Vonovia: Ärger um Mieterhöhung von zehn Prozent

Vonovia versprach, Mietsteigerungen in Berliner Wohnungen auf ein Prozent jährlich zu begrenzen. Im Einzelfall sind aber stärkere Anhebungen möglich.

Berlin – Die Unruhe unter Berlins Mietern ist groß. Seit Tagen werde er in der Mieterberatung „überrannt“, berichtet Marcel Eupen, Chef des Alternativen Mieter- und Verbraucherschutzbundes (AMV). Der Grund: Neben den landeseigenen Wohnungsunternehmen wollen auch private Vermieter wie die Vonovia und ihre Tochter Deutsche Wohnen die Miete anheben.

Die Vonovia hat für „rund ein Achtel“ ihrer knapp 40.000 Wohnungen in Berlin „Mietanpassungen versandt“, sagte Unternehmenssprecher Matthias Wulff. Die Deutsche Wohnen will nach Angaben eines Sprechers die Mieten für 22.000 Wohnungen in Berlin raufsetzen.

Zwar haben Vonovia und Deutsche Wohnen vor ihrer Fusion im vergangenen Jahr zugesagt, reguläre Mieterhöhungen in ihrem Berliner Bestand in den nächsten drei Jahren auf ein Prozent jährlich zu begrenzen. Was sich nach einer moderaten Geschäftspolitik anhört, kann jedoch im Einzelfall zu stattlichen Mieterhöhungen führen, wie ein Beispiel aus Spandau zeigt.
Mieter: Das ist nicht mehr moderat

Für Johannes Heinrich (Name geändert) soll sich die Kaltmiete für seine rund 66 Quadratmeter große Wohnung bei der Vonovia von rund 500 Euro auf 550 Euro erhöhen – eine Anhebung um rund zehn Prozent. „Das ist nicht gerade moderat“, sagt Heinrich. So wie ihm geht es vielen anderen Haushalten. „Uns liegen seit Ende Januar diverse Mieterhöhungen vor, bei denen der Anstieg um die zehn Prozent beträgt“, sagt Mieterberater Eupen.

Die Vonovia spricht auf die Frage nach der durchschnittlichen Erhöhung von „acht Cent pro Quadratmeter“. Damit liege der Konzern „gleichauf mit den jüngst ausgebrachten Erhöhungen bei den landeseigenen, staatlichen Wohnungsunternehmen“. Der Faktencheck zeigt allerdings, dass bei den landeseigenen Unternehmen Mieterhöhungen um zehn Prozent zurzeit nicht möglich sind. In laufenden Verträgen dürfen die landeseigenen Unternehmen die Mieten nur um bis zu 2,5 Prozent anheben, sofern die Mieten in der Zeit des Mietendeckels abgesenkt wurden. Für alle anderen Wohnungen mit laufenden Verträgen darf die Miete um ein Prozent steigen.

Selbst bei der Deutsche Wohnen sind Mieterhöhungen stärker beschränkt als bei ihrem Mutterkonzern Vonovia. „Wir haben uns für eine freiwillige Kappungsgrenze von 30 Euro entschieden und bleiben damit deutlich unter dem, was der Mietspiegel ermöglicht“, sagt ein Sprecher der Deutsche Wohnen. Im Schnitt beschränke sich die Mieterhöhung dadurch pro Haushalt und Monat auf weniger als 20 Euro.
Unternehmen will Mietern entgegenkommen

AMV-Chef Eupen übt Kritik an den Mieterhöhungen. „Während Berlins Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) hofft, dass sich die Immobilienwirtschaft im Rahmen des zu gründenden Bündnisses für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen auf ein freiwilliges Mietenmoratorium einlässt, erhöhen die potenziellen Partner Vonovia und deren Tochter Deutsche Wohnen zum 1. April kräftig die Mieten.“ Sie schafften damit „vollendete Tatsachen“ und kassierten „vorher nochmal schnell ab“, so Eupen. „Die Politik hofft und die Wohnungswirtschaft handelt.“ Die Melkkuh sei der Mieter. Die Vonovia und ihre Tochter Deutsche Wohnen heizten damit die extrem angespannte und emotionale Situation weiter an, warnt Eupen. Die Mieter hätten nichts davon, dass Vonovia und Deutsche Wohnen versprochen haben, den durchschnittlichen Anstieg der Miete auf jährlich ein Prozent zu begrenzen, da diese Versprechen sich auf alle Wohnungen der Unternehmen bezögen. Für einzelne Wohnungen seien höhere Mietsteigerungen möglich.

Mieter Johannes Heinrich aus der Vonovia-Wohnung in Spandau hält die Mieterhöhung ohnehin nicht für gerechtfertigt. Das Wohnumfeld leide unter Dreck und Ratten, sagt er, und die Wohnung sei in keinem guten Zustand. Sie verfüge zwar über Isolierglasfenster, doch diese seien undicht. „Wenn es regnet, läuft das Wasser rein“, sagt er. Das Parkett in der Wohnung sei nach einem Wasserschaden nie repariert worden und gewellt. Die Küche sei mit Einbaumöbeln ausgestattet, doch sei das Holz nach dem Wasserschaden aufgequollen. Der Voreigentümer habe die Schäden nicht repariert, aber zumindest die Miete nicht angehoben.

Immerhin: Die Vonovia will den Mietern entgegenkommen. „Wenn jemand Sorge hat, sich den neuen Mietpreis nicht leisten zu können, dann können sich unsere Mieterinnen und Mieter beim Sozialmanagement melden – wir finden gemeinsam eine Lösung“, sagt Vonovia-Sprecher Wulff.
Mieterhöhungspraxis noch nicht vereinheitlicht

Die Deutsche Wohnen gehört zwar mittlerweile als Tochter zum Vonovia-Konzern, doch in der Mietenpolitik unterscheiden sich beide Unternehmen, wie die aktuellen Erhöhungen zeigen. Die Deutsche Wohnen begrenzt Mieterhöhungen nicht nur auf 30 Euro pro Haushalt, während bei der Vonovia stärkere Steigerungen möglich sind. Bei der Deutsche Wohnen sind zudem Mieterhöhungen nach dem Mietspiegel so begrenzt, dass ein Haushalt maximal 30 Prozent seines Nettoeinkommens für die Nettokaltmiete aufwenden muss – selbst wenn der Mietspiegel weitere Erhöhungen erlauben würde. Die Vonovia verspricht dagegen etwas allgemeiner, darauf zu achten, dass die Miete „bezahlbar bleibt“.

Nach dem Mietendeckel-Aus zeigte sich wiederum die Vonovia kulanter und verzichtete auf Mietnachzahlungen. Die Deutsche Wohnen machte Nachzahlungen davon abhängig, ob die Mieter finanziell dazu in der Lage sind. Auf die Frage, wann beide Unternehmen ihre Mieterhöhungspraxis angleichen, antwortet Vonovia-Sprecher Wulff: „Wir arbeiten gerade gemeinsam am Zusammenschluss mit der Deutsche Wohnen.“ Es kann also womöglich noch dauern.

https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/vonovia-und-deutsche-wohnen-aerger-um-mieterhoehung-von-zehn-prozent-li.210281

passiert am 07.02.2022