trans day of remembrance – Kundgebung am Montag den 20. November, um 18 Uhr am Alexanderplatz – Niemand ist vergessen!
Am 20. November jährt sich der internationale Tag zum Gedenken an die Opfer von Transfeindlichkeit.
Morde an trans Menschen – nach wie vor ein Thema!
Der trans murdering monitor, ein Forschungsprojekt, das weltweit Morde an trans Menschen erfasst, zählte zwischen dem 01. Oktober 2021 und dem 30. September 2022 327 Morde an trans Menschen. 95% der weltweit Ermordeten waren trans Frauen oder transfeminine Menschen, ca. die Hälfe der Menschen arbeitete zu diesem Zeitpunkt als Sexarbeiterin, 65% waren von Rassismus betroffen und 36% der in Europa Ermordeten waren Migrant:innen. Die Mehrzahl der registrierten Morde fand in Lateinamerika (insbesondere in Brasilien) und der Karibik statt. Aber auch Länder, wie beispielsweise die USA, in der die Rechte für trans Menschen aktuell massiv eingeschränkt werden und eine rechte, trans- und queerfeindliche Diskursverschiebung das Leben für trans Menschen immer gefährlicher macht, finden sich in der Liste. Dort wurden mehr als 50 Morde gemeldet. Die gesammelten Daten werden überwiegend aus Medienberichten gewonnen. Da diese häufig das gesellschaftlich normative Geschlecht angeben oder schlicht nicht bekannt ist, dass der ermordete Mensch trans war, dürfte die Zahl der Ermordeten noch deutlich höher liegen. Die aktuellen Zahlen werden von der Organisation vermutlich in den nächsten Tagen veröffentlich, mit einem Rückgang der Morde und Angriffe ist jedoch nicht zu rechnen. Sieht man sich die Statistik an ist erkennbar, dass viele der Ermordeten neben Transfeindlichkeit häufig auch Misogynie, Rassismus und Hass auf Migrant:innen ausgesetzt waren und überdurschnittlich häufig unter prekären Bedingungen lebten, die sie in unsichere und gewaltvolle Arbeitsverhältnisse drängten.
Antifaschismus, Antirassismus und der Kampf gegen LGBTIQ*+ Feindlichkeit müssen zusammengehen!
Deshalb ist die Gewalt gegen trans Menschen immer auch mit dem Erstarken rechter, reaktionärer Kräfte, die die Diskriminierung und Ausschlüsse weiter verstärken wollen, in Verbindung zu bringen. Sie versuchen die Legislative der jeweiligen Staaten dazu zu drängen die Rechte von trans Menschen weiter zu beschneiden oder bereits erkämpfte Errungenschaften zurückzunehmen. Diese Gesetzesverschärfungen, die von den verantwortlichen Parteien oft bereitwillig durchgeführt und selbst befürwortet werden, wiederum bestärken transfeindliche Akteure in ihrem Handeln und sorgen somit für eine weitere Zunahme von Diskriminierung und direkten, körperlichen Angriffen. Der Kampf gegen Transfeindlichkeit muss deshalb auch immer antifaschistisch sein und sich mit anderen Gruppen, die gegen die von Reaktionären geforderte Beschneidung ihrer Rechte kämpfen, verbünden.
Das Selbesbestimmungsgesetz – kein Ende der Diskriminierung in Sicht!
Ein konkretes Beispiel für den Angriff auf die Rechte von trans Menschen hier in Deutschland ist der neue Gesetzesentwurf zum Selbesbestimmungsgesetz. Das Gesetz sollte ursprünglich das seit 1980 existierende und selbst von der bürgerlichen Rechtssprechung als in Teilen verfassungswidrig gekennzeichnete sogenannte „Transsexuellengesetz (TSG)“ ablösen. Es soll das entwürdigende und kostenintensive Prozedere zur Namens- und Personenstandsänderung in offiziellen Dokumenten ablösen, bei dem Betroffene aktuell immer noch zwei selbst zu zahlende „Begutachtungen“ über sich ergehen lassen müssen, in denen ihnen grenzüberschreitende Fragen gestellt und sie dahingehend beurteilt werden, ob sie den Vorstellungen, die der:die Gutachter:in über das jeweilige Geschlecht hat, entsprechen. Dies soll nun durch eine einfache Erklärung beim Standesamt abgelöst werden.
