Solidarität mit Daniela Info Nr. 35 / 2.6.2025

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„Die Solidarität lässt für sie, so sagt Daniela, die Sonne aufgehen“
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Hallo,
in Verden-Eitze werden erst mal doch keine Kundgebungen an den Prozesstagen stattfinden. Wenn allerdings zu einem bestimmten Prozesstag zahlreiche solidarische Menschen z.B aus der Stadt soundso anreisen, werden wir dann wieder eine Kundgebung anmelden.
Die nächsten Prozesstermine sind am Dienstag, d. 3. Juni 2025 um 10 Uhr und am Mittwoch, d. 4. Juni 2025 um 9 Uhr in Verden-Eitze, Weitzmühlenerstraße 48/50.
1. Prozesserklärung von Daniela
2. Zeitungsartikel junge Welt vom 30.5.25
3. Interview mit dem Rechtsanwalt Ulrich von Klinggräff
4. Das Flugblatt an die Bevölkerung in Verden-Eitze
Gruppe: Solidarität mit Daniela
Kontakt: solidarisch-mit-daniela@t-online.de
1.Die Prozesserklärung von Daniela vom 10.Verhandlungstag am 28.5.2025
Die junge Welt konnte sie auszugsweise in der Wochenendausgabe vom 31.Mai./1.Juni.2025 veröffentlichen.
Am 28. Mai gab Daniela Klette, nach Ansicht der Bundesanwaltschaft ehemaliges Mitglied der 1998 aufgelösten RAF, im laufenden Prozess gegen sie eine Erklärung ab, in der sie auch den millionenschweren Ausbau der Reithalle in Verden zum Gerichtsgebäude fungiert, kritisiert:
…) Es gibt ja tausend Ideen, die den meisten sofort einfallen, wo statt für solch einen irrationalen Komplex Geld äußerst willkommen wäre: Schulgebäude, Kitas, Schwimmbäder, Krankenhäuser, Klima- und Umweltschutz, Frauenhäuser, würdige Lebensbedingungen für Geflüchtete usw. (…)
Alle Anstrengungen werden auf Militarisierung und Kriegstüchtigkeit gerichtet – nach außen die Kriegstreiberei, die Aufrüstung und die deutsche Unterstützung des Völkermordes
in Gaza und der Westbank durch die ununterbrochene Lieferung militärischen Materials an die rechtsradikale israelische Regierung. Und selbst, wenn jetzt zaghafte kritische Äußerungen aus Regierungskreisen zur israelischen Kriegführung kommen, wird sich nur an Taten wie Sanktionen und dem Stopp aller militärischen Unterstützung zeigen, ob das mehr als Politikertheater ist. Dass es überhaupt zu solchen Äußerungen gekommen ist, ist nur durch die Kontinuität und Ausweitung des palästinasolidarischen Widerstands und dem stärker werdenden internationalen Druck erreicht worden.
Nach innen findet die Erweiterung der Polizeibefugnisse zur Überwachung und Verfolgung von Widerstand statt, unterstützt durch den technologischen Ausbau des Fahndungsapparates mit KI und Drohnen sowie die Endsolidarisierung innerhalb der Gesellschaft und die fortschreitende Entrechtung von Migranten, Geflüchteten und von Armut Betroffenen, die
Umsetzung rechtsradikaler Forderungen als Regierungspolitik und die verschärfte Repression gegen diejenigen, die sehen, dass Kapitalismus Krieg und Faschismus in sich trägt und zur
Zerstörung der Lebensbedingungen aller führt (…)
2.https://www.jungewelt.de/artikel/500946.staatsgewalt-noch-platz-auf-der-bank.html
Noch Platz auf der Bank
Verden: Prozess gegen Daniela Klette in überdimensionierter ehemaliger Reithalle fortgesetzt. Anwälte fordern Verlegung
Von Ariane Müller, Verden
Mit dem zehnten Verhandlungstag ist am Mittwoch der Prozess gegen Daniela Klette, nach Ansicht der Bundesanwaltschaft ehemaliges Mitglied der 1998 aufgelösten RAF, vor dem Landgericht Verden fortgesetzt worden. Für diesen Zweck wurde eine ehemalige Reithalle in Verden-Eitze zu einer Art »Festung« umgebaut und für rund zwei Jahre angemietet, weil das Gebäude des Landgerichts nicht den Sicherheitsanforderungen der Bundesanwaltschaft entsprach. Kostenpunkt: 3,6 Millionen Euro. Die ersten Prozesstage fanden noch im Staatsschutzsaal des Oberlandesgerichts in Celle statt. Vorgeworfen werden Klette von der Staatsanwaltschaft Verden 13 Aktionen zur Geldbeschaffung.
