Zunehmende Repression, fehlende Strategien? Der Versuch einer Einordnung und Kritik des bestehenden Umgangs mit Repression
Lange haben wir uns zum Thema nicht geäußert, mit diesem Text wollen wir das ändern. Wir haben uns Anfang des Jahres 2020 von „Soligruppe Berlin der GG/BO“ zu „Criminals for Freedom“ umbenannt, unter anderem weil wir der Meinung sind, dass es in einem zunehmend offenkundig faschistisch agierenden Staat von Tag zu Tag wichtiger wird, linksradikale* Politik zu verteidigen, auszubauen, und offensiv zu agieren (siehe unser Selbstverständnis). Dieses Verständnis entsprang zum einen unserer Verortung als linksradikale Struktur, welche sich als Teil einer linken Bewegung sieht, die zusammenhalten und zusammen kämpfen sollte. Zum anderen waren und sind wir aber auch der Meinung, dass umso offenkundiger ein Staat faschistisch und autoritär agiert, desto mehr und häufiger wird die Repression auch linksradikale Strukturen treffen – und nun stehen wir hier…
In erster Linie fehlt uns die Sichtbarkeit von Repression, Anti-Repressionsarbeit und Soliarbeit. Dem entgegenzuwirken bedeutet als ersten Schritt, Repression nicht zu verschweigen. Leider machen aber immer noch viele die ihnen widerfahrende Repression mit sich selbst aus. Das mag verschiedene Gründe haben. Der neoliberale Gedanke „Ich schaffe das auch allein, ich brauche niemanden“ mit einer Mischung aus (Berliner) Arroganz „Ich kann damit eh am besten umgehen, ich vertraue niemanden außer mir, ich weiß am besten was ich brauche und mach das selbst“ spielen sicherlich mit ein. Vor allem bei nicht öffentlich bekannt gemacht wordenen Hausdurchsuchungen wurde in der Vergangenheit immer wieder deutlich, dass Betroffene die Durchsuchung als „ihr Ding“ begreifen. Dass diese Einstellung sehr gefährlich ist, liegt auf der Hand. Nicht nur, dass eine Hausdurchsuchung meist niemals für sich allein steht sondern weitere Repression, also weitere Betroffene, nach sich zieht und diese durch die Nichtveröffentlichung einer Hausdurchsuchung im Dunkeln von „den eigenen Leuten“ stehen gelassen werden. Die Einstellung impliziert generell, dass Repression angeblich etwas individuelles sei und kein Angriff auf uns alle wäre, womit diejenigen, welche ihre Repression verschweigen, mitverantwortlich dafür sind, dass unser kollektives Bewusstsein mindestens geschwächt, bis teilweise nicht vorhanden ist. Oder einfacher gesagt: Ein gemeinschaftliches Bewusstsein kann nicht entstehen, wenn wir uns nicht als Gemeinschaft begreifen, sondern dem neoliberalen Gedanken des Einzelkämpfers Folge leisten.
Es muss aber auch nicht unbedingt an den Betroffenen liegen, dass Repression teilweise immer noch sehr vereinzelnd angegangen wird.
Verantwortlich dafür sind auch die fehlenden solidarischen Strukturen. Diese entspringen sicherlich u.a. demselben neoliberalen Gedanken, welchen einige Betroffene inne haben: „Wenn wir denen schon helfen sollen, müssen die den ersten Schritt machen“ ist ein Gedanke, welcher sich sicherlich (oder hoffentlich) zügiger auflösen lässt als „Die schaffen das sicherlich auch ohne uns“ hin zu „das geht uns nichts an, das hat mit uns nichts zu tun“. Wir denken, der erste Gedanke lässt sich aushebeln, wenn wir Solidarität nicht als neoliberale Dienstleistung verstehen, der zweite und dritte hingegen impliziert leider wieder, uns nicht als eine Bewegung zu begreifen, welche gemeinsam kämpfen und sich entschlossen gegen den Staat und seine Schergen stellen sollte. Dass dies mitunter unsere größte Schwäche im Kampf gegen jeglichen Unterdrückungsformen, den Staat und Repression ist, liegt auf der Hand und sollte deswegen unserer Meinung nach dringend als Problem benannt und angegangen werden.
