Langer Aufruf: Schaut nicht weg! Solidarität mit Dilan und allen anderen Betroffenen rassistischer Gewalt!

Schaut nicht weg !
Solidarität mit Dilan und allen anderen Betroffenen rassistischer Gewalt!

Am 5. Februar wurde die 17-jährige Dilan von Rassist*innen in Berlin am Bahnhof Greifswalder Straße zusammengeschlagen.

Nachdem Dilan von einer Gruppe Erwachsener in der Straßenbahnlinie M4 angepöbelt und rassistisch beleidigt wurde und sie die Gruppe darauf hinwies, Maske zu tragen, wenn sie mit ihr sprechen, wurde sie an der Station S-Bhf. Greifswalder Straße auf dem Bahnsteig von der Gruppe angegriffen. Insgesamt vier bis sechs Männer und Frauen haben Dilan getreten und geschlagen und sie weiterhin aggressivst rassistisch beleidigten. Umstehende sahen teilnahmslos zu, während Dilan um Hilfe rief.

„Sie haben mich getreten und haben mich geschlagen, […] sie haben mich in meinen Bauch getreten und gegen meinen Kopf geschlagen, und sie haben besonders gegen meine Beine getreten, damit ich hinfalle und sie auch gegen meinen Kopf treten können.“

„Der ganze Bahnhof war voll! Auf beiden Seiten war der gesamte Bahnhof voll. […] Ich habe geschrien und ich habe um Hilfe gebettelt und mich gefragt warum hilft mir denn keiner?“

//// Polizei und Presse verdrehen die Tatsachen

Dilans Verletzungen waren nach dem Angriff so schwer, dass sie im Krankenhaus behandelt werden musste. Doch damit war es nicht genug. Während Dilan im Krankenhaus lag, verbreitete die Polizei die Meldung sie wäre attackiert worden, weil sie keine Maske getragen hätte. Nahezu alle großen Zeitungen schreiben den Polizeibericht unhinterfragt ab und liefern damit eine Vorlage für das Querdenken-Milieu. Dieses instrumentalisiert den Falschbericht über die Tat auf ihren Montagsspaziergängen für ihre Propaganda.

Dass nicht mal der Fakt, dass zum Teil über- 40- und 50-Jährige auf eine Minderjährige einschlagen, in Redaktionen dazu führt, selbst zu recherchieren, zeigt zwei Dinge: Erstens wird die Polizei als Quelle überhaupt nicht mehr in Frage gestellt und zweitens sind viele Medien bereit, jede Meldung zum Corona-Thema zu veröffentlichen, so lange ihre Auflagen- und Klickzahlen gesteigert werden.

Dilan selbst ist es zu verdanken, dass der tatsächliche Ablauf des Angriffs überhaupt öffentlich wurde. In einem selbst veröffentlichten Video schildert Dilan die Vorfälle und zeigt Aufnahmen des Angriffs aus ihrer Handykamera.

//// Verharmlosung der Tat

Auf Facebook und Instagram verbreitet eine Frau aus der Angreifer*innengruppe die Version der Täter*innen. Sie verharmlost die Schwere des Angriffs, zieht sich und ihre Leute aus der Verantwortung und stellt die Schwere von Dilans Verletzungen in Frage. Schließlich hätte sie ja nicht mit dem Handy filmen können, wenn sie wirklich verletzt gewesen wäre und außerdem habe sie in ihrem Video gar keine blauen Flecke gehabt.

Dilan erlitt ein Schädelhirntrauma, eine Gehirnerschütterung, ein Bauchtrauma und konnte drei Tage lang nicht laufen. Dass Dilan unter Schock stehend und aus der Not heraus vielleicht ihre letzen Kräfte aufgebracht hat, um zu filmen, kann so eine Mittäterin nicht verstehen. Wie auch, wenn die Leute, mit denen sie sich umgibt, durch Angriffe in der Gruppe auf Schwächere, oft als „Gewinner“ aus solchen Angriffen hervor gehen.

Dilan wird in der Stellungnahme unterstellt, von Null auf Hundert in Rage geraten zu sein und die Gruppe grundlos als Nazis bezeichnet zu haben. Dabei hat Dilan etwas gemacht, was Faschos am wenigsten abkönnen: sie hat sich gegen die Erniedrigungen, Sprüche und Respektlosigkeiten dieser Kneipenrassist*innen lautstark zur Wehr gesetzt. Obwohl sie allein war, hat sie sich nicht weggeduckt. Denn Andere zu unterwerfen und zu Opfern zu machen ist es, was Faschos durch ihr Handeln erzielen wollen. Und oft genug sagen viele Betroffene in solchen Situationen nichts mehr, um Gewalt gegen sich aus dem Weg zu gehen. Nur für wen es also völlig normal ist, dass sich Menschen aus Angst vor den eigenen Nazisprüchen wegducken, für den*die ist lauter Widerspruch nur „hysterisch“ und völlig unverständlich.

Dilan hat durch ihr Handeln das Überlegenheitsdenken dieser Leute für einen Moment kurz durchbrochen. Dafür hat sie unseren ganzen Respekt, weil wir wissen wie schwierig das sein kann.

//// Wohlfühlkiez für rechte Kneipengänger*innen?

Die Täter*innen sind für ihr aggressives Auftreten in Prenzlauer Berg-Ost schon länger bekannt. Über eine der Täter*innen mit dem Namen Jenny ist bekannt, dass sie am 21. November 2021 mit weiteren Personen die Mitarbeiterin eines Lokals im Prenzlauer Berg körperlich angriff und die anwesenden migrantischen Gäste massiv rassistisch beleidigte.

