denn wir sind entschlossen. Ja, wir haben keine andere Wahl. Ja, aber wir werden unsere Kraft entdecken und uns wundern, was wir auszurichten in der Lage sind – wenn wir uns nicht spalten. Wenn wir den BewegungsManagern (und Managerinnen) und Führern die Macht wegnehmen und uns von ihnen nicht immer wieder aufs Glatteis führen lassen – wenn wir die Kuschelspiele mit der Politik beenden, wenn Tausende an einer Baustelle, Zwangsräumung, Besetzung, Entmietung stehen und „NEIN“ sagen, und auch „NEIN“ meinen und auch „NEIN“ durchsetzen
ENTEIGNEN! Es lebe die Anarchie – viva la revolucion! Juli 2019
„Wir sind über zehntausend Jahre alt – unser Name ist Mensch“
in „Neues sozialrevolutionäres Stadtentwicklungsprogramm“ lehnt sich an die Veröffentlichungen anderer Gruppen an: Das „Sozialrevolutionäre Stadtentwicklungsprogramm“ von 2010und „Die Eigentumsfrage stellen – Stadt übernehmen“ von 2013 wurden in Medien wie „indymedia links unten“ hochgeladen. Die Zerschlagung anarchistischer Medien durch den Staat infolge einer revolutionären Mobilisierung zum G20 in Hamburg hat der Bewegung ihr Archiv und somit ein Teil unseren Gedächtnis beraubt. Radikale Antworten stehen nach wie vor aus!
»Sozialrevolutionäres Stadtentwicklungsprogramm. Der Zweijahres-Plan ”Stadt übernehmen«
Man muss den Unternehmen die Wohnungen wegnehmen
»Mieten-Enteignungs-Volksbegehren als Nebelkerze mit toxischen Nebenwirkungen für Mieter«
Die Eigentumsfrage stellen -Stadt übernehmen«
Das Mietenvolksbegehren ist gescheitert. Frühzeitig genug, um Neues zu wagen«
Die IL in Ihrer Neujahrsbotschaft 2021 schrieb:
„Deutsche Wohnen und Co enteignen:
2018 haben wir in der Broschüre „Das Rote Berlin“ festgehalten, dass nur die Vergesellschaftung des Wohnungsmarktes einen Ausweg aus dem Mietenwahnsinn bietet. 2021 haben wir die Chance, dieser Utopie einen bedeutenden Schritt näher zu kommen: Die Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ beginnt am 25.02. damit, 175.000 Unterschriftung für das Volksbegehren zu sammeln. Wenn wir das hinkriegen, stimmen die (wahlberechtigten) Berliner*innen am 26.09. parallel zu Bundes- und Landtagswahl über die Vergesellschaftung großer Immobilienkonzerne ab! Lasst uns die nächsten Monate nutzen, um so viele Unterschriften wie möglich zu sammeln. Organisiert euch in den Kiezteams – über 300 Menschen sind dort schon aktiv. Wir verstehen die 2. Sammelphase dabei auch als Möglichkeit für die langfristige Organisierung von noch mehr Berliner Mieter*innen. Dass das auch in der Pandemie geht, haben die Heimstaden-Häuser im November gezeigt. Sprecht mit euren Nachbar*innen und sammelt Unterschriften, sodass 2021 eine Niederlage für das Immobilienkapital wird.“ Mehr.