Die eigenen Rassismen, Vorurteile und Diskriminierungen, also auch die strukturelle Gewalt, welche von der Linksradikalen ausgeht, spielen bei den oben genannten Problemen ebenso mit ein, weswegen wir uns dringend damit auseinandersetzen müssen. Es ist leider immer noch sehr auffällig, dass beispielsweise Menschen, die wegen des §129b (Bildung einer ausländisch terroristischen Vereinigung) angeklagt sind, weniger Solidarität von weißen und/oder deutschen Linken erfahren, in Anbetracht der Tatsache, wie diese sich bei „ihrer“ Repression mit anderen weißen und/oder deutschen verbündeln. Wenn Repression Frauen, Inter, Trans* oder sich nicht binär verortende Menschen trifft, ist es leider ebenso offensichtlich, dass die Unterstützung oft auch primär eher aus diesen Reihen kommt als von Cis Männern. Solche Probleme sollten wir ebenfalls dringend benennen, hinterfragen und angehen. Wenn wir die Gewalt, welche wir untereinander selbst ausüben, sei es z.B. durch die fehlende Solidarität mit People of Color, schwarzen, migrantischen, migrantisierten, „als ausländisch gelesene“ und/oder antipatriarchalen Strukturen, reproduzieren wir die rassistische sexistische staatliche Gewalt – welche wir ja eigentlich bekämpfen wollen.
Diese strukturelle Gewalt spiegelt sich auch darin wieder, dass „nicht organisierte“ ² Menschen mit ihrer Repression teilweise immer noch sehr allein dastehen. Wie oben schon erwähnt, liegt das sicherlich an fehlenden solidarischen Strukturen, aber sicherlich ebenfalls an der arroganten und neoliberalen Haltung einiger „Organiserter“. „Der*die wurde ja nur einmal auf einer Demo festgenommen, das ist nichts im Vergeleich zu anderen Repressionschlägen, der*die packt das schon!“ oder „Was soll ich dem*der denn helfen, den*die kenne ich ja nichtmal“ bis hin zu „Unsere Demo lief gut, am Ende wurden nur ein paar Punker festgenommen, aber die waren ja auch so blöd und haben sich nicht schon vor dem Demoende verpisst“ sind alles gewalttätige Gedanken und Aussagen, die nicht nur von einer „Wir-Die-Logik“ ausgehen, sondern bestimmte Individuen und zugeschriebene Gruppen auch noch politisch diffamieren, indem diesen Menschen mit diesen Worten der politische Wert abgesprochen wird.
Die fehlenden solidarischen Strukturen entspringen aber auch einer nicht vorhandenen Auseinandersetzung mit Repression. Es ist immer wieder auffällig, wie vor allem in Berlin zu unzähligen Demonstrationen und Aktionen aufgerufen wird, die Repression aber meist erst mitgedacht wird, wenn sie eintrifft – und manchmal sogar leider nicht einmal dann. Strukturen und Initiativen planen wiederständige Momente – bereiten sich aber nicht auf die mögliche Antwort des Staates vor. An dieser Stelle scheint uns die politische Analyse dieser Strukturen fraglich – wenn uns wirklich bewusst wäre, dass der Staat ein faschistisches autoritäres Arschloch ist, sollten wir dann nicht seine Angriffe auf uns immer und fortlaufend einplanen?
Generell sollte jeder*jedem klar sein, dass jegliches politisches Handeln mit Repression beantwortet werden kann – und doch sind einige Betroffene immer noch geschockt darüber, wenn der Strafbefehl in die Haustür flattert. Unserer Meinung nach fehlt an solcher Stelle das politische Bewusstsein. Die Aussage klingt hart und gemein und soll sicherlich nicht diejenigen treffen, welche gerade anfangen, sich zu politisieren/organisieren und dann von der Repression überrascht werden. Aber auch Leute, die länger dabei sind, die mit großer Klappe Veranstaltungen und Demos organisieren, widerständige Aktionen planen und propagieren, wie hässlich und ungerecht doch der Staat ist, sind manchmal regelrecht geschockt und auf einmal auffällig schweigsam, wenn sie das erste Mal die Gewalt des Staates spüren. An dieser Stelle denken wir, dass u.a. politisches Bewusstsein Mangelware ist – wohingegen Selbstprofilierung und Rumgemackere eher die Werte sind, welche solche Menschen reproduzieren. Dass auch dieses Verhalten gefährlich (für uns alle) ist, sollte ebenfalls klar sein.
