Free Mumia Kundgebung am 44. (!) Haftjahrestag

Am Dienstag, den 9. Dezember 2025 demonstrierten ca. 40 Menschen vor der US Botschaft am Pariser Platz in Solidarität mit Mumia Abu-Jamal. Der afroamerikanische Journalist ist für einen untergeschobenen Polizistenmord, für den es keine haltbaren Beweise gibt, seit 44. (!) Jahren im US Bundesstaat Pennsylvania in Haft. Zeitgleich demonstrierten Menschen für seine Freiheit in Pennsylvania vor dem SCI Mahanoy Gefängnis, in dem er festgehalten wird, sowie in Bern, London und Mexico City vor diplomatischen US Einrichtungen. Bereits am Mittwoch hatte es einen ähnlichen Protest in Paris vor der US Botschaft gegeben.

In vier Redebeiträgen gingen verschiedene Leute auf Mumia, die Masseninhaftierung in den USA, die rassistische und klassistische Todesstrafe sowie Tod durch Einkerkerung („Death By Incarceration“ = DBI) ein. NPD-Schmitke und zwei Helferlein provozierten in inzwischen bekannter Manier und konnten so die vielen Transparente der Free Mumia Kampagne filmen.

Mumia hatte in Philadelphia vor seiner Festnahme 1981 als Journalist mehrere Behörden wg. ihrer korrupten Haltung und ihres tödlichen Rassismus in arge Erklärungsnot gebracht. Ein Richter verlor durch Mumias Berichterstattung 1980 seinen Job, weil dieser in einem Interview offen aussprach, wie wenig Rechte People of Color in seinem Gerichtssaal hatten. 1981, nur wenige Monate vor seiner Festnahme, wurde Mumia vom damaligen Polizeichef und späteren Bürgermeister Philadelphias, Frank Rizzo in erhaltenen Filmaufnahmen bedroht, dass er für seine unerschrockene Art des Fragens und Berichtens Probleme bekommen werde, weil „die Leute glauben, was sie sagen und das muss aufhören. Ich werde noch in meiner Amtszeit dafür sorgen, dass sie für das, was sie tun, zur Rechenschaft gezogen werden“ (Originalzitat von Frank Rizzo). Well, he did.

Nachdem Mumia am 9. Dezember als Resultat einer racial profile Polizeikontrolle gegen seinen Bruder á la DWB (Umgangssprachlich in Philly für „driving while black“, abgeleitet vom juristischen Vorwand „DWI“ = driving while intoxicated) niedergeschossen wurde, fand er sich nach einer Notoperation wenige Tage später zu seiner Überraschung selbst als Angeklagter wieder (1). In einem durchgehend manipulierten Prozess wurden nicht nur entlastende Aussagen von Passant*innen und einem Polizisten heraus gehalten, forensische Untersuchungen mit nicht genehmen Ergebnissen vernichtet, sondern auch zwei völlig frei erfundene Aussagen durch vulnerable Zeug*innen vom Staatsanwalt erpresst, um die vorher rassistisch gesiebte Jury davon zu überzeugen, dass hier nicht ein kritischer Journalist für seine Arbeit sondern ein wütender Killer (a.k.a. Black Panther, deren Pressesprecher in Philadelphia Mumia Ende der 1960er war) verurteilt werden sollte. Zwar kassierte der US Supreme Court 2011 endgültig das Todessurteil, weil die Jury von Richter und Staatsanwalt damals falsch instruiert (=manipuliert) worden war, verweigerte Mumia jedoch eine Neuverhandlung. Pennsylvanias Justiz kopiert dieses Verhalten seitdem und lehnt alle rechtlichen Versuche ab, ohne dabei zu zögern, die Verfassung wiederholt zu brechen. Wer sollte sie derzeit daran hindern?

Mumia hat 44 Jahren in einigen der miesesten Höllenlöcher des Bundesstaates Pennsylvania verbracht. Er überlebte dank weltumspannender Solidarität zwei Hinrichtungsbefehle, nachdem die protokolarischen Schritte der Exekution bereits eingeleitet waren (1995 & 1999). Er ging durch Türen, aus denen normalerweise kein Gefangener zurückkehrt. Er musste eingeschlossen zusehen, wie zahlreiche Familienmitglieder und Freund*innen im Laufe der Jahre draußen starben, inklusive seiner jüngsten Tochter. Er überlebt 29 Jahre Isolationshaft von der Art, die die UN nach einer Dauer von 15 Tagen als Folter bezeichnet. Seine Bewegungsmöglichkeiten (Ketten an Händen, Füßen und dazwischen) waren über Jahrzehnte eingeschränkt. Seine Ernährung bestand (und besteht teilweise heute noch) aus Mikrowellenfrass ohne Nährstoffe. In einer 6 qm großen Zelle im SCI Greene verbrachte er über 20 Jahre, mit 4 – 5 Mal die Woche nur einer Stunde Käfig im Hof. Er schrieb und nahm in der gesamten Zeit Beiträge auf, unterstützte andere Gefangene als Jailhouse Lawyer (2) und trat mit Menschen weltweit in Kontakt. Er war mit seinen Beiträgen zu unterschiedlichen Zeiten sehr präsent in der „NoGlobal“ Bewegung, der Bewegung zur Abschaffung der Todesstrafe, dem Widerstand gegen Zwangsräumungen während der großen Immobilienkrise 2008, dem Gefängnisabolitionismus, Black Lives Matter und Kommentaren zum Niedergang des US Imperiums, was Trump und einige andere weiße Männer und Frauen mit fanatischer Gefolgschaft noch etwas hinaus zögern wollen.

