Feministische Praxis gegen Patriarchale Gewalt!

Während Wohnungen und Häuser leer stehen, sind Schutzhäuser und Unterkünfte überfüllt.
Coming soon: https://vimeo.com/520821507

Gewaltvolle Verhältnisse – zugespitzt durch die Pandemie

Patriarchale Unterdrückung hat viele Facetten, ob am Arbeitsplatz, auf der Straße, in der eigenen Szene – überall werden FLINTA*s (Frauen, Lesben, Inter-, Nichtbinäre, Trans und Agender Personen) mit mackerigen Sprüchen, übergriffigem Verhalten, materieller und emotionaler Ausbeutung und sonst welcher Scheiße konfrontiert. Die Corona-Pandemie hat von Beginn an vergeschlechtlichte Dimensionen angenommen und die Verhältnisse vor allem für arme und migrantisierte FLINTA* noch zugespitzt. Sei es die Wohnungsnot, die FLINTA*Personen das Entkommen aus toxischen oder gewaltvollen Partner*innenschaften erschwert oder unmöglich macht, das Wegfallen sozialer Umfelder oder die Überlastung von Unterstützungsstrukturen wie Beratungsstellen oder Frauenhäusern (hierbei sei darauf aufmerksam gemacht, wie viel beschissener die Lage hier für Transpersonen, Inter und Nonbinary-Personen ist, die oft Ausschlüsse und Feindlichkeit erfahren statt Schutz finden). Die registrierten Zahlen an häuslicher Gewalt sind bereits während des ersten Lockdowns deutlich gestiegen, zusätzlich wird von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen. Seit den Corona-Abriegelungen haben sich die ohnehin schon menschenunwürdigen Lebensbedingungen in den Lagern an den Außengrenzen und innerhalb Europas deutlich verschlimmert, FLINTA*Personen sind einem noch höherem Risiko sexualisierter Gewalt ausgesetzt und der Zugang zu (unzureichenden) Sanitäranlagen ist schwieriger und gefährlicher gestaltet.
Unterbezahlte Lohnarbeiten, wie Kranken- oder Altenpflege, Reinigung, etc. werden überwiegend durch migrantisierte und FLINTA*Personen ausgeübt und trotz der “Systemrelevanz” dieser Lohnarbeiten hat die Corona-Krise neben viel Geklatsche keine Veränderung auf ökonomischer Ebene gebracht. Auch unentlohnte Arbeiten wie Sorgetätigkeiten werden allerspätestens seit Kita-Schließungen vor allem auf FLINTA*Personen abgewälzt. Der erschwerte Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen setzen die körperliche Selbstbestimmung und Unversehrtheit von FLINTA*Personen aufs Spiel. Das alles sind nur Beispiele dafür, wie die Pandemie und ihre politische Bewältigung auf dem Rücken von FLINTA*Personen ausgefochten werden.

Und jetzt nehmt ihr uns die Räume weg?

Der Bewegungsradius reduziert sich auf die eigene Wohnung, das soziale Umfeld auf den Wohnzusammenhang – das wirkt vereinzelnd. Wenn strukturelle Gewalt passiert, sind Unterstützungstrukturen wie Freund*innen, Berater*innen und Rückzugsräume wichtig, um diese Vereinzelung nicht zur Ohnmacht werden zu lassen. Doch auch die Orte des Rückzugs, der Organisierung und der feministischen Solidarität stehen innerhalb des kapitalistischen Patriarchats unter Beschuss. So wurde die Liebig34 im Oktober 2020 geräumt, was uns einen der letzten queer-feministischen Safer Spaces, kollektive Momente der Solidarität und des Widerstands geraubt hat. Die Ratlosigkeit der Corona-Pandemie wurde auch Anfang Februar genutzt um das Obdachlosencamp an der Rummelsburger Bucht zu räumen. Unter vorgeheuchelter Nächstenliebe, vor der einbrechenden Kälte zu schützen, wurden die ca. 100 Bewohner*innen des Camps geräumt – unter ihnen viele (trans*)-Sexarbeiter*innen. Für die meisten der betroffenen Personen waren die vorgesehenen Unterkünfte keine Option, unter anderem durch Angst vor Gewalt oder Diskriminierung. Die Kältehilfe bietet eben keinen Ersatz für einen selbstverwalteten Wohnort, an dem sich FLINTA*-Personen und/oder Sexarbeiter*innen sicherer fühlen.

Die Liste an selbstorganisierten Projekten, die von der Berliner Räumungswelle 2020 betroffen waren, geht weit über diese zwei Beispiele hinaus. Wohnraum und kollektive Orte der Solidarität werden seltener, Räume an denen sich ohne cis-Männer organisiert wird, noch seltener. Die verbleibenden Orte zu verteidigen und sich Neue anzueignen ist notwendig für den kollektiven Umgang mit struktureller Gewalt. Es ist an uns, unsere feministische Praxis zu bündeln und die Verschärfung patriarchaler Machtverhältnisse nicht unbeantwortet zu lassen. Lasst uns gemeinsam für selbstverwaltete Räume kämpfen! Kurzzeitiges Besetzen ist erst der Anfang – watch out for more!

Flintaspaces

passiert am 08.03.2021