René H., ebenfalls einer der Haupttäter*innen, wird von Anwohner*innen als gewaltbereiter Alltagsrassist um die 50 beschrieben, der regelmäßig den Konflikt sucht. Er und sein männliches Umfeld kommen aus dem rechten Teil der Fanszene des Fußballclubs BFC Dynamo. Seine Verlobte Jenny, die Verfasserin der Stellungnahme, ist eine Mitläuferin, die sich regelmäßig schützend vor ihren fast 30 Jahre älteren Freund stellt, wenn dieser wieder Menschen bedroht.

Es ist genau diese Sorte von Alltagsrassist*innen, die dafür verantwortlich sind, dass es rund um die Greifswalder Straße seit Jahren immer wieder zu rechten Übergriffen und Bedrohungen kommt. Wer die Gegend kennt, wird bestätigen können, dass dies ein Problem ist, das sich hier seit den 90ern und 00ern festgesetzt hat.

Auch nach der Schließung einschlägiger Faschobars im Kiez geht dieses Milieu in den lokalen Kneipen und Spielotheken weiter ein und aus. Die Akzeptanz dieser Leute in den örtlichen Bars macht diese Kneipen zu Rückzugsorten für rassistisches Sauf- und Schlägervolk und schafft damit eine rechtsoffene Kneipenszene – egal ob das von Barbetreiber*innen gewollt ist oder nicht. Dies trifft mit Sicherheit nicht auf alle Kneipen zu, wer sich angesprochen fühlt, soll sich angesprochen fühlen.

//// Zusammen stehen!

Wieder einmal zeigt sich, dass wir uns auf die staatlichen Institutionen der BRD und ihre Presseorgane nicht verlassen können. Mehrfach sagte Dilan der Polizei, dass sie von den Täter*innen rassistisch beleidigt wurde. Trotzdem wird ihr nach einem Angriff einer Gruppe Rassist*innen, unter völliger Verdrehung der Tatsachen, selbst die Schuld zugeschoben.

Von der Teilnahmslosigkeit der umstehenden Menschen können wir ablesen, wie sehr sie die Verantwortung und Sorge um ihre Mitmenschen ausgelagern und sich durch ihr Desinteresse und zum Teil auch ihre Hilflosigkeit zu stillen Kompliz*innen solcher Angriffe machen. Wenn wir uns vor Angriffen dieser Art schützen wollen, müssen wir dies wohl selber tun. Die Reaktion kann nur sein, sich zusammenzuschließen, um auf Angriffe wie diesen entschieden und kollektiv antworten zu können.

Lasst uns darum am 20. Februar zusammen im Prenzlauer Berg auf die Straße gehen und für eine Aktion der Solidarität gemeinsam alle Räder in Bewegung setzen. So dass es alle mitbekommen.

Positionieren wir uns gemeinsam klar gegen den rassistischen Angriff auf Dilan und zeigen ihr, dass sie nicht alleine ist! Dilan, wir glauben dir und wir stehen an deiner Seite!

Schaut nicht weg bei rechten Übergriffen!
Greift ein!
Keine Kneipenszene für Nazis und ihre Freund*innen!

Schaut nicht weg!
Solidarität mit Dilan und allen Betroffenen rassistischer Gewalt!

Antirassistische Demonstration:
So. 20.02.2022 | 14:00 Uhr | S-Bahnhof Greifswalder Straße (Prenzlauer Berg)

Material abholen: Mo. 14.02.2022 | ab 16:00 Uhr
Buchladen zur schwankenden Weltkugel (Kastanienallee 85 / Prenzlauer Berg)
Regelmäßige Öffnungszeiten: 11:00 – 19:00 Uhr

Flyer stecken & Verteilen:
Mi. 16.02.2022 | 18:00 Uhr | S-Bahnhof Greifswalder Straße (Prenzlauer Berg)

Transpi & Schilder malen:
Fr. 18.02.2022 | 19:00 Uhr | Bunte Kuh (Bernkasteler Straße 78 / Weißensee)

Kommt zu den Treffen bitte getestet und mit Maske.

Don’t look away!
Solidarity with Dilan and all affected by racist violence!

Anti-rassict demonstration:
20.02.2022 | 2 pm | S-Bahnhof Greifswalder Straße (Prenzlauer Berg)

Alliance: #SCHAUTNICHTWEG!
Mail: schautnichtweg(a)protonmail.com

Support the mobilization and get flyers: from Monday 14.02.2022 | 4 pm
Bookstore Schwankende Weltkugel (Kastanienallee 85 / Prenzlauer Berg)
Regularly from 11 am – 7 pm

Join for flyering in the neighborhood:
16.02.2022 | 6 pm | S-Bahnhof Greifswalder Straße (Prenzlauer Berg)

Paint banners and signs for the demo:
18.02.2022 | 7 pm | Bunte Kuh (Bernkasteler Straße 78 / Weißensee)

Please come to the meetings tested and with mask.

– A longer call will be following.
– Share the announcement on all channels available to you.
– Thank you for your support and solidarity!

On 05.02. 17-year-old Dilan was insulted, beaten and kicked by aggressive, racist adults, while bystanders watched silently.

Dilan told the police several times that she was racially insulted by the perpetrators. In the police report on the attack, their racist motive is not mentioned and it is claimed that it was a dispute about wearing a mask. Because the police tell a lie and all major newspapers copy the police report uncritically, Dilan has to do justice for herself and publishes a video statement in which she names the truth and criticizes the inaction of the bystanders. Meanwhile, the attackers spread their version of lies about the crime on social media.

The perpetrators are known for their aggressive behavior and go in and out of local pubs. This kind of people is one of the main reasons why there have been right-wing attacks and insults in the area around the Greifswalder Straße S-Bahn station for years.

Let’s take a clear stand together against the racist attack on Dilan and show her that she is not alone! Dilan, we believe you and we stand by your side!

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