“ … organisiert den Kaufhausklau!“
Leipzig soll am nächsten Montag der Auftakt zum „heißen Herbst“ werden, so denkt es jedenfalls Sören Pellmann von der Linkspartei, die „Freie Sachsen“, die AfD, das Compact Magazin und weitere. Unterschiedliche K-Gruppen mobilisieren auch, weil sie sich von den „Rechten“ keine Themen wegnehmen lassen wollen. Kritik an der ganzen Konstellation für den 5. September wird mit Spaltungsvorwürfen gekontert. Doch was wäre, wenn es wirklich zu „Unruhen“ käme? Ein politisches Desaster für alle mobilisierenden Gruppierungen.
Bisher sechs Demonstrationen in Leipzig angekündigt
Bisher sind sechs Demonstrationen für den Tag angemeldet, die Linkspartei will auf dem Augustusplatz vor der Oper ihre Kundgebung abhalten und dann eine Demo starten. Gegenüber vor dem Gewandhaus findet seit vielen Wochen die Demo der rechten Bürgerbewegung Leipzig statt, die immer über den Innenstadtring läuft(https://www.l-iz.de/leben/gesellschaft/2022/08/was-gerade-geschieht-platznehmen-und-die-friedensdemonstranten-am-montag-464865). Vor der Uni-Kirche am Augustusplatz will der Reichsbürger und Ex-NPDler Volker Beiser (https://de.indymedia.org/node/192296) demonstrieren. Am Goldenen Ei auf dem Augustusplatz ist eine Versammlung der „Freien Sachsen“ angemeldet. Hinzu kommen zwei linke Zubringer-Demonstrationen aus der Südvorstadt in die Innenstadt.
„Faschos aus der Demo boxen“
Die rechte Szene mobilisiert überregional dazu nach Leipzig zu kommen und sich an der Demonstration der Linkspartei zu beteiligen. Kommunist*innen kündigen an sie aus der Demo zu boxen. Dies wäre wünschenswert, nur gibt es schon jetzt mehrere Vorzeichen dafür, dass dies nur teilweise zu erwarten ist, so heißt es von der Roten Wende Leipzig, die die Demo vom Südplatz organisiert:
„Es ist wichtig, dass es einen breiten Protest gibt, der auch von Wutbürgern getragen wird – die sollen jedoch nicht mit den Freien Sachsen laufen (…) Rechte sind auf ihre Symboliken, ihre Fahnen und Banner angewiesen. Dadurch machen sie sich angreifbar und das werden wir nutzen.“ (https://la-presse.org/demo-aus-dem-sueden-zu-le0509-nationalisten-und-rassisten-werden-wir-aus-den-demos-boxen/)
Beteiligung von „Wutbürgern“ ist willkommen, wenn sie auf klare Symbole der Rechten verzichten. Die Kommunist*innen aus Leipzig können nur jene boxen, die sie auch als Rechte identifizieren können. Hier zeigt sich das Dilemma des 1.Mai 2022 in Leipzig ganz praktisch, den unterschiedlichen roten Gruppen in der Stadt war es wichtiger, wer die „größte Demo“ in der Stadt auf die Beine stellt als sich praktisch mit den antifaschistischen Strukturen in Sachsen zu solidarisieren (https://kappaleipzig.noblogs.org/1maile/).
Weder den Veranstalter*innen der Linkspartei, noch den unterschiedlichen K-Gruppen in Leipzig wäre zu vertrauen, dass Rechte konsequent vom Platz gejagt werden, nicht nur weil sie sich kaum aktiv mit der rechten Szene in Sachsen befassen, sondern auch regelmäßig durchblicken lassen, diese noch irgendwie „überzeugen“ zu können/wollen.
Der klassische sächsische (Hut)Wutbürger ist im Kampf „gegen die da oben“ gern gesehen, wenn er bloß nicht Unterwegs eine Unterkunft von Asylsuchenden belagern würde und seinen Rassismus, Antisemitismus, Sexismus.. bei der gemeinsamen Sache gegen die „Bonzenschweine“ für einen kurzen Moment beiseite lässt. Hinzu kommt, dass es seit vielen Jahren immer wieder unterschiedliche K-Gruppen in Deutschland sind, die mit offenen Armen die angeblichen rechten Szene-Aussteiger bei sich unter kommen lassen.
