[H] Auswertungstext zu der Demonstration Männerbünde zerschlagen – das Patriarchat zu Fall bringen am 04.06.

Als No Burschi Bündnis veröffentlichen wir mit diesem Text mit dem Ziel einer Auswertung und Reflektion der Demo in Hannover am 04.06.2021.

Der Text beschränkt sich auf die strategische und taktische Aspekte einer offensiven linksradikalen Demo. Wir wollen die angeschnittenen Themen mit euch weiter reflektieren und diskutieren, um unsere Strategien weiterzuentwickeln und die Bewegung zu stärken. Möchten aber dazu sagen, dass für uns der Erfolg einer Demo nicht einfach von der Militanz abhängig ist. Die Auswertung beschränkt sich zudem nur auf die Demo an sich und nicht auf die vielen anderen Aktionen die in Hannover zum Coburger Convent passiert sind.

Als Organisator*innen der Demo vom 04.06.2021 sehen wir die Demo als einen Erfolg. Die Erwartungen waren hoch angesetzt mit einem kämpferischen Slogan und einer offensiven Mobilisierung. Wir hoffen, dass dieser Tag mobilisierend auf die kommenden Wochen, Demos und Aktionen wirkt.

Wir empfinden eine (öffentliche) Auswertung der Demo für wichtig, da wir nur so unser kollektives handeln Reflektieren und weiterentwickeln können. Wir wollen aus unseren Fehlern lernen und uns von unserem Potential ermutigen lassen.

Der Coburger Convent wurde aufgrund der Corona-Pandemie in die Messehallen nach Hannover verlegt. am 05.06 haben sich Burschen aus dem ganzen Bundesgebiet in Hannover versammelt um ihren jährlichen Convent abzuhalten. Mehr Infos dazu gibt es hier (Aufruf https://antifalhannover.blackblogs.org/gegen-den-coburger-convent-in-hannover/ , Hintergrund http://coburgerconvent.blogsport.de/).
Daher fand unter dem Motto „Männerbünde Zerschlagen – das Patriarchat zu Fall bringen!“ eine Demonstration in der Nordstadt von Hannover statt. Die Demo ging vom Welfenschloss, vorbei an Verbindungshäusern in der Nordstadt, durch die Calenberger Neustadt nach Hannover Linden, wo die Demo am Küchengarten aufgelöst wurde.
Am Startpunkt sammelten sich ab 19 Uhr ca. 650 Menschen. Nach einigen Redebeiträgen stellt sich die Demo gegen 19:40 Uhr auf.
An der Spitze der Demo formierte sich ein FLINTA-Block, der auch vorher im Aufruf angekündigt wurde. Hinter dem FLINTA-Block, getrennt durch ein Hochtranspi begann ein All-Gender Block. Der FLINTA-Block wurde von einigen schwarzgekleideten und mit Regenschirmen ausgerüsteten Reihen angeführt. Dahinter war der Block etwas durchmischter. Teilweise waren dort auch Menschen mit Fahrrädern zu sehen, bitte nehmt Fahrräder (wenn möglich) nicht mit auf Demo zu nehmen oder ihr euch damit an das Ende der Demo begebt. Fahrräder sorgen oft für große Lücken in der Demo und wenn es zu Angriffen von den Bullen kommt sind sie oft eine „Stolperfalle“. Dazu wäre es gut, wenn Leute ihre Outfits an die Demos anpassen. Lange Klamotten und Schwarze Kleidung sind gut um die Anonymität zu waren. So sind Teilnehmer*innen auch auf Fotos nicht so gut zuerkennen. Außerdem Schützt ihr damit auch andere Demoteilnehmende und eröffnet andere Möglichkeiten. (Bitte achtet auch darauf, dass alle eure Tatoos abgedeckt sind!) Es war schön zu sehen, dass es keine/wenige Probleme mit ungewollten cis-Typen im FLINTA Block gab.

