Housing Action Day – Aufruf von Lock Down Capitalism

Housing Action Day – Aufruf von Lock Down Capitalism

Auf die Straße nicht nur am 27.03.

 

Uns ist es wichtig die Auswirkungen der Corona Pandemie auf die bereits bestehenden Krisen zu betonen. Wir wollen uns nicht von dem Krisenmanagement der Regierung befrieden lassen, nur weil diese es sich leisten kann etwas mehr Geld springen zu lassen als andere Staaten. Das Mantra der Krise fungiert als sozialer Kitt und erzeugt ein „WIR“ über die sozialen und ökonomischen Grenzen hinweg. Es verhindert die Kritik am kaputt gesparten Gesundheitssystem und maroden Sozialstaat. Es ist wieder einmal eine Krisenerzählung darüber, dass es uns eben besser geht als anderen und damit es so bleibt, müssen alle ihren Teil dazu beitragen! Was verschwiegen wird, dass die Einen darin eben mehr schuften müssen als die Anderen! Wir kämpfen gegen diese Verhältnisse, die bereits schon vor der Pandemie scheiße waren. Zu kämpfen ist für uns die einzige Möglichkeit, um irgendwann nach der Pandemie noch über leben zu können.

 

Corona ist die Pandemie

die Miete ist die Krise

Berlin ist seit Jahren bei Investor*innen dafür bekannt, das die Rendite mit der Miete beständig wächst. Einkommenseinbußen in fast allen Bevölkerungsschichten durch die Coronapandemie ändern daran erst mal nix. Weniger Einkommen bei gleicher Miete. Kurzarbeit oder Jobverlust auf der einen, stabile Einnahmen durch Immobilienbesitz auf der anderen Seite. Diesen kapitalistischen Grundpfeiler sichern das Sozialschutzpaket und die Überbrückungskredite der Regierung ab.

Auch wenn das Jobcenter erst mal die volle Miete aller neuen ALG II Empfänger*innen zahlt und durch die Überbrückungshilfen für kleine Unternehmer*innen hauptsächlich die Mietzahlungen für ihre Ladenflächen beglichen werden können, sorgt dieses “Schutzpaket” bei genauer Betrachtung dafür, dass durch kollektive Schulden die Einnahmen von Immobilienbesitzer*innen weiter gesichert sind.

Zwangsräumungen wurden lediglich verschoben. Mietrückstände werden nicht gestrichen sondern müssen nur zu einem anderen Zeitpunkt getilgt werden. Die Auswirkungen der Krise verzerren sich so. Der soziale Druck wird gezielter abgelassen, damit wir keine gemeinsame Stärke entwickeln können. Wollen wir  in dieser Krise die Umverteilung von unten nach oben verhindern, so dass der Slogan „let the Rich pay for Corona“ nicht bloß eine leere Phrase bleibt, dann müssen wir uns zusammenschließen und beispielsweise einen Mietboykott organisieren.

 

Stay home stay safe

War das Zuhause jemals sicher?

Kaum etwas ist in der Corona Pandemie wohl so sehr zum Symbol für Sicherheit und Schutz geworden wie das Zuhause. Auch wenn #stayathome vor Corona schützt, so schützt es eben auch die in den Haushalten herrschenden patriarchalen Vorstellungen und die dort herrschende Gewalt. Häusliche Gewalt ist keine Frage der Klasse. Uns ist aber auch klar, dass beengte Wohnverhältnisse das Eskalationsniveau steigern. Wem bietet das Zuhause Sicherheit vor was?

Stay home Stay safe, bedeutet Vereinzelung. Strukturelle Unterdrückungen werden noch schneller als individuelles Problem wahrgenommen. Unsere Isolierung erschwert die politische Auseinandersetzung mit diesen Themen. Diese Isolierung schützt alle Unterdrücker von dem gewalttätigen Familienmitglied bis hin zum Vermieter. Genau darum halten wir es weiterhin für wichtig unsere Wut gemeinsam auf die Straße zu tragen.

 

In was für einer Stadt wollen wir eigentlich leben?

Berlin? Bis vor kurzen noch eine pulsierende Metropole. Wir, die Bewohner*innen, bekamen gerade im Frühjahr letzten Jahres ein Gefühl davon, wie entspannt und sauber eine autofreie Stadt sein kann. Wir entdeckten wie angenehm Bezirke wie Mitte sein können, wenn sie nicht vom Takt des Konsumterrors und von Tourist*innen überrannt werden. Bei all der anfänglich apokalyptischen Stimmung, sollen uns die dabei weggefallenen prekären Jobs im Niedriglohnsektor, im Gastgewerbe, daran erinnern, dass eine solidarische Stadt nur dann möglich ist, wenn wir den Reichtum umverteilen.

Wer weiß wie viele Hostels, Hotellbetten und Airbnb Wohnungen seit nun einem Jahr leer stehen? Klar ist jedoch, dass sie nicht denen zugänglich gemacht werden, die sie brauchen. Auf den Straßen campieren weiterhin Menschen und die Lager, nicht nur an den Außengrenzen Europas, bleiben überfüllt. Der Staat zahlt Milliarden an die Eigentümer*innen der Hotels. Gleichzeitig werden selbstorganisierte Orte wie die Rummelsburger Bucht geräumt, Orte an denen Menschen sich ein Zuhause geschaffen haben, an einem von ihnen selbstgewählten Ort. Doch die Logik des Kapitalismus bleibt unverändert, egal wie schutzbedürftig jemensch ist, Zutritt nur für die, die auch dafür bezahlen!

Die Clubs sind geschlossen und der öffentliche Raum hat für viele eine neue Bedeutung bekommen. In den Parks treffen sich Leute, um der häuslichen Enge zu entfliehen. Das ist dann ein Problem, wenn es Jugendliche und/oder nicht Weiße sind. Im Weinbergspark, im Mon Bijou Park etc. werden die Jugendlichen von Bullen verjagt. Die mediale Hetze im Sommer verschwieg wie rings herum die urbane Mittelschicht in den überteuerten Bars von Mitte saß. Der Infektionsschutz wird genutzt, um unliebsame Bevölkerungsgruppen zu diffamieren, zu vertreiben und den anderen Teil der Bevölkerung dazu aufzufordern, mit zu helfen Recht und Ordnung im Sinne der „staatlichen Solidarität“ durch Denunziation und moralische Überlegenheitsdiskurse zu setzen. Die Umstrukturierung der Stadt wird auch hierdurch weiter voran zu treiben.

Die Kapitalistische Stadt verwaltet das Elend. Sie verhindert auch deswegen größere Zusammenkünfte von Marginalisierten, denen es so noch schwerer fällt sich zusammenzuschließen und die gemeinsamen Erfahrungen kollektiv zu überwinden. Momente, in denen wir die soziale Isolierung durchbrechen sind in der Pandemie viel zu selten geworden! Gentrifizierung zerreißt lange gewachsene soziale Verbindungen. Das Social-Distancing lässt genau diese Vereinzelung für viele noch unerträglicher und für andere zur Normalität werden werden.

Unser Zusammenschluss „Lockdown Capitalism“, der am 23. Januar 2021 erstmalig durch eine Demo in Moabit und Wedding öffentlich in Erscheinung getreten ist, unterstützt mit diesem Aufruf den Housing Action Day am 27.03 in Berlin und darüber hinaus.

 

Treffen wir uns wieder gemeinsam auf den Straßen

nicht nur am Housing Action Day!

Bleiben wir Aktiv!

Kämpfen wir gemeinsam für eine lebenswerte Stadt

und ein besseres Morgen!

passiert am 19.03.2021