Räumungsprozess vor dem Landgericht – Rigaer 94 wieder auf Erfolgskurs

Das Landgericht hält die englische Eigentümerfirma für nicht prozessfähig. Die verhandelten Räumungsklagen dürften scheitern.

Berlin taz, Erik Peter | Im juristischen Gezerre um die Rigaer Straße 94 zeichnet sich eine weitere spektakuläre Wende ab. Bei einer Reihe von Berufungsverfahren vor dem Landgericht am Mittwoch deutete der Vorsitzende Richter an, die Prozessfähigkeit der englischen Eigentümerfirma Lafone Investments Limited weiterhin nicht anzuerkennen. Verhandelt wurden Räumungsklagen gegen überwiegend ehemalige Mie­te­r:in­nen von sechs Wohnungen in dem Hausprojekt.

Das Gericht würde damit einer Entscheidung des Kammergerichts aus dem vergangenen Jahr widersprechen. Das höchste Berliner Gericht war davon ausgegangen, dass die Firma ihren Verwaltungssitz in England habe und entsprechend einer gegenseitigen Anerkennung auch in Deutschland als juristische Person prozessfähig sei. Be­ob­ach­te­r:in­nen sahen darin nach jahrelangem juristischen Scheitern einen Durchbruch für die Eigentümer, die nun erfolgreich Räumungsprozesse führen könnten.

Das Landgericht jedoch schloss sich vorläufig der Einschätzung des Amtsgerichts Kreuzberg an, das die insgesamt zwölf verhandelten Räumungsklagen in erster Instanz als unzulässig abgewiesen hatte – mit Hinweis auf die nicht anerkannte Rechtsfähigkeit des Eigentümers in Deutschland. „Wir tendieren dazu, den Verwaltungssitz nicht in England anzunehmen“, so der Richter – wohl weil es keine Geschäftstätigkeit der Briefkastenfirma in England gibt. Damit aber erfülle sie nicht die Kriterien für eine in Deutschland anerkannte Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), bei denen Gesellschafter unbeschränkt haften.

Für die Lafone wäre eine Transformation in eine GbR denkbar. Nur: In der Praxis gibt es dafür kaum Vorbilder. Auch müssten dann Gesellschafter persönlich benannt werden und vollumfänglich haften. Sollte das Landgericht die streitigen Berufungsverfahren schlussendlich abweisen, ließe es wohl eine Revision zu. Der Streit um die Rigaer 94 könnte dann Gegenstand beim Bundesgerichtshof werden.
Keine Gefahr für die aktuellen Be­woh­ne­r:in­nen

Von den sechs Verfahren am Mittwoch richtete sich nur eines gegen zwei Personen, die sich den Räumungsabsichten entgegenstellen – und nun womöglich vorerst nicht mit einem Räumungstitel rechnen müssen.

In den weiteren fünf Verfahren hatten die Mietvertragsinhaber:innen, die schon längst nicht mehr im Haus leben, zuvor erklärt, sich nicht juristisch wehren zu wollen. Aus Angst vor Kostenrisiken und womöglich Verwerfungen mit den aktuellen Be­woh­ne­r:in­nen wollen sie aus dem Vertrag heraus. Zumindest die anwesenden Beklagten in jenen fünf Verfahren einigten sich auf Vergleiche, wonach sie die Mietverträge zurück geben.

Für die aktuellen Be­woh­ne­r:in­nen dieser Wohnungen droht dadurch keine Gefahr. Gegen sie müsste die Lafone eigene Räumungsklagen erneut vor dem Amtsgericht anstrengen. Dafür aber muss sie als prozessfähig anerkannt werden. Um heruaszufinden, wer aktuell im Besitz der Wohnungen ist, hatte die Polizei das Haus vor zwei Wochen durchsucht.

Eine weitere Beurteilung des rechtlichen Status der Lafone steht kommenden Mittwoch vor dem Landgericht an, wo eine Räumungsklage gegen die Hauskneipe „Kadterschmiede“ verhandelt wird.

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passiert am 11.09.2025