Weiterhin sind wir als
ich auch an einer Sichtbarkeit der Strategien gegen Repression. Das ist natürlich nur logisch, wenn man davon ausgeht, dass nicht einmal die Repression sichtbar gemacht wird. Allerdings fehlt es uns, auch in Anbetracht der si
Wir denken, es fehlt in erster Linie an Sichtbarkeit von Repression, daraus resultiert allerdings auch, dass es an Diskussionen und Austausch über all diese Fragen fehlt. Gleichzeitig kritisieren wir einige Definitionen und (z.B. neoliberale) Wertungen von Repression, arroganten Haltungen einiger (Berliner) Aktivist*innen und das fehlende Verständnis und die fehlende Auseinandersetzungung mit Repression. Schlussendlich denken wir, dass wir derzeitig, was das gesamte Thema angeht, zu defensiv agieren – was in Abetracht der Verhältnisse super gefährlich ist.
Wir würden uns wünschen, dass wir wieder viel mehr über Repression und Repressionserfahrungen sprechen und in den Austausch darüber kommen.
Als ersten Schritt sollten wir deswegen Repression wieder viel sichtbarer machen. So wie die Solistrukturen bundesweit dezentral arbeiten, so sollten wir auch mindestens auf den dezentralen Kanälen, welche es schon lange gib
Dadurch kann auch gleichzeitig der zweite Schritt gegangen werden, nämlich sich über die Reperessionserfahrungen auszutauschen. Mithilfe des Austausches können wir Verbündete suchen und ein solidarisches Umfeld aufbauen.
Wir werden dabei sicherlich teilweise an unsere Grenzen in Anbetracht inhaltlicher Diskussionen, erlebten Diskriminierungen, unterschiedlichen (gesellschaftlichen) Positionen, „roter Linien“ und unterschiedlicher Haltungen, geraten. Wenn wir uns verbünden wird das nicht immer leicht. Es ist teilweise anstrengend, sich mit Menschen auseinanderzusetzen, die nicht alle einer Meinung sind, unterschiedliche Erfahrungen gemacht und unterschiedliche gesellschaftliche Positionen haben und deswegen vielleicht unterschiedliche Ansichten, Strategien und Ideen tragen. Allerdings sollte es auch nicht unser Anspruch sein, immer in der „gleichen linken Blase“ herumzutapsen, welche uns (inhaltlich) am nächsten liegt. Dadurch bewegen wir uns nur im Kreis. Wenn wir uns nicht einmal auf „andere Linksradikale“ einlassen, die sich außerhalb unserer „linksradikalen Blase“ befinden, wie wollen wir dann dem Anspruch haben, Kämpfe zu führen, die gesellschaftlichen Einfluss haben?
Unserer Meinung nach können wir, trotz inhaltlicher Differenzen und hoffentlich auch trotz unterschiedlicher gesellschaftlicher Positionen, aus einem entschlossenen Zusammenschluss und gemeinsamen Kämpfen eine Stärke entwickeln, welche wir aktuell noch nicht besitzen.
Durch die Sichtbarmachung unserer Repression, durch den Austausch und die Vernetzung zeigen wir dem Staat außerdem, dass unsere Antwort eine Offensive ist.
