Kann Anzeigen konstruieren, kann vor Gericht fabulieren – 110 Lügen

2016 demonstrierten ca. 4000 Menschen gegen die Teilräumung der Rigaer Straße 94. Nach der Demo haben Polizist*innen Kikou anlasslos verprügelt und festgenommen. Nun muss er sich auch noch schweren Vorwürfen stellen. Angeblich soll er eine Flasche geworfen haben. Als Beweismittel werden widersprüchliche Aussagen der Cops und nichtssagende Videoausschnitte angeführt. Seid solidarisch: Kommt zur Kundgebung gegen den Gerichtsprozess und Polizeigewalt vor dem Amtsgericht Tiergarten am 05.10.2021 ab 09:00h vor der Turmstr. 91.

Henkels Vietnam und die Kiezdemo 2016
Rückblick: Am 22.06.2016 wurde unter Innensenator Frank Henkel (CDU) die Kadterschmiede illegal geräumt und Bereitschaftpolizei sowie Staatsschutz belagerten wochenlang den Friedrichshainer Nordkiez. Daraufhin zog am 09.07.2016 ein lauter, entschlossener und vor allem wütender Aufzug durch die Straßen. Umso eifriger knüppelte die Polizei am Endplatz der Demo auf alles ein was sich noch regte und es gab 86 Festnahmen. Die Polizist*innen verprügelten auch die Geschwister Kikou und Lilou. Im Nachhinein warfen die Cops ihnen schwerwiegende Straftaten vor. Obwohl Lilou bereits in erster und zweiter Instanz in dieser Angelegenheit freigesprochen wurde, steht jetzt auch Kikou vor Gericht.

Prozess nach 5 Jahren
Denn nun soll nach 5 Jahren auch Kikou der Prozess gemacht werden. Vorgeworfen wird ihm aus einer Gruppe heraus eine Flasche aus wenigen Metern auf einen festnehmenden Beamten geworfen zu haben, also schwerer Landfriedensbruch und versuchte gefährliche Körperverletzung. Als Beweismittel führt die Polizei in der Akte u.a. 2 Lichtbilder (aus einem Polizeivideo) an: Ein Foto, wo Kikou mit Flasche zu sehen ist und ein Foto wo Kikou ohne Flasche zu sehen ist. Dann gibt es Cops, die behaupten er hätte die Flasche aus nächster Nähe auf einen Kollegen geschmettert und ihn am Rücken getroffen. Der betroffene Kollege will zwar nichts gemerkt haben stellt aber dennoch Strafanzeige. Auf dem angeblichen Beweis-Video, dass schon bei einem ersten Verhandlungsversuch 2018 im Gerichtssaal gezeigt wurde, ist jedoch nicht zu erkennen was Kikou vorgeworfen wird. Jedoch zeigt das Video krasse Polizeigewalt und auch einen weiteren filmenden Beamten, welcher im richtigen Winkel stand und die wahren Ereignisse auf Band haben müsste.

Die Verteidigung beantragte daraufhin 2018 die Sichtung des zweiten Videos. Doch die Polizei und Staatsanwaltschaft stellte sich quer und der Prozess wurde ausgesetzt. Am 05.10.21 soll nun dieser Prozess wieder aufgerollt werden. Im jetzigen Prozess treten mehrere Beamt*innen, die auch die Anzeigen gegen Lilou konstruiert hatten auf. Lilou wurde in der Folge in erster und zweiter Instanz freigesprochen. Die Cops hatten derart wilde Stories fabuliert, dass nicht einmal die Richter*innen ihnen glaubten.

7 Anklagepunkte: 7x freigesprochen
Lilou wurde vorgeworfen bei dem Versuch, seinen Bruder zu befreien einen Cop geschlagen und getreten zu haben, einem anderem Cop den Daumen verdreht zu haben und bei seiner eigenen Festnahme erheblichen Widerstand geleistet zu haben. Zu diesen Anschuldigungen gegen Lilou kamen auch noch andere Vorwürfe von einer anderen Demo hinzu, und es wurde eine Sammelklage draus gemacht (hier der Prozessbericht vom 1. Prozesstag: https://verfahrengebiet.noblogs.org/post/2018/06/10/prozessbegleitung-bei-sammelklage-gegen-aktivisti/).
Skurril war, dass der eine Cop der angeblich geschlagen und getreten wurde von nichts wusste, und die Daumenverletzung vom anderen Cop an der falschen Hand verortet wurde. Auch der spektakuläre Widerstand während der Festnahme entpuppte sich als Lüge. Lilou wurde nämlich von 5 Beamten gepackt, jeweils 2 an Armen und Beinen und einer am Kopf und wurde ca. 30 Meter zum Gefangenentransporter getragen. In diesen 30m musste die Schlägertruppe angeblich fünf mal Pause machen weil sich der ca. 65 kg leichte Chaot so unglaublich schwer machte. Die Bullen verstrickten sich in ihren Lügengeschichten vor Gericht und Lilou wurde für sieben Ankagepunkten in erster und in zweiter Instanz freigesprochen. Und genau diese Cops treten im Prozess gegen Kikou wieder als „total neutrale Zeugen“ auf.

Ob friedlich oder militant…
Kikou selber bezeichnet sich als friedlich und mag keine Gewalt. Unabhängig davon geht es hier nicht um die Frage, ob es richtig oder falsch ist Gewalt gegen Cops anzuwenden. Sowie es gerechtfertigt ist sich mit militanten Mitteln gegen Staat und Kapital zu verteidigen, ist es genauso okay wenn sich Menschen dafür entscheiden mit friedlichen Mitteln ihren Protest auszudrücken. Wichtig und entscheidend ist es sich nicht spalten zu lassen. Egal ob Pazifist*in, Nazijäger*in, Graßwurzelanarchist*in, #TeamAnzünden oder irgendwas dazwischen. Stark sind wir in der Vielfalt unserer Aktionen und wichtig ist der Widerstand!

Kommt zur Kundgebung gegen den Gerichtsprozess am 05.10.21 ab 09:00 Uhr vor den Amtsgericht Tiergarten Turmstr. 91 Bringt Masken mit und haltet Abstände, etc ein. Banner mit Sprüchen gegen Polizei und Justiz dürft ihr na klar auch mitbringen. Straßenkreide macht sich auch immer super. Wenn ihr nen Redebeitrag halten wollt oder sonstiges Unterhaltungsprogramm vorbereitet: Gerne

https://110luegen.noblogs.org/post/2021/03/13/prozess-wegen-polizeigewalt-auf-rigaer-demo-2016/