Take-Back-The-Night Demobericht

Was für eine bestärkende Demo! Vielen Dank an die Orga, an die wütende und motivierende Lauti-Moderation, die kämpferischen und emotionalen Redebeiträge und dafür, den Schritt gewagt zu haben, in Berlin diese Demo auf die Beine zu stellen. Schließlich ist das an so einem aufgeladenen Wochenende, mit so vielen Bullen und in einer Stadt, wo mensch nie weiß, ob Leute lieber chillen, statt zu einer Demo zu gehen, eine mutige Aktion. Schon am Auftaktort hatten wir Gänsehaut-Momente, wenn uns durch die Reden und Rufe die Solidarität überwältigte.

Wir haben uns als Bezugsgruppe gut aufgehoben gefühlt. Auch wenn es natürlich ohne den Abstand wegen Corona noch besser ausgesehen hätte. Wir hatten den Eindruck alle um uns herum waren sehr aufmerksam, hatten ihre Gefährt*innen um sich und waren hoch motiviert, diese Demo durch zu ziehen. Egal wie oft uns die NRW-Bullen belabern und aufhalten wollten, um Zeit zu bekommen mehr Kräfte heran zu ziehen und unsere Geschwindigkeit zu dämpfen. Denn sie haben uns unterschätzt. Unsere Anzahl, unsere Entschlossenheit, unsere Lautstärke und unseren Hass!

Der Gedanke, dass Berliner Bullen mit dem Auftreten der Demo ganz anders umgegangen wären, bleibt realistisch. Das Fehlen deren Kamerateams und BFE (Beweis- und Festnahme-Einheiten), die schon beim ersten Abbrennen von Pyro heran gehechelt wären, öffnete uns viel Spielraum, den wir noch besser hätten nutzen können. Spätestens in Friedrichshain zeigte sich jedoch der massive Bullenapparat, der heran gezogen worden war, von zusätzlichen Hundertschaften der Berliner bis zu einem dutzend Zivi-Autos, die den Kiez um den Ostbahnhof bestreiften.

Unsere Erfahrungen mit Flinta*-only Demos waren in den letzten Jahren zwiegespalten. Wir hatten einerseits oft den Eindruck, die Stimmung überwiege, ein friedliches, entspanntes, musikalisches, glitzerndes Demo-Erlebnis vorzufinden. Dass die Demos immer im Hellen statt fanden und von gefühlt zwei Wannen begleitet wurden machte uns dann recht wütend. Vielleicht liegt dieses Bild daran, dass wir uns selten die Straße nehmen und einen gemeinsamen Ausdruck finden(müssen). Aber bestimmt auch daran, dass viele von uns einen Blick darauf haben, dass alle teilhaben können und weder von der Dunkelheit, dem Tempo oder dem Auftreten abgehalten werden sollten zu kommen. Eine Überlegung, die bei anderen Orgagruppen oft weg fällt.
Auf der anderen Seite wollten wir auch nicht dem Gefühl unterliegen, weil wir ohne cis-Typen unterwegs sind, zeigen zu müssen, dass wir auch was „reissen“ können, wenn sie nicht dabei sind.
Aber wir gewannen den Eindruck, dass viele Gruppen auf den Demos, wie z.B. der ersten My-Body-is-not-your-Porn Demo (wegen den Kameras auf Toiletten), nicht mal annähernd darauf aus waren den Konflikt zu suchen oder zumindest darauf vorbereitet waren, ob mit Typen am Rand der Demo, Anti-Feminist*innen mit Handys oder den Bullen.

Wir denken aber, wie es bei den Redebeiträgen der Take-Back-the-Night Demo auch die ganze Zeit gerufen wurde, dass das Patriarchat, Staat und Bullen zusammen gehören und auch als Ganzes bekämpft werden müssen. Es sind Herrschaftsstrukturen, die sich gegenseitig bedingen und dafür da sind Macht über andere Menschen auszuüben, zu unterdrücken, weg zu sperren und das System männlicher Vorherrschaft, Rassismus und Kapitalismus aufrecht zu erhalten.
Daher ist unser Motto auf Flinta*-Demos, wie auch auf jeder anderen Demo und an jedem anderen Tag: Wir sind nicht friedlich und wir lassen uns auch nicht befrieden! Wir kriegen nix geschenkt! Ohne Kampf und ohne Angriff, werden sie uns weiter einengen.

Daher freuten wir uns umso mehr, dass Menschen auf dieser Demo vorbereitet waren: In der Situation bei Verdi, als die Bullen den Versuch machten in die Demo zu boxen, schlossen sich etliche Ketten und die Bullen wurden unter Rufen zurück gedrängt. Es flogen Eier auf ein Hasir-Restaurant und das LKA in gelben Westen. Es wurde gesprüht und einiges an Pyro gezündet.
Es gab einen extrem stabilen und großen geschlossenen Frontblock, Menschen an den Seiten, die den Überblick behielten und die Demo hatte ein schnelles Tempo.
Es wurde ununterbrochen gerufen und hier hat sich für uns wieder gezeigt, dass eine Demo ohne Lauti viel mehr Power hat. Es ist auch sicherer für die Bewegung innerhalb der Demo, wenn nicht in der Mitte ein Auto die Demo teilt und wir uns an dessen Wendigkeit anpassen müssen.

Wir finden es ermutigend, dass es so viele Menschen in dieser Stadt und von außerhalb gibt, die diese beschissenen patriarchalen Verhältnisse nicht hinnehmen wollen und dass wir auf dieser Demo zusammen kamen.

Bildet Banden! Für mehr selbstbewusste Strukturen ohne Cis-Typen!

Liebig 34 lebt!
Gegen das Patriarchat und jede Form der Herrschaft!

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