Bei einem Haftbesuch im Frühjahr 2010 warnte er einen der hier Schreibenden, dass langfristig in dieser Richtung zwar Hoffnung bestünde, aber der damals bereits sichtbare Abwärtstrend der US Ökonomie und die damit verbundene militärische Unsicherheit viele Menschen überall auf der Welt umbringen könne. Der Krieg um die letzten Rohstoffe war damals bereits im vollen Gang, die ökologischen Kipppunkte jedoch noch nicht verpasst, was aus heutiger Sicht die Freude über die zukünftig abtretende Weltmacht USA schmälert. Was uns zurück zum Aufruftext der kleinen Berliner Kundgebung bringt: die aktuelle Tech-Elite sitzt in den USA nicht so fest im Sattel, wie sie es selbst gerne behaupten (3).

In einem Redebeitrag zur Masseninhaftierung von über 2 Millionen Menschen (siehe PDF) ging es um die Rechtlosigkeit Angeklagter ohne Geld in den USA, die profitorientierte Gefängnisindustrie als aktueller Ausdruck der nie wirklich beendeten Sklaverei dort sowie den organisierten Widerstand zehntausender Gefangener. Danach berichtete jemand über die zahlreichen Hinrichtungen, die seit Trumps Amtsantritt im Januar 2025 in nur wenigen US Bundesstaaten beinahe wöchentlich stattfinden, wo Trumps Unterstützer regieren, allen voran Florida. Es seien seit Januar 2025 bis jetzt mehr Gefangene ermordert worden, als us-weit in den gesamten 10 Jahren zuvor. Dieser Beitrag ist hier als PDF abrufbar.

Neben der Grußbotschaft der Roten Hilfe  und einem Berliner Aufruf für Silvester zum Knast gab es einen weiteren Redebeitrag zur Realität der Masseninhaftierung in den USA: ca. 200.000 der über 2 Millionen Gefangenen sind dort inzwischen aufgrund der langen Haftdauer (meist Lebenslänglich ohne Möglichkeit von Bewährung) pflegebedürftig, ohne angemessene medinzinische Versorgung zu erhalten. Gefangene und Kritiker*innen nennen die nie endende Haft „Death By Incarceration“ (dt. in etwa „Einsperren bis zum Tod“). Die Brutalität des langsamen und schmerzhaften Sterbens ohne Behandlung ist etwas, was die Neo-Liberalen und rechten Steigbügelhalter in der Form hier noch üben. Auch dieser Beitrag ist als PDF abrufbar.

Für Mumia konnten in den vergangenen Jahren einige lebensrettende Operationen durchgekämpft werden. Sein Beispiel veranlasste den US Bundesstaat Pennsylavania 2017 zu einer Vereinbarung mit über 7000 Gefangenen auf Versorgung gegen Hepatitis-C, wenn sie auf ihre Klagen verzichteten. Die Behandlungen sind z.T. wirklich erfolgt, für manche kamen sie jedoch zu spät …

Aktuell kämpft Mumia mit 71 Jahren um den Erhalt seines Augenlichts. Denn trotz erfolgreicher Operation gegen ein Glaukom am linken Auge leidet er unter durch Diabetes Typ-II ausgelösten Problemen, die langfristig zur Erblindung führen können. Er erhält so gut wie keine Diabetes-gerechte Ernährung in Haft. Auch seine Leber ist durch die damals verzögerte Behandlung gegen Hep-C schwer angegriffen, die ärztlich verordnete sportliche Bewegung für sein Herz (Herzinsuffizienz mit drei By-Pässen) fällt im SCI Mahanoy Gefängnis aufgrund von Personalmangel meistens aus. Sie versuchen nach wie vor, den meist gelesenen gefangenen Autoren und Journalisten in den USA umzubringen. Der Knast ist kein Ort für alte Menschen, Mumia und andere müssen sofort freigelassen werden!

Am 11. Januar 2026 sind Noel Hanrahan (Gründerin von Prison Radio) und der ehemalige Gefangene Saleem Holbrock (vom Abolitionist Law Center aus Pittsburgh https://abolitionistlawcenter.org/ ) zu Gast in Berlin, um sich mit allen Interessierten über Mumia und die Realität der Gefängnisse in den USA auszutauschen und konkrete Schritte zur Unterstützung der Gefangenen zu besprechen. Achtet auf Ankündigungen beim Free Mumia Netzwerk https://freiheit-fuer-mumia.de/

FREE MUMIA – Free Them ALL!

Ps: noch ein Wort an Naziclown Schmidtke, der es sich zusammen mit 2 anderen Menschenfeinden nicht nehmen liess, erneut sein durchsichtiges Journalistenspiel mit Streamingportal und sinnfreien Kommentaren durchzublödeln: niemand hat Angst vor dir und deinen Henkeraspiranten. Unsere Transparente werden größer, wir immer mehr und der Rest wird sich zeigen.


(1) siehe Mumias Text aus „A Christmas Cage“ wenige Tage nach seiner Verhaftung, in dt. Übersetzung in „Mumia Abu-Jamal: Texte aus dem Todestrakt – Essays eines politischen Gefangenen“ (2023, Westend Verlag)

(2) Rede von Harold Wilson als PDF, ehemaliger Todestraktmitgefangener von Mumia auf einer Demo in Berlin 2012 https://freiheit-fuer-mumia.de/aktuelles/image/demo2404012/Harold_Wilson_speech_translation.pdf
als Video auch immer noch auf YT zu finden „Harold Wilson speaking at Free Mumia rally in Berlin (engl/deutsch)“ Pt 1 und Pt 2

(3) Aufruf zur Kundgebung: „Free Mumia – eine Stunde in Solidarität mit den Unterdrückten des US Feudalismus“ https://freiheit-fuer-mumia.de/#Kundgebung091225

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passiert am 09.12.2025