Zum Start haben die Bullen immer wieder deutlich gemacht, dass die Demo nicht loslaufen darf, wenn Tranpis zusammengebunden sind. Es wäre gut wenn sich tatiken überlegt werden, wie solche Situationem umgangen werden könnten ohne das Tranpis losgebunden werden.
Nach kurzem Aufstellen ging die Demo über die Nienburgerstraße Richtung Wilhem-Busch-Straße. Auf der Nienburgerstraße, die recht schmal ist, wartete direkt das BFE-Göttingen auf die Demo. Die Einheit ließ die ersten Reihen allerdings in Ruhe und wartete auf das Ende vom FLINTA-Block/die ersten Reihen vom ALL-Gender Block, der ebenfalls von einigen schwarz gekleideten Reihen mit Regenschirmen angeführt wurde. Als diese passierten Begann das BFE direkt Spalier zu laufen. Da der All-Genderblock noch nicht sehr gut aufgestellt war, kam schnell Unruhe in die Reihen. Zudem war eine weitere Formierung mit dem BFE im Nacken nur schwer möglich.

Nach kurzem Weg über die Nienburgerstraße bog die Demo rechts in die Wilhem-Busch-Straße, direkt zu Beginn der Straße wartete das erste Verbinderhaus auf die Demo. Das Haus wurde von einer Polizeikette geschützt. Beim Abbiegen entstand ein kleines Loch zwischen FLINTA-Block und All-Gender-Block, dies lag unter anderem auch daran, dass noch FLINTA’s in den vorderen Block wollten.

Im Nachhinein haben wir festgestellt, dass der Startpunkt nicht sehr gut gewählt war. Die Demo hätte etwas mehr Zeit und Platz gebraucht um sich aufzustellen. So war das Problem, dass die Demo vor einem der Verbinderhäusern war, sie aber noch nicht richtig aufgestellt und somit angreifbar war. Allerdings würden wir auch sagen, dass es nicht nur Aufgabe der Orga ist Lücken schnell zu schließen.

Demoteilnehmer*innen können dies auch einfach selbst übernehmen, Lücken füllen oder selber rufen dass die vorderen Reihen langsamer machen sollten. Es kann für organisierte Ketten darum sinnvoller sein, Ketten an der Seite der Demo zu machen, also hintereinander als Kette zu laufen um so die Demo seitlich zu schützen.

Auf Wilhem-Busch-Straße kam nach kurzer Zeit das nächste Verbinderhaus (Corps Saxonia). Dort flogen die ersten roten Tampons auf das Haus und die Bullen die davor standen, diese waren im erstem Moment sichtlich überfordert und wussten nicht genau wie sie reagieren sollten.

Die Demo wurde zudem etwas schneller. Weiter ging es am nächsten Burschihaus (Gothia) wo ebenfalls einige Tampons folgen. Nachdem die Demo rechts in die Oberstraße abgebogen ist, fing die BFE-Einheit, die noch immer neben den ersten Reihen des all Gender-Blocks lief, an Transpis zu ziehen. Als sie die Leute dagegen zu Wehr setzten kam es zu Schubsereien und Schlägen von den Bullen. Hier wurde deutlich, dass die Demo nicht perfekt formiert war. Es fehlte sowohl an Transpis am Ende des FLINTA-Blocks als auch an organisierten Reihen am Ende des FLINTA-Blocks, die einen angriff hätten abwehren können. Vermutlich wäre es spätestens hier clever gewesen feste Reihen für das Halten der Seitentranspis zu haben. Auch so hätte sich die Lücke verhindern lassen können. Ein anderes Problem war das die ersten Reihen des FLINTA-Blocks dies nicht sofort mitbekommen und daher auch nicht sofort stehen geblieben sind. Hier hätten Megaphone oder (wie zum Beispiel bei den Aktionen von Ende-Gelände) Handzeichen zur Kommunikation hilfreich sein können.

Es entstand schnell eine große Lücke, wodurch es für die Polizei ein leichtes gewesen wäre den FLINTA-Block vom anderen Teil der Demo abzutrennen. Dies passierte zum Glück nicht und die Situation entspannte sich nach ein paar Minuten wieder. Die Demo zog dann weiter kämpferisch und laut über den E-Damm Richtung Köngiswortherplatz. Von dort aus ging es weiter über die Königwortherstraße rechts in das Weddingufer. Dort steht das Haus der akademischen Landsmannschaft, diese sind auch Mitglied im Coburger Convent, auch hier flogen wieder viele Tampons und Menschen im Haus wurden von der Demo bepöbelt. Weiter ging es in der Wilhelmshavenstraße an 3 weiteren Verbindungshäusern vorbei. Auch hier folgen wieder Tampons. Die Bullen waren zwar mit vielen Kräften vor Ort, sie beschränkten sich aber darauf vor den Verbindungshäusern zustehen. Auch die Bullen die die Demo direkt begleiteten hatten sich ein wenig zurückgezogen. Was sicherlich auch damit zu tun hatte, dass die Demo mittlerweile deutlich besser aufgestellt war.