Innerhalb der deutschen Linken wird sich leider immer noch manchmal von offensiven und vor allem militanten Aktionen und Strategien distanziert. Wir finden es immer wieder wichtig zu betonen: der offensive, militante Widerstand ist, spätestens wenn der Staat uns und Unterdrückte angreift (also eigentlich immer) absolut notwendig! Der Gewalt des Staates und der Gesellschaft kann und darf nicht friedlich begegnet werden – denn der Frieden mit dem Feind mündet darin, sich auf ihn einzulassen, sich in ihn einzugliedern und sich ihm zu unterwerfen (Auch dazu haben schon viele andere Gruppen, Initiativen und Organisationen Analysen geschrieben, wie zum Beis
Entgegendessen sollten wir dem Staat lieber zum zittern bringen: er soll Angst vor uns haben, er soll sich bewusst sein, was für Konsequenzen es hat, wenn er uns und/oder Unterdrückte angreift und vor diesen Konsequenzen sollte er sich fürchten.
Gleichzeitig sollten wir auch nicht auf einem Level rummackern, in welchem wir eigenen Ansprüchen nicht gerecht werden. Auf der einen Seite kann somit nämlich, wenn unser ausgerufener Anspruch nicht erreicht wird, ein Ohnmachtsgefühl entstehen, auf der anderen Seite produzieren wir dadurch wieder Auschlüsse, die es dringend zu vermeiden gilt. Dazu hat Beispielsweise auch schon die Interkiezionale in ihrem Auswertungstext der „Liebig34 Tag X“ Demo am 09. Oktober unter der Teilüberschrift „Verbaler Radikalismus“ eine Kritik formuliert, die unserer Meinung nach auf viele Aktivist*innen zutrifft uns sich deshalb zu Herzen genommen werden sollte. Strukturelle und patriarchale Gewalt heißt auch Rumgemackere in den eigenen Reihen – welche wir, wenn wir dem patriarchalen Staat und der Gesellschaft den Kampf ansagen wollen, dringend angehen müssen.
Im Bezug auf Repression bedeutet das, dass der Angriff auf beispielsweise Repressionsbehörden absolut nötig ist, eben weil wir keinen „Frieden“ mit ihnen schließen, sondern sie zerstören wollen. Gleichzeitig muss auch die direkte Unterstützungsarbeit (mit welcher man natürlich, weil es „Care Arbeit“ ist, weniger rummackern kann), offensiv sein. Unserer Erfahrung nach freuen sich Gefangene beispielsweise darüber, wenn Wärter*innen durch einen Hausbesuch zur Rechenschaft gezogen werden, aber auch über Feuerwerke, Solifotos, Bücher, Briefe und Pakete, welche einen kurzen Moment den Haftalltag unterbrechen können – Wärter*innen sind dabei all diese solidarischen Botschaften zuwider, weil sie darum wissen, wie gefährlich es für sie ist, wenn wir zusammen stehen, zusammenhalten und uns nicht spalten lassen.
Dieses „zusammenhalten“ und „gemeinsam kämpfen“ birgt natürlich auch Risiken mit sich, welche wir nicht verharmlosen wollen.
So ist das Bündnis „gemeint sind wir alle„, welches sich solidarisch mit den Betroffenen der 129er-Verfahren zeigt, auf der einen Seite ein gutes Beispiel für einen Zusammenschluss verschiedener politischer Haltungen und gesellschaftlichen Positionen, gleichzeitig muss bei solch großen Bündnissen immer mitgedacht werden, dass „gemeinsam kämpfen“ nicht mit allem und jeden meint.
So sehen wir die Notwendigkeit solcher Bündnisse als einen Versuch mehr zusammenzukommen als nur mit den Freund*innen und dem solidarischen Umfeld, welches wir vielleicht eh schon haben (oder auch nicht haben). Trotz dessen sollten wir weiterhin staatsnäheren oder staatsnahen Gruppen kritisch gegenüberstehen und uns, entgegen vieler Beispiele in der Vergangenheit, uns nicht von ihnen vereinnahmen lassen.
Konkret bedeutet das, dass wir die Motivation eines solchen Bündnisses verstehen und es auch notwendig finden, großflächiger zusammenzukommen. Linksradikale Ideen, Inhalte und Aktionen dürfen dabei aber nicht geschwächt werden. Sich dafür zu entscheiden, nicht mit staatsnahen Gruppen arbeiten zu wollen, finden wir deswegen gleichzeitig nicht auch nur legitim, sondern !spätestens! bei Distanzierungen und Entsolidarisierungen (Klassiker: z.B. bei solidarischen Aktionen) absolut notwendig.