Eine größere Mobilisierung von antifaschistischen Strukturen, die sich seit Jahren mit der extremen Rechten in Sachsen beschäftigen, ist bisher nicht wahr zu nehmen, besonders nicht über die Stadtgrenze hinaus. So steht zu befürchten, dass entweder entsprechende große Gruppen von Rechten durchrutschen werden, weil sie nicht erkannt werden oder aber bewusst nicht ausgeschlossen werden, weil die Bilder von „Massenprotesten“ auf dem Ausgustusplatz für Linkspartei und Co. für die eigene Propaganda wichtiger sind.
Was wäre, wenn eine radikale Linke sich für Montag in Leipzig und in diesem „heißen Herbst“ anders entscheiden würde?
„Gegen den Sozialabbau … “
Ein Antiautoritärer Aufruf meint (https://de.indymedia.org/node/220539): „Uns treibt auch die Hoffnung an auf etwas besseres an. Wir haben in den letzten Jahren aber auch Hoffnung bekommen. Durch die letzten Massenbewegungen wie Refugee Welcome 2015, Feministisch Streiken 2018, Gelbwesten 2019 und Friday for Future 2019 haben wir gesehen, dass linke Massenproteste möglich sind. Wir können (in Krisenzeiten) mit unseren Ideen Menschen auf die Straße treiben und haben genug Kraft unsere Forderungen zu erkämpfen. Die Krise können wir nutzen um neue Forderungen durchzusetzen.“
Die erfolgreich erkämpften Forderungen dieser „Massenbewegung“ wollen sich auch nach längeren Überlegungen nicht erschließen. Der Aufruf der Antiautoritären lässt einen daher fragend zurück. Wieso sollten sich Anarchist*innen einem Linken-Politiker anschließen, der nach seinem gescheiterten Versuch auf dem Parteitag in Erfurt an Posten zu kommen, mit seiner Demonstration am kommenden Montag geplante „Massenproteste“ mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen (wie beispielsweise Gewerkschaften) bewusst verhindert, um sich persönlich innerparteilich in Szene zu setzen? Wieso sollten Linksradikale die Füllmasse für Auseinandersetzung in der Partei die Linke stellen, wo der Wagenknecht-Flügel um Pellmann schon am gehen ist (https://taz.de/Abspaltungstendenzen-von-der-Linkspartei/!5877416/)? Das unterschiedliche K-Gruppen sich daran beteiligen ist zu erwarten, aber Antiautoritäre?
Keine Massenproteste, sondern Unruhen!
Die Geschichte von größeren Sozialprotesten in Deutschland, auch am Montag, zu Werksschließungen und „Arbeitskämpfen“, ist eine Geschichte voller Niederlagen, gerade im Osten. Ihnen allen fehlt oft, was als Befürchtung für dieses Jahr im Raum steht, „Unruhen“.
Wäre es nicht Aufgabe einer radikalen Linken, nicht um Almosen oder günstige Preise zu betteln, sondern mit den Menschen einfach dahin zu gehen wo das Essen und die Sachen, die sie zum leben brauchen zu finden sind? Die Leipziger Innenstadt ist voller Supermärkte und Geschäften von großen Ketten.
Wieso sich Reden von Politiker*innen anhören, denen es auch nur um Posten in Partei und Regierung geht oder zusammen mit K-Gruppen nur jene Rechten boxen, die nicht deren rote Fahnen tragen wollen?
Wieso nicht ganz praktisch das „enteignen“ angehen und den Menschen und uns allen wirklich was reales in die Hand geben? Wieso nicht praktisch planen wie Strom-, Gas- und Mietrechnungen nicht nur „günstiger“ werden, sondern überhaupt nicht mehr bezahlt werden. Wieso nicht Konzerne und diese ganzen Strukturen angreifen? Die „Strombörse“ befindet sich in Leipzig, das Bundesverwaltungsgericht, die sächsische Aufbaubank und die Bundesbank haben Standorte. Der Glasbau des KPMG neben der Polizeihauptwache schenkte die radikale Linke während der „Wir sind alle LinX-Demo“ auch keine Beachtung (https://kontrapolis.info/5266/).
Eingeladen/aufgerufen für den 5. September in Leipzig sind bisher die Anhänger*innen der Linkspartei, K-Gruppen, unterschiedliche extreme Rechte, Verschwörungsanhänger*innen und die üblichen Antifaschist*innen. Die Innenstadt kann voll werden, damit öffnet sich ein Spielraum mit den bisher nicht eingeladenen dieser Show auf dem Augustusplatz etwas sinnvolleres zu unternehmen, dies wäre eigentlich von antiautoritären und anarchistischen Menschen zu erwarten, wenigstens in ihren „Aufrufen“.