Als die Demo auf die Königswortherstraße einbog wurden nach kurzer Zeit sowohl im FLINTA als auch im All-Gender Block einige Rauchtöpfe gezündet. Die Bullen hielten die Demo daraufhin auf der Spinnereibrücke an, gingen aber nicht in die Demo rein. Nach kurzem Stillstand konnte die Demo weiter Richtung Küchengarten laufen.
Nachdem der FLINTA-Block schon fast am Küchengarten angekommen war, nahm die Polizei eine Person die sich angeblich von der Demo kam in einer Nebenstraße fest. Da die ersten Reihen des FLINTA-Blocks schon halb auf dem Küchengarten standen wussten diese am Anfang nicht wie weiter. Gerade weil fast der ganze All-Gender-Block versuchte in Richtung der Maßnahme zu kommen. So wurde die Demo komplett auseinander gerissen. Gerade in Bezug auf die Pyro-Aktionen vorher hätte dies nicht passieren sollen. Ebenfalls gingen einige Organisierte Reihen aus dem FLINTA-Block dann in richtung der Maßnahme, so dass die FLINTAS aus den ersten Reihen und an den Tranpis ohne jeglichen Schutz auf dem Küchengarten standen. Hier wäre eine gute und eindeutige Kommunikation in der Demo hilfreich gewesen. Die Demo hätte entweder geschlossen stehenbleiben oder zur Maßnahme gehen können. Dazu zeigt die Situation, dass es bestimmt gut ist sich teilweise früher von Demos zu verpissen, es aber wichtig ist vorher die Richtigen Orte für soetwas rauszusuchen.

Nachdem all Teilnehmenden am Küchengarten angekommen waren, gab es noch einige Redebeiträge. Einige Personen gingen recht schnell andere Setzten sich auf den Platz und hörten zu. Leider kam es noch zu einem medizinischen Notfall. Wir möchten der Person auch auf diesem Weg nochmal alles Gute und eine schnelle Genesung wünschen! Aufgrund dieses Vorfalls wurde die Demo auch beendet, obwohl es eingetlich noch Redebeiträge geben sollte.

Insgesamt können wir sagen, dass die Demo ein Erfolg war. Die Stimmung war die meiste Zeit sehr gut, die Burschis hatten richtig Angst (und haben wohl auch viel Geld für Secu usw. ausgeben müssen) und der Plan mit dem FLINTA-Block hat meistens gut funktioniert. Gerade weil es viele Junge FLINTA’s gab die mit vorne in der Demo gelaufen sind. So war es möglich sich an solche Demos und Momente zu gewöhnen in einem möglichst angenehmen Umfeld. Wir halten es für ungemein wichtig, dass gerade jüngere Gefährt*innen sich wieder an eine Demokultur gewöhnen können, die auf schwarzgekleidetete, vermummte und kämpferische Personen setzt. Schön wäre noch wenn Bezugsgruppe sich noch mehr auf solche Demos vorbereiten und sich eigene Aktionen für die Demos überlegen.

Enttäuschend war allerdings, dass es am Samstag keine Aktionen mehr gab. An den Messehallen konnten die Burschen leider machen was sie wollten. Auch hier wäre es schön gewesen, wenn Gegenprotest organisiert worden wäre.

Wir bedanken uns bei allen Teilnehmenden. Vielen Dank auch an alle die im Hintergrund unterstützt haben. Wir hoffen wir können mit der Demo dazu beitragen, dass es auch in Zukunft offensive, feministische und antifaschistische Demos in Hannover geben wird. Lasst uns aus den Fehlern lernen und unsere gemeinsame Stärke erkennen.
Männerbünde zerschlagen – das Patriarchat zu Fall bringen!

Falls ihr noch Anmerkungen zur Orga, der Demo oder anderem habt meldet euch gerne bei uns! (NoBurschisHannover@riseup.net)

passiert am 04.06.2020