Immobilienkonzern unter Druck – jetzt droht der Adler Group ein handfester Skandal

Seit Wochen prüfen die Wirtschaftsberater von KPMG das Immobilienunternehmen Adler Group mit mehr als 57.000 Wohnungen in Deutschland. Doch der Bericht verzögert sich: Die heftigen Anschuldigungen eines kritischen Adler-Investors lassen sich anscheinend nur schwer ausräumen.

Der Immobilienkonzern Adler Group kann den Verdacht einer instabilen Finanzlage nicht abschütteln. Seit Monaten ist die Berliner Gesellschaft mit Sitz in Luxemburg in Schieflage, musste Wohnungsbestände notverkaufen und die Bilanzveröffentlichung verschieben.

Aktuell arbeitet die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG an einer Untersuchung verschiedener Transaktionen bei Adler und den Vorgängergesellschaften sowie an einer Überprüfung der Immobilien- und Projektwerte des Luxemburger Investors.

Jetzt liegt eine vorläufige Zusammenfassung vor. Und die lässt wenig Gutes erwarten. Darauf jedenfalls lässt eine am Donnerstagabend eilig herausgegebene Mitteilung der Adler Group schließen. Man wolle die laufende KPMG-Untersuchung noch ein wenig verlängern, heißt es darin, und zwar bis zum 25. März.

Bis dahin wolle man noch „Bewertungsunterschiede gemeinsam eingrenzen“, den „Daten-Input verlängern“ und sich auf die „E-Mail Analyse“ konzentrieren, was die eventuell dem Unternehmen nahestehende Personen angeht – also Personen, die möglicherweise von früheren Deals in unzulässiger Weise profitiert haben könnten.

Nach einem souveränen Ablauf der Prüfung klingt das nicht. Vielmehr nach eiligen Reparaturen und ein wenig Umdeutung hier und da.

Der Fall Adler sorgt schon länger für Unruhe in der Immobilienbranche und könnte sich noch zu einem handfesten Skandal ausweiten – mit Folgen nicht nur für die Aktionäre, sondern auch für deutsche Städte, in denen Adler-Bauprojekte geplant sind.

Täuschung und finanzielle Falschdarstellung

Das Unternehmen war 2019 durch eine Fusion der Berliner ADO Group durch Adler Real Estate entstanden. 2020 schluckte dann die mit einem vergleichsweise attraktiven Wohnungsportfolio ausgestattete ADO die mit vergleichsweise prekären Beständen agierende Adler, man beteiligte sich am Projektentwickler Consus Real Estete, und alles zusammen wurde umfirmiert in Adler Group. Der operative Sitz ist in Berlin, die steuervergünstigte Unternehmensadresse befindet sich in Luxemburg.

Schon diese grobe Ablaufbeschreibung lässt Zweifel aufkommen. Diese allerdings kochten erst richtig hoch, als der britische Hedgefondsmanager Fraser Perring im vergangenen Jahr in einem umfangreichen Dossier dem Management Täuschung und finanzielle Falschdarstellung vorwarf.

Die Immobilienbestände seien zu hoch bewertet, zu diesen Werten passten die Kreditlinien nicht, und auch laufende Bauprojekte seien aufgebläht. Zudem gebe es zumindest merkwürdige Anteilsverkäufe und Übernahmen beteiligter Investoren.

Der Druck wurde so groß, dass Adler damit begann, Wohnungsbestände abzustoßen. Von rund 70.000 sind jetzt noch 57.000 übrig, weitere Verkäufe sind geplant. Zusätzlich gibt es noch laufende Immobilienprojekte, die von Consus begonnen wurden, aber kaum noch vorankommen.

Das Projekt „Grand Central“ in Düsseldorf etwa liegt seit Jahren brach, in der Stadtverwaltung ist man sauer, und in der Immobilienbranche spricht man bei dieser Art des Hinauszögerns schlicht von Spekulation.