Doch hierbei werden durch die Hintertür neue diskriminierende Regelungen eingeführt. So soll das Offenbarungsverbot des „alten“ Namens / Personenstandes gegenüber dem Verfassungsschutz, BKA, der Bundespolizei und dem BAMF keine Gültigkeit haben, im Gegenteil sollen diese Stellen automatisch benachrichtigt werden, also staatlichen Stellen, die von Reaktionären und Faschist:innen durchsetzt sind, de facto Listen von trans Menschen geliefert werden. Dass die Namen von Linken durch Polizist:innen an organisierte Faschisten weitergegeben werden kennen wir bereits aus der Vergangenheit.
Insbesondere unter Berücksichtigung des momentanen Rechtsruck stellt dies eine akute Bedrohung für Betroffene dar, da davon auszugehen ist, dass auch ihre Namen weitergegeben werden könnten.
Vor allem trans Frauen werden durch dieses Gesetz, wenn es so verabschiedet wird, weiterer Diskriminierung ausgesetzt sein. So sollen Personenstandsänderungen für sie bei einem möglichen „Spannungs- oder Verteidigungsfall“ ausgesetzt werden, damit sie wie der männliche Teil der Bevölkerung im Falle eines Krieges für die „deutschen Interessen“ verpflichtet werden können zur Waffe zu greifen. Außerdem soll das Hausrecht von Betreiber:innen von Frauenräumen gestärkt werden und ein Ausschluss für trans Frauen aus diesen Räumen problemlos möglich sein. Hier zeigt sich, dass die Diskursverschiebung von rechten bis hin zu trans-exkludierenden sogenannten „Feminist:innen“, die in den letzten Jahren immer wieder Bilder von „übergriffigen“ trans Frauen gezeichnet und den Fakt, dass trans Frauen im Gegenteil überdurchschnittlich häufig von Gewalt betroffen sind, geflissentlich ignoriert haben, in den letzten Jahren Wirkung gezeigt hat und nun in dieses Gesetz einfließen soll.
Durch genau solche medialen Diskurse fühlen sich trans- und queerfreindliche Täter:innen bestärkt. So kam es im vergangenen Jahr wiederholt zu Angriffen auf CSD-Demonstrationen in mehreren Städten. Eine vom Bundesinnenministerium geführte Statistik geht im Jahr 2022 von 1.005 Angriffen aufgrund der sexuellen Orientierung aus, davon 227 Gewaltdelikte, 341 Beleidigungen und 147 Vorfälle, die als Volksverhetzung gewertet wurden. Außerdem wurden 417 Angriffe aufgrund von „geschlechtsbezogener Diversität“ gemeldet, darunter 82 Gewaltdelikte, 120 Beleidigungen und 65 Volksverhetzungen. Die gemeldeten Vorfälle stellen auch hier nur einen Bruchteil der Angriffe dar. Ein Großteil der Betroffenen geht aus gutem Grund nicht zur Polizei oder wenn doch wird der Angriff häufig nicht als „Hasskriminalität“ erfasst und fließt folglich in keine dieser Statistiken ein.
Wir sind wütend! Der Kampf gegen Transfeindlichkeit ist noch lange nicht zu Ende!
Um den Ermordeten zu gedenken, aber auch um diesen Zuständen etwas entgegenzusetzen und gegen Transfeindlichkeit auf die Straße zu gehen wollen wir am Montag den 20. November, um 18 Uhr am Alexanderplatz, nahe der Weltzeituhr zusammenkommen. Den Ort haben wir bewusst gewählt. Zum einen ist Ella Nik Bayan vor zwei Jahren an diesem Ort aus dem Leben geschieden, nachdem sie die ihr jahrelang entgegengebrachte Transfeindlichkeit nicht mehr ertrug. Zum anderen versuchte die faschistische Dritter Weg Jugendorganisation NRJ in diesem Jahr in der Nähe CSD-Teilnehmer:innen anzugreifen und zeigte auf dem Alexanderplatz (für kurze Zeit) ein queerfeindliches Banner. Dem wollen wir uns entgegenstellen. Für faschistische, queerfeindliche Bedrohungen ist hier kein Raum. Schließt euch an, bringt Schilder und Transparente mit und lasst uns diesen zentralen Platz am 20. November mit einer kämpferischen Kundgebung gegen Trans- und Queerfeindlichkeit füllen!
In Gedenken an die Ermordeten!
Niemand ist vergessen!
Alle zusammen gegen Transfeindlichkeit!
North East Antifa (NEA), Offenes Antifa Treffen Berlin (OAT)