Der nun erstmals genutzte neue Gerichtssaal ist völlig überdimensioniert. Auch die Anklagebank. Es könne doch sein, dass in den nächsten Monaten eines von den beiden noch gesuchten angeblichen Ex-RAF-Mitglieder Volker Staub und Burkhard Garwig festgenommen wird, so die Staatsanwältin. Eine ziemlich abwegige Überlegung, denn wenn ein weiterer Angeklagter in diesem Kontext hier vor diesem Gericht stehen würde, müsste der Prozess wieder auf Null gestellt werden. Die Vertreterinnen und Vertreter der Medien sowie die Zuschauerinnen und Zuschauer sind durch eine Glasfront räumlich und akustisch getrennt. Bewegen sich im Eingangsbereich die Justizbeamten, spiegelt sich das in der Glasfront, so dass die Prozessbeteiligten nur noch schwer zu sehen sind. Die Akustik durch die Sprechanlage auf beiden Seiten ist eine Katastrophe. Die Stimmen der Prozessbeteiligten hallen, sind teilweise nicht zu verstehen.
Zum Prozessbeginn – und wenn eine Verhandlungspause beendet ist – ertönt über die Lautsprecheranlage ein Gong mit einer Computerstimme: »Bitte nehmen Sie Ihre Plätze ein.« Das erinnert viele an eine Durchsage in Schulen oder in Bahnhöfen. Bei einer solchen Durchsage muss Klette lachen.
Die Rechtsanwälte Undine Weyers, Lukas Theune und Ulrich von Klinggräff hatten einen Antrag beim Gericht eingereicht: Verlegung in das Landgericht Verden. »Denn der Ausbau dieser Reithalle zu einem Hochsicherheitsbereich suggeriert in der Öffentlichkeit eine enorme Gefährlichkeit, lässt Erinnerungen an Orte wie Stammheim – bewusst oder unbewusst – anklingen. Es geht damit also eine deutliche Vorverurteilung unserer Mandantin, die allein durch die Wahl des Verhandlungsortes als besonders gefährlich oder terroristisch gebrandmarkt werden soll, einher«, heißt es darin. »Dieser Saal ist Ausdruck eines völlig absurden, durch nichts zu rechtfertigen Sicherheitswahns. Vor wem hat man hier Angst? Vor unserer Mandantin? Vor irgendwelchen Kommandos, die fast 30 Jahre nach Auflösung der RAF hier einen Befreiungsversuch unternehmen könnten?« heißt es in einer Ergänzung von Rechtsanwalt Klinggräff. Am nächsten Prozesstag will die Kammer dazu eine Entscheidung verkünden.
Nach dem Antrag gab Klette eine Erklärung ab. Es sei empörend, dass für diesen Umbau 3,6 Millionen Euro ausgegeben worden seien. Es solle Stimmung in der Bevölkerung gegen sie gemacht werden: »Für die gibt’s Geld«, wo es doch an allen Ecken und Enden und vor allem für soziale Belange fehlt. Alle Anstrengungen des Staates würden auf die Militarisierung und Kriegstüchtigkeit gerichtet. Nach außen die Kriegstreiberei, die Aufrüstung, die Unterstützung des Völkermords in Gaza; nach innen durch die Erweiterung der Polizeibefugnisse zur Überwachung und Verfolgung von Widerstand, unterstützt durch den technologischen Ausbau des Fahndungsapparates.
Die Staatsanwältin regte sich mächtig über das Statement von Klette auf. Dieser Prozess sei ein ganz normales Strafverfahren, politische Erklärungen hätte da nichts zu suchen. Unbeeindruckt davon zeigte sich ein kleiner Vogel: Er überwand unbehelligt alle Sicherheitsvorkehrungen und zwitscherte aufgeregt im Publikumsbereich. Zwei Polizeibeamtinnen griffen sich das Vöglein und setzten es draußen wieder in Freiheit.