Den Vorwurf, mit nahestehenden Personen intransparente Geschäfte gemacht zu haben, konnte KPMG bisher nicht von der Hand weisen. Fraser Perring hatte in seinem Bericht dem Immobilienunternehmer Cevdet Caner vorgeworfen, eine Art Schatten-CEO der Adler Group zu sein und als Beispiel eine Transaktion rund um ein weiteres Bauprojekt in Düsseldorf beschrieben, das derzeit brach liegt.

Geschäfte mit der Verwandtschaft

Die Transaktion funktionierte so: Im Jahr 2019 verkaufte die Brack Capital Properties, an der die Adler Group damals mit 70 Prozent beteiligt war, 75 Prozent des Düsseldorfer Bauprojekts „Glasmacherviertel“ zu einem Wert von 375 Millionen Euro an Cevdet Caners Schwager Joseph Schrattbauer.

Nicht einmal zwei Jahre zuvor hatte der Preis für das Gelände noch bei 142 Millionen Euro gelegen. Kein schlechter Deal. Doch den Kaufpreis hat Schrattbauer nie vollständig bezahlt. Schließlich kündigte Adler Group an, die Transaktion rückabwickeln zu wollen.

Die KPMG-Prüfer beißen sich nun an einer ganz besonderen Personenkonstellation die Zähne aus: Joseph Schrattbauer und seine Schwester – Cevdet Caners Ehefrau – Gerda Caner gehören laut Transparenzregister zu den wirtschaftlichen Eigentümern der Luxemburger Großgesellschaft Mezzanine IX Investors, einer der Hauptaktionäre der Adler Group.

Teilhaber von Mezzanine IX ist laut des Perring-Berichts die Gesellschaft Bassan S.A.M., deren Direktor Wolfgang Hahn ist. Hahn war zuvor Geschäftsführer von Pebble Investment, die mittlerweile in Consus Holding umbenannt wurde. Consus gehört aufgrund eines komplizierten Übernahmegeschäfts mittlerweile zur Adler Group. Wolfgang Hahn und Cevdet Caner machen Fraser Perring zufolge schon seit mehr als einer Dekade gemeinsam Geschäfte.

Vonovia ist plötzlich auch an Adler beteiligt

Dieses ein wenig dubios erscheinende Hin und Her von Personen und Gesellschaften gehört zum Kern der Verdachtsmomente, die der neue Adler Verwaltungsratschef Stefan Kirsten ausräumen will. „Wir (…) beabsichtigen, unter Berücksichtigung des Sonderprüfungsberichts, unseren Konzernabschluss 2021 in der letzten Aprilwoche zu veröffentlichen“, erklärte Kirsten nun.

Mit im Boot sitzt inzwischen auch Deutschlands größter Wohnungskonzern Vonovia. Die Bochumer hatten dem Adler-Großinvestor Aggregate einen Kredit gegeben, um die schwierige Phase mit heftigen Kurseinbrüchen zu überstehen – pfandbesichert mit Adler-Aktien.

Weil Aggregate nun einer Verpflichtung nicht nachkam, wurde die Übernahmeoption vor drei Wochen gezogen. Seitdem ist Vonovia mit 20,5 Prozent einer der größten Adler-Anteilseigner. Wirklich begeistert ist man davon in Bochum nicht, wie in der Unternehmenszentrale zu vernehmen ist.

Noch steht die Vonovia-Beteiligung unter Genehmigungsvorbehalt der Kartellbehörde. Sollte es kein grünes Licht geben, kämen weitere Adler-Aktien auf den Markt. Und der Kurs könnte unter die Marke von zehn Euro rutschen. Im September letzten Jahres lag der Kurs noch doppelt so hoch.

 


Anmerkung zur Einordnung: Adler ist unter anderem Eigentümer der berühmt-berüchtigten CG Gruppe, welche Christoph Gröner vor nicht allzu langer Zeit an Consus verkaufte, Adler hat dann Consus und ADO Properties, einen der größten Wohnungseigentümer Berlins, geschluckt. Adler wiederrum gehört inzwischen zum Teil Vonovia.

Die Adler-Gruppe hat auch den Geschäftssitz der ADO übernommen: Am Karlsbad 11, 10785 Berlin (nähe Gleisdreieckpark)