Offensiv zu agieren beudeutet weiterhin, unsere eigene Politik auch zu verteidigen. In der Vergangenheit gab es beispielsweise unzählige Verfahren gegen Antifaschist*innen – nur ein Bruchteil davon wurde öffentlich gemacht oder gar eine Strategie gegen die Repression forumuliert.
Das wundert deswegen so sehr, weil doch gerade die Verteidigung antifaschistischer Arbeit und Aktionen für Linksradikale wenig Widerspruch auslösen und deswegen strategisch „unkompliziert“ sein sollte. In der Praxis vermissen wir allerdings eben diese Verteidigung der eigentlich, manchmal schon gesellschaftlich akzeptierten Methoden wie „Nazis aufs Maul“.
So haben solidarische Menschen aus Berlin nach der Verhaftung von Lina E. beispielsweise klar formuliert: „Ob schuldig oder nicht – Wir feiern, sind und supporten Frauen*, die Nazis boxen!“, ebenso offensiv wurde von der Rigaerstr 94 der krasse Sexismus, den Lina E. medial erfährt, reagiert .
Gleichzeitig wird in der oben genannten Verteidigung die antifaschistischen Praxis „Nazis boxen“ verdeutlicht, dass sich nicht auf das vom Staat etablierte Konstrukt „schuldig oder unschuldig“ eingelassen wird. Wir finden es immer wieder wichtig zu betonen: diese Konstrukte dienen dem Staat lediglich dazu, uns in „gut“ und „böse“ zu spalten. „Gut“, also „unschuldig“ sind dabei die, welche die Gesetze des Staates befolgen, „böse“ und „schuldig“ sind diejenigen, welche sie brechen. Mit dieser Konstruktion wollen sie uns zu „guten“, also staatlich angepassten Menschen zwingen. Für alle freiheitsliebenden Menschen ist der Staat allerdings unser Feind und damit auch seine Gesetze und Regeln. Gleichzeitig sollen die Konstrukte Handlungen von ihrem politischen und gesellschaftlichen Kontext isolieren und die tatsächliche Gewalt, die vom Staat ausgeht, unsichtbar machen. Sich auf diese Kontrukte einzulassen oder sich „schuldig zu bekennen“ oder die „eigene Unschuld zu beteuern“, bedeutet dementsprechend auch, sich von autoritäten Methoden vereinnahmen zu lassen und das staatliche Spiel mitzuspielen.
U.a. deswegen ist es in der Linksradikalen weit verbreitet, keine Aussage und keine Einlassung vor Gericht zu machen. Fast alle Solidaritätsstrukturen plädieren dafür, gleichzeitig vermissen wir leider auch das in der Praxis. Immer wieder lassen sich Betroffene auf Justiz und Gerichte ein, indem sie mit ihnen plaudern. Weshalb das so gefährlich ist, haben schon etliche Strukturen erklärt, weshalb wir an dieser Stelle nicht detailliert darauf eingehen wollen (beispielsweise die Rote Hilfe).
Vielmehr wollen wir nocheinmal zur Diskussion bringen, dass es in der Vergangenheit auch Menschen gab, welche sich nicht „schuldig“ im Sinne des Staates erklärten, gleichzeitig klar formulierten, dass sie eine Tat begangen haben, weil sie politisch wichtig ist. Das kann natürlich widersprüchlich zu der Aussageverweigerung sein, allerdings sehen wir in solchen konkreten Fällen dass es möglich ist, hinter einer Handlung zu stehen, sich gleichzeitig aber auf ihre Konstruktion von Schuld und Unschuld nicht einzulassen. Dafür ist u.a. entscheidend, vor wem/was die Handlung eingestanden wird. Sich dafür zu entscheiden, eine Tat beispielsweise öffentlich/medial (also nicht im Gericht) „zugeben“ zu wollen möchten wir als Teil einer offensiven Strategie nicht absprechen – nur wollen wir darauf hinweisen, dass sich Betroffene dann natürlich über die Konsequenzen (auch in Anbetracht der Tatsache, dass es dadurch weitere Betroffene von Repression geben kann) bewusst sein müssen.