Junge Welt vom 30.5.2025
3.https://www.jungewelt.de/artikel/500726.prozess-gegen-daniela-klette-irrsinniger-und-unbegr%C3%BCndeter-sicherheitswahn.html
»Irrsinniger und unbegründeter Sicherheitswahn«
Zum bisherigen Verlauf des Prozesses gegen das mutmaßliche Ex-RAF-Mitglied Daniela Klette. Ein Gespräch mit Ulrich Klinggräff
Interview: Ariane Müller
Sie sind einer der Verteidiger von Daniela Klette. Was wird ihr vorgeworfen?
Ihr wird die Teilnahme an insgesamt 13 Raubüberfällen auf Geldtransporter und Kassenbüros von Einkaufscentern im Zeitraum zwischen 1999 und 2016 vorgeworfen. Dabei ist eine Tat aus dem Jahre 2015 von der Staatsanwaltschaft Verden als versuchter Mord angeklagt worden.
Warum fand der Prozess bisher in Celle statt?
Das Landgericht Verden ist der Auffassung, dass in diesem Verfahren besondere Sicherheitsmaßnahmen erforderlich sind und der Prozess deshalb nicht in einem »normalen« Verhandlungssaal stattfinden kann.
Darum wurde eine Reithalle in einem Vorort von Verden für 3,6 Millionen Euro zu einem riesigen Hochsicherheitssaal umgebaut. Das alles ist Ausdruck eines völlig irrsinnigen und gänzlich unbegründeten Sicherheitswahns. Gericht und Staatsanwaltschaft lassen keine Gelegenheit aus, zu betonen, es handele sich um ein ganz normales Strafverfahren und dass man am möglichen RAF-Hintergrund überhaupt kein Interesse habe. Durch die ganzen Sicherheitsmaßnahmen wird der Öffentlichkeit aber das Bild eines »Terrorverfahrens« vermittelt. Für uns stellt dies einen Verstoß gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens und eine erhebliche Verletzung der Persönlichkeitsrechte unserer Mandantin dar.
Ab dem 28. Mai wird die Verhandlung in Verden-Eitze fortgesetzt. Können Sie nach bisher neun Prozesstagen ein erstes Resümee ziehen?
Aktuell findet die Beweisaufnahme zu dem Raubüberfall auf einen Geldtransporter in der Ortschaft Stuhr 2015 statt. Das ist der Fall, der als versuchter Mord angeklagt ist. Hierzu finden viele Zeugenvernehmungen statt. Es geht um DNA-Spuren, um Schussverläufe und vieles mehr. Nach unserer Auffassung spricht einiges dagegen, dass Daniela Klette überhaupt am Tatort gewesen ist. Darüber hinaus halten wir die Behauptung, die Täter hätten einen Tötungsvorsatz besessen, für abwegig. Sie ist Ausdruck der politischen Aufladung dieses Verfahrens. Aus der vermuteten früheren RAF-Mitgliedschaft unserer Mandantin werden negative Rückschlüsse gezogen. Bezugnahmen auf willkürlich anmutende Behauptungen zur RAF, ihrer Struktur und ihren Handlungsweisen sollen den Mangel objektiver Erkenntnisse kaschieren. Das Gericht hat aber erklärt, sich von derartigen »RAF-Bezügen« freimachen zu wollen.
Frau Klette wurde zu jedem Prozesstag von der JVA Vechta nach Celle gebracht und musste dabei auf Anordnung Hand- und Fußfesseln sowie eine schwere Bleiweste tragen. Welchen Zweck verfolgen diese Maßnahmen?
Diese Maßnahmen zeigen den Ausnahmecharakter des Verfahrens und beeinträchtigen die Persönlichkeitsrechte von Frau Klette. Insbesondere unter der zwangsweise angelegten Bleiweste hat unsere Mandantin erheblich zu leiden. Diese verursacht Druck- und andauernde Nackenschmerzen und hat auch negative Auswirkungen auf ihre Konzentrationsfähigkeit. Grund sei eine angebliche Gefährdung unserer Mandantin. Klette sagte, dass sie auf derartige Schutzmaßnahmen verzichten kann. Diesbezüglich fanden und finden in den Verhandlungen regelmäßig Auseinandersetzungen statt. Die Maßnahme beruht zwar auf einer Anordnung der Haftanstalt, berührt aber auch den Verantwortungsbereich des Gerichts. Wir erwarten nun, dass die Anordnung der Bleiweste aufgehoben wird.
