Nachts neben einer Schnellstrasse. Grusswort aus der Klandestinität, Jahr 9

Es ist dunkel, grosse Steine liegen verstreut auf frischem Asphalt. Neben der neuen Spur, die hier gebaut wird, erstreckt sich eine Schnellstrasse ins unendliche Schwarz der Nacht. Die Luft riecht nach Sommer und statt lärmender Hektik ist nur zeitlose Stille zu hören.

Ich komme oft hierher, auf diese Baustelle, aus der irgendwann einmal eine weitere Schnellstrasse enstehen wird. Einem Labyrinth ähnelnd folge ich dem Weg, den mir die grossen Steine aufzeigen. Es ist ein langer Marsch bis ich mein Ziel erreiche, doch tief in mir drin weiss ich, dass sich die Anstrengung lohnt – dass sie sich jedes Mal gelohnt hat, wenn ich hierher kam. Nachdem ich den letzten Stein hinter mir gelassen hab, stehe ich vor einer asphaltierten Anhöhe, so wie man es aus San Francisco kennt. Ich mache mich also an den Aufstieg, um mein Ziel, den lang ersehnten Treffpunkt, endlich zu erreichen.

Die ganze Zeit über bin ich alleine unterwegs, doch ich fühle mich nicht einsam. Es ist, als ob ich mit dutzenden Unsichtbaren in dieselbe Richtung gehe. Am Treffpunkt angekommen, schaue ich über die Strassenklippe, die sich vor mir auftut. Hier, am höchsten Aussichtspunkt, endet die Baustelle abrupt. Ich schaue gen Horizont, in die mit funkelnden Lichtern bespickte Nacht. Und ohne mich umzuschauen weiss ich, dass ihr alle da seid und mit mir den Ausblick geniesst. Dann endet der Traum, und ich wache auf.

Nach 9 Jahren auf meiner Reise in der Klandestinität bin ich froh über diese Art von Träumen. Sie schaffen eine Brücke von Früher zu Jetzt, und das fühlt sich Ganz an in mir drin. Ich freue mich schon jetzt, mit euch wieder auf dieser Strassenklippe zu stehen und gemeinsam Ausschau zu halten.

Ich sende euch ein Lachen und meine Dankbarkeit.

In Liebe und Verbundenheit
Euer Gefährte aus dem Nirgendwo, 10. Juli 2025