Solinote an Meuterei und Rigaer94: bleibt!

Wir haben uns gefragt, ob und wie wir uns zu der aktuellen Räumungswelle, die gerade akut die Meuterei und die Rigaer 94 bedrohen, äußern wollen. Die anfänglichen Bedenken irgendwo als konstruierte Vereinigung bei einer Solidaritätsbekundung eben dieses Konstrukt zu bedienen, sind gewichen, nachdem wir festgestellt haben, dass unsere tiefe Verbundenheit mit eben diesen Orten des Zusammenkommens und des Widerstands viel mehr Gewicht haben als jede Repression. Auch wenn der Staat entscheidet, welche Menschen er in kriminelle Vereinigungen steckt, entscheiden wir immer noch, in welchen Kämpfen wir uns positionieren.

Wie unter einem Brennglas ist die Rigaer Straße, ähnlich wie Kreuzberg 36, Spiegelbild der sozialen Konflikte der letzten Jahre in der Stadt: zwischen Subkultur und neu „Linkem“-Spießbürgertum, zwischen den letzten innerstädtischen „proletarischen“ Vierteln und Rentenfonds auf der Suche nach der sicheren Rendite in Zeiten von Niedrigzins, zwischen Versuchen eines anderen Lebens und „Kriminalitätsbelasteten Orten“, zwischen Stadt als Ware und Stadt als Lebens(t)raum…

Nicht einmal ein halbes Jahr nach der Räumung der Liebig Straße 34 und einem Jahrzehnt nach der Räumung der Liebig 14, droht gegenwärtig dem letzten offen teil-besetzten Haus Berlins ein Szenario, in dem vieles denkbar scheint: von lediglich einem „einfachen“ Brandgutachten bis hin zur (Teil)-Räumung.

Die Rigaer 94 ist dabei, mit all ihren positiven und negativen Seiten – und damit ist sicher nicht zu viel gesagt – der letzte Stachel in der hippen pastelfarbenen Stadtlandschaft und auch, in gewisser Weise, innerhalb der radikalen Linken Berlins.

Kurzum: sich in die Konflikte um die Rigaer Straße und die 94 einzubringen heißt, sich in die sozialen Konflikte der Stadt einzubringen, heißt gegen die Stadt der Reichen, heißt gegen die kapitalistische Stadt zu kämpfen!

Die Politik und Medien fahren eine offensive Kampagne gegen das Haus und den Kiez. Sie nennen unsere Namen, zeigen unserer Bilder und versuchen damit uns als Individuen darzustellen, doch wir sind Teil einer Bewegung, beziehen uns aufeinander und positionieren uns offen gegen ihre Hetze.

Wir rufen daher alle dazu auf, sich einzubringen in dem Kampf um die Rigaer 94 und die drohende „kalte Räumung“!

Die Meuterei ist schon immer ein Ort an dem Menschen zusammen kamen, bei einem Glas Bier oder Cola miteinander diskutieren konnten, ein Ort des Austauschs, ein im Kiez vernetzter Ort, ein Freiraum, offen für alle, die Autorität hinterfragen und eine Nische in dem Scheisssystem suchen, ein Ort der Solidarität.

Sowohl die Meuterei als auch die Rigaer94 waren für uns da in den Stunden, in denen die Bullen unsere Wohnungen durchwühlt haben, als wir auf die Bullenwachen verschleppt wurden und zeigten sich solidarisch gegen die Angriffe auf unsere Individualität und Politik. Wir wollen es ihnen gleich tun.

In den letzten Monaten mussten wir uns mit dem Outcome eines überdimensionierten Verfahrens herumschlagen, gerade aus dieser Perspektive ergibt sich für uns die Motivation, Stellung zu beziehen. Der Staat greift an und bringt uns in die Defensive, der erste Schritt zur Offensive ist eine kämpferische Perspektive. Völlig egal ob die Räume der Meuterei oder das Haus Rigaer94 standhalten, die Ideen und Kämpfe werden immer präsent sein.

Meute, Rigaer, Potse – alle bleiben!

Die Beschuldigten im 129-Verfahren Berlin//Athen