Werden diese Anordnungen weiterhin greifen, wenn der Prozess in Verden-Eitze weiterläuft?
Das Gericht hat am letzten Verhandlungstag mitgeteilt, dass jedenfalls die Vorführung unserer Mandantin in den Verhandlungssaal ohne Fesseln erfolgen soll. Die absurden Sicherheitsmaßnahmen auch auf dem Transport zu den einzelnen Verhandlungstagen sind nicht länger zu rechtfertigen und müssen aufgehoben werden. Frau Klette freut sich übrigens sehr über jede solidarische Unterstützung in diesem Verfahren.
Hinweis: In einer früheren Fassung des Interviews wurden durch redaktionelle Bearbeitung leider zwei sinnentstellende Änderungen vorgenommen, die hier korrigiert wurden. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen. (jW)
4.Liebe Bevölkerung in Verden-Eitze,
Wie Sie sicherlich schon seit Wochen wissen, findet ab dem 28. Mai 2025 der Prozess gegen Daniela Klette, nach Ansicht der Bundesanwaltschaft ein vermeintliches ehemaliges Mitglied der 1998 aufgelösten RAF, vor dem Landgericht Verden statt. Das Gebäude des Landgerichts in Verden ist nach Behördensicht angeblich nicht sicher. Aus diesem Grund wurde eine ehemalige Reithalle in der Weitzmühlenerstraße 48/50 zu einer Gerichtshalle, regelrecht zu einer „Festung“ umgebaut und für rund 3,6 Millionen aus Steuergeldern angemietet. Daniela Klette wurde seit über 30 Jahren wegen vermeintlicher Mitgliedschaft in der RAF (inzwischen verjährt) und wegen 2 Aktionen, zu der sich die RAF damals bekannte, gesucht.
Sie wurde Ende Februar 2024 in Berlin verhaftet. In dem jetzigen Prozess wird ihr außerdem vorgeworfen, an 13 Überfällen auf Geldtransporter und Kassenbüros von Einkaufszentren beteiligt gewesen zu sein. Dabei ist eine Tat, der Überfall in Stuhr aus dem Jahre 2015 von der Staatsanwaltschaft Verden als versuchter Mord angeklagt worden.
Bereits die Aussagen der Zeug*innen in den ersten Prozesswochen in Celle sprechen dagegen, dass Daniela Klette überhaupt am Tatort gewesen ist. Keine(r) hat eine Frau erkannt, sondern alle haben von drei Männern, teilweise mit einem osteuropäischen Akzent, berichtet.
Wir, die Gruppe „solidarisch mit Daniela“ empfinden diese Art der Prozessführung, den Umgang vieler Medien damit und die teure staatliche Symbolpolitik mit völlig überzogenen Fahndungsmaßnahmen und hoher Polizeipräsenz an einzelnen Prozesstagen absurd. Wir wollen stattdessen eine andere Gesellschaft, in der Menschen keine andere Menschen unterdrücken und ausbeuten. Wir hassen Ungerechtigkeiten. Die jetzige kapitalistische Gesellschaft stellen wir in Frage, weil alleine in Deutschland die reichsten 10% über 67% des Vermögens besitzen, während wir uns als ärmere Hälfte der Bevölkerung 1% Vermögen teilen. Ein Bruchteil der Menschheit „lebt“ auf Kosten der übrigen Mehrheit.
Wir haben uns zusammengefunden, weil wir die Wut und gleichzeitig die Hoffnung auf ein besseres Leben für alle Menschen mit Daniela Klette teilen. Wir sind in diesem Zusammenhang mit ihr solidarisch gegen einen staatlichen und medialen Umgang, der wie eine Hetzjagd wirkt, auf alle, die dieses System in Frage stellen.
An den Prozesstagen, in der Regel am Dienstag und am Mittwoch, wird es in Ihrer Gegend etwas lebhafter zugehen. Nicht nur die unmittelbaren Beteiligten werden dem Prozess beiwohnen, sondern auch viele Journalist*innen und Zuschauer*innen. Wir werden an jedem Prozesstag vor der dem Eingang eine kleine Kundgebung mit einem kleinen Infostand anmelden. Wir würden uns freuen, wenn sie Fragen haben sollten, kommen Sie bitte zu uns.
Kontakt: solidarisch-mit-daniela@t-online.de
Gruppe: Solidarität mit Daniela