Bewohner der Rigaer Straße 94 scheitern mit Eilantrag

Der Versuch der Bewohner der Rigaer 94, die geplante Brandschutzgegehung in dieser Woche juristisch zu verhindern, ist gescheitert. Die Polizei bereitet die Begehung nur vor, kündigte an gewalttätige Aktionen verhindern zu wollen und richtete Verkehrssperren ein.

Kurz vor der geplanten Brandschutzbegehung am Donnerstag sind die Bewohner der Rigaer Straße 94 sind mit ihrem Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht Berlin gescheitert. Das bestätigte ein Sprecher des Gerichts am Dienstag dem rbb. Die Kammer begründete die Abweisung des Antrages damit, dass das Interesse der Bewohner, von der Brandschutzbegehung verschont zu bleiben, hinter dem öffentlichen Interesse auf eine sachverständige Prüfung zurücktreten müsse.

Der Antrag richtete sich gegen eine entsprechende Duldungsanordnung des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg.

Beschwerde gegen Gerichtsentscheid möglich

Gegen die Entscheidung kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht eingelegt werden. Zwar teilte der Rechtsanwalt der klagenenden Bewohner mit, er wolle die Entscheidung anfechten, doch wird dabei die Zeit knapp für eine Entscheidung der nächsten Instanz noch vor der angesetzten Begehung.

Am Donnerstag will sich ein vom Eigentümer bestellter Brandschutzgutachter unter Polizeischutz das teilbesetzte Haus in der Rigaer Straße 94 anschauen. Zuvor hatte es bereits Begehungen durch den Bezirk gegeben. Mehrere Gerichte entschieden aber, dass der Eigentümer einen eigenen Gutachter hineinlassen darf. In der linksautonomen Szene formiert sich derzeit Widerstand gegen die Begehung.

Proteste in Sichtweite des Hauses gestattet

In Vorbereitung der Begehung hatte die Polizei am Montag angekündigt, ein Demo-Verbot im Umkreis der Rigaer Straße zu erlassen. Es gilt ab Mittwochnachmittag. Dem rbb sagte der Berliner Polizeisprecher Martin Dams, dass die Behörde zum Schutz der Begehung vorsorglich eine Allgemeinverfügung erlassen habe, die „das Grundrecht auf Versammlungen und friedlichen Protest in Sichtweite des Hauses“ gestatte.

Die Beamten müssten dabei die Flucht- und Rettungswege freihalten und würden „gewalttätige Aktionen verhindern“, so Dams. „Dazu werden Verkehrssperren eingerichtet und Absperrgitter im Bereich Rigaer Straße und Liebigstraße aufgebaut“, betonte er. Der Zugang in die Rigaer Straße und in die Liebigstraße werde „lageabhängig temporär eingeschränkt“. Anwohnende bekämen „selbstverständlich“ Zugang. Die voraussichtliche Zahl der Beamten im Einsatz nannte Dams nicht. „Einheiten aus Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen, Bremen und der Bundespolizei“ kämen zur Unterstüztung.

Erfahrungen von 2016 und 2020 hätten gezeigt, dass „die linke Szene“ auch bereit sei, Dritte – also etwa Bauarbeiter – „nicht nur verbal, sondern auch körperlich zu attackieren“, betonte Dams. Die Polizei rechne darum mit „Aktionen, eventuell auch Straftaten“.

Für Freitag sei bereits ein „Kiezspaziergang gegen Verdrängung und die Belagerung der Nachbarschaft“ angekündigt, der vom Boxhagener Platz zur Rigaer Straße verlaufen soll. Zudem erklärte der Polizeisprecher: „Das weitere Agieren der linken Szene wird sich nach Art und Umfang der Maßnahmen vor Ort richten, die bei oder im Anschluss an die Brandschutzbegehung durchgeführt werden müssen.“

Die Polizei rechne mit weiteren „Versammlungen – angezeigt oder spontan – oder auch mit gezielten Aktionen an den Tagen der Brandschutzbegehung und am darauffolgenden Wochenende“.

Zuletzt hatte es in Berlin mehrfach Brandanschläge gegeben, bei denen die Ermittler von einem Zusammenhang mit dem Widerstand der Aktivisten rund um die Rigaer 94 ausgehen, unter anderem auch aufgrund von sogenannten „Selbstbezichtigungsschreiben“.

Bewohner fürchten, dass Begehung eine Räumung vorbereiten soll

Linksradikale Bewohner der besetzten „Rigaer 94“ hatten seit längerem Widerstand gegen die Brandschutzprüfung durch Eigentümer-Vertreter am Donnerstag angekündigt. Das Gericht hatte in früheren Entscheidungen bereits dem Eigentümer eine eigene Brandschutzprüfung zugestanden.

Die Bewohner werfen dem Eigentümer und der Polizei vor, die Begehung nutzen zu wollen, um das Haus zu stürmen und die Einrichtung zerstören zu wollen. Ziel sei es, das Haus dann für „unbewohnbar“ zu erklären und es so räumen lassen zu können. Innensenator Andreas Geisel (SPD) allerdings hatte wiederholt betont, es gehe nicht um eine Räumung.

Für die meisten Wohnungen in dem Haus gibt es zwar Mietverträge. Unklar ist aber, wer inzwischen dort wohnt. Dem Hausbesitzer, der Polizei und den zuständigen Behörden wird der Zutritt seit Langem verweigert.

Sendung: Inforadio, 15.06.2021, 14:20 Uhr

https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2021/06/bewohner-rigaer-strasse-94-eilantrag-verwaltungsgericht-gescheit.html

passiert am 15.06.21