Blutrote Farbe im Neptunbrunnen: Protest gegen Polizeigewalt
Aktivist*innen färbten heute am Roten Rathaus das Wasser des Neptunbrunnens rot, um an den vor 10 Jahren von der Polizei erschossenen Manuel F. zu erinnern. Ein Berliner Polizist erschoss den psychisch Kranken, während er im Neptunbrunnen eine psychische Krisensituation erlitt. Die Menschenrechtsaktivist*innen schrieben mit Sprühkreide „Manuel F. 28.6.2013“ auf das Pflaster vor dem Brunnen, um dem Opfer von Polizeigewalt zu gedenken.
Rosa Brunn, Sprecher*in der Menschenrechts-Aktivist*innen erklärt: „Während gewaltaffine Polizei-Beamt*innen mit immer neuen Waffen ausgerüstet werden, gedenken wir anlässlich des Todestages symbolisch den Opfern von Polizeigewalt“.
Keine Freunde, keine Helfer
Die rote Farbe steht für das vergossene Blut. Der psychisch kranke Manuel F. befand sich am 28.6.2013 nackt mit einem Brotmesser in der Hand und Selbsgespräche führend im Neptunbrunnen, ohne dass von ihm eine Gefahr für sich oder andere ausging. Statt eine für psychische Krisensituationen ausgebildete und kompetente Person zur Hilfe zu holen, entschied einer der Polizeibeamten am 28.6.2013, die Angelegenheit einfach auf Cop-Art zu regeln: Dumm rummackern, Dominanz und Stärke ausstrahlen, bei Bedarf schlagen, pfeffern, tasern, foltern und schießen. Statt irgendwas sinnvolles zu tun, stieg er deshalb in den Brunnen, makerte und tatschte Manuel F. an. Als dieser weiter Selbstgespräche führend auf den Beamten reagierte und auf ihn zuging, schossen ihn die Beamten tot.
Todesschüsse sind ok?
Die Deutsche Polizeigewerkschaft fand das ok, denn man könne „nicht alle Konflikte dieser Welt sprachlich lösen“. Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen ein, da es sich na klar wie immer bei polizeilichen Todesschüssen um reine Notwehr gehandelt habe. Sie lehnte außerdem eine Beschwerde gegen die Einstellung der Ermittlung ab. Der Jurist Jonas F., Bruder des Opfers, findet das falsch, denn: „ein unabhängiges Gericht [sollte] entscheiden und nicht die Staatsanwaltschaft, die Tag für Tag mit den Polizisten zusammenarbeitet“.
Keine Ausnahme
Im Zeitraum von 2010-2014 waren zwei Drittel der von deutschen Polizisten ermordeten Personen psychisch krank, verwirrt oder suizidal. Rosa Brunn, sagt dazu: „Die Aufgabe der Polizei ist die gewaltvolle Durchsetzung von Herrschaft. Dafür werden Polizist*innen ausgebildet. Mit toxischer Männlichkeit stacheln sich Polizist*innen gegenseitig zu noch mehr Gewalt an. Der Korpsgeist sorgt dafür, dass Beamt*innen ihre Zeugenaussagen absprechen und sich darum kümmern, dass ihre Kolleg*innen für ihre Gewaltakte unbestraft bleiben und einfach weiter machen dürfen. Manuel F. könnte noch leben, wenn unsere Gesellschaft statt jedes Jahr mehr Geld für staatlich bezahlte Gewalttäter*innen auszugeben, in einen angemessen aufgestellten psychatrichen Notdienst und Sozialarbeit investiert hätte.“
Auch Taser helfen nicht
Aktuell werden die Cops mehr und mehr mit Tasern ausgerüstet. Dies soll Todesschüsse verhindern. Doch auch an Tasern sterben Menschen. Außerdem zeigen Studien, dass die wenigsten Taser-Einsätze ein Ersatz für Schusswaffengebrauch sind. Statt dessen nutzen die Cops Taser, um Menschen zu Verhalten zu zwingen, dass diese nicht wollen. „Das nennt man Folter“ sagt Rosa Brunn. „Statt was gegen die ätzenden stärkedominierten sexistischen rassistischen Weltbildern und tödlichen Verhaltensweisen der Cops zu tun, drückt die Politik ihnen Folterinstrumente in die Hand“ sagt Rosa Brunn.
223 tote PoC in Polizeizellen
„Statt staatlich bezahlte Gewalttäter*innen zu verklären, muss unsere Gesellschaft viel genauer hinschauen, welchen Leuten wir da ein Gewaltmonopol in die Hand drücken“ sagt Rosa Brunn. Die aktuelle Polizeistudie zeige, dass über 70% der befragten Cops demokratischen Grundrechten negativ bis indifferent gegenübersünden und rassistische Feindbilder vertreten oder es nicht schlimm fänden, wenn ihre Kolleg*innen es tun. „Kein Wunder, dass deutsche Polizist*innen seit 1990 223 People of Color in Polizeigewahrsam getötet haben.“ (https://doku.deathincustody.info/).
Vermögensschere zuklappen
„Und auch grundlegend müssen wir etwas ändern“ sagt Rosa weiter. Denn weltweit zeige sich: Je weiter die Vermögensschere auseinander gehe, desto unsicherer die Länder und durchgeknallter die Cops. „Eine Polizei, die nur die Reichen schützt, können wir uns nicht leisten.“
Planänderung
„Eigentlich waren wir extra zum zehnten Jahrestag Manuels Todes gekommen, um die Gedenkaktion durchzuführen“, erzählt Rosa Brunn. Doch letzte Woche war der Neptubrunnen anlässlich einer Veranstaltung mit Bauzäunen umgeben und somit unzugänglich. „Das sollte uns aber nicht aufhalten, an die tödliche Polizeigewalt zu erinnern. Deswegen haben wir die Aktion um eine Woche verschoben.“