Solidarisch zu sein mit den Betroffenen von Repression, unabhängig davon, welche Strategien sie wählen, sollte dabei immer die Grundlage der politischen Arbeit sein. Das heißt nicht, dass wir uns für die jeweiligen Strategien nicht kritisieren können und es heißt auch nicht, dass wir uns mit allem und jeden bedingungslos solidarisch zeigen sollten. Aber wir würden uns wünschen, dass selbst wenn Menschen Strategien wählen, welche wir selbst ablehnen, wir diese Menschen nicht verurteilen oder gar unserer Solidarität entziehen.
Solidarität bedeutet in dem Zusammenhang auch: keine Spekulationen, kein Gerede, welches im Endeffekt wenn dann eh nur den Cops und dem Staat was nützt, keine Mutmaßungen und Lästerien – all das würde uns nur zum Fraß vor die Cops und den Staat werfen, uns (wieder) spalten und damit letzten Endes vereinzeln.
Insgesamt würden wir uns also wünschen, Repression wieder offensiver, das heißt auch ohne die Einlassung auf staatliche Methoden, anzugehen. Wir wollen aber auch nicht die eine Strategie vorgeben, an die sich dann doch bitte alle zu halten haben. Vielmehr würden wir uns wünschen, dass unterschiedliche Heransgehensweisen wieder ehrlicher mehr diskutiert werden – denn auch wenn beispielsweise die Aussageverweigerung angeblicher Konsens innerhalb der Linksradikalen ist, plappern einige doch immer noch ganz schön viel vor Gericht. Woran liegt das? Was ist die Strategie der plappernden Menschen? Wie gehen wir damit um, dass andere vor Gericht reden? Können/wollen wir uns dann solidarisch zeigen? Unter anderem diese Fragen würden wir gerne wieder mehr diskutieren, ohne uns gegenseitig zu verurteilen und gänzlich unsolidarisch zu zeigen.
Schlussendlich ist auch ein Teil der strukturellen Gewalt, dass unorganisierte Menschen oft mit ihrer Repression alleine dastehen und vielleicht auch deswegen aus Unsicherheit anfangen, mit Gerichten und dem Staat zu reden.
Wir denken, mithilfe der Dezentralität, welche wir teilweise für Aktionen und Nachrichten-Debattenplattformen entwickelt haben, können und sollten wir auch dieses Problem angehen. #besetzen und die Interkiezionale haben beispielsweise ein ausführliches „How To“ im Umgang mit Repression erstellt und bieten gleichzeitig Unterstützung an für Menschen, welche auf „ihren Aktionen“ Repression erfahren.
Zum einen ist das begrüßenswert, weil sich Strukturen offensichtlich noch vor der Aktion Gedanken machen, wie man mit Repression umgehen sollte und Unterstützung für Betroffene anbieten. Repression wird dadurch nicht mehr zum „lästigen Nebenthema“, welches erst angegangen wird, wenn wir die Gewalt des Staates erfahren, sondern ist Teil eines politisches Bewusstseins im Kampf gegen den Staat.
Zum anderen haben die Strukturen damit einen Beitrag dazu geleistet, ein dezentrales Unterstützungsnetzwerk aufzubauen und „ihre Leute“, wobei das Verständnis ein sehr viel weiteres ist als „Freund*innen und Umfeld“, nicht im Stich zu lassen. Das kollegiale Bewusstsein kann somit gestärkt, die Trennung zwischen „die und wir“ aufgehoben werden. Somit haben auch „nicht oragnisierte“ Leute die Chance, Unterstützung zu erhalten und sind dann auch garnicht mehr so „nicht organisiert“.
Wir müssen und sollten uns nicht bedingungslos inhaltlich solidarisch mit Handlungen, Taten oder Meinungen der Betroffenen von Repression zeigen. Aber
bedienen
² damit meinen wir Menschen, welche kein Teil von organisierten Gruppen sind oder so gelesen werden