Fight Back – Keine Homezone für den 3. Weg!
Der Rechtsruck in Deutschland ist seit Jahren spürbar – auch und insbesondere im als linksgrün – alternativ bekannten Berlin. Die Neonazis sitzen nicht nur in Parlamenten und werden von Konservativen und Sozialdemokraten hofiert, auch auf den Straßen treten sie immer selbstbewusster auf. Besonders trifft dies auf die Neonazi-Kleinstpartei “Der Dritte Weg” zu. Bei Wahlen, egal ob auf Kreis-, Landes- oder Bundesebene, erreichen sie nie auch nur 1 Prozent der Stimmen, sondern dümpeln zwischen 0,02 und 0,5 Prozent. Aber was ihnen an Wahlerfolg und politischer Relevanz fehlt, versuchen sie mit stumpfer Gewaltbereitschaft wett zu machen.
Ende Juli versuchten Mitglieder des Dritten Weges, ihrer Jugendorganisation “Nationalrevolutionäre Jugend”, der NPD sowie die teils Minderjährigen der neuen Nazi-Jugendgruppen “Deutsche Jugend Voran” und “Jung & Stark” den kommerziellen CSD auf dem Potsdamer Platz anzugreifen. Zwar wurde der Angriff von der Polizei verhindert, das Selbstbewusstsein, mit dem die 28 Neonazis eine Veranstaltung mit 250.000 Teilnehmenden angreifen wollten, sollte uns trotzdem aufrütteln. Erst wenige Wochen vorher gab es bereits einen anderen Angriff aus dem gleichen politischen Umfeld, diesmal auf eine gemeinsame Anreise zu einer linken Demonstration in Marzahn-Hellersdorf. Der Angriff fand am hellichten Tag am Ostkreuz, in Anwesenheit der Berliner Polizei, statt.
Dass die Neonazis so selbstbewusst auftreten ist erschreckend. Überraschend ist es aber nicht. Nicht nur, dass rechte Parteien und Positionen seit mindestens zehn Jahren, seit der Gründung der AfD, überall Aufwind erfahren – Neonazis wie die Mitglieder des Dritten Wegs trainieren auch seit Jahren Kampfsport und bereiten sich sowohl auf Straßenkämpfe und Angriffe als auch auf bewaffnete Umstürze vor, wie die Recherchen zum Nordkreuz-Komplex zeigen. Auch die Übergriffe durch Neonazis in Ostberlin, insbesondere in Marzahn-Hellersdorf, zeigen, wie viel selbstbewusster Neonazis geworden sind. Die körperlichen Angriffe von Nazigruppen enden auch immer wieder tödlich – wie im Fall von Silvio Meier, der am 21. November 1992 in der U-Bahn-Station Samariterstraße von einer Gruppe Neonazis erstochen wurde, und in mindestens 218 anderen Fällen.
Gleichzeitig rekrutieren Neonazis online und an Schulen gezielt Jugendliche und Kinder – leider sehr erfolgreich, wie der versuchte Angriff auf den CSD am Potsdamer Platz zeigt. 14 der 28 verhafteten Neonazis waren Minderjährig. Auch bei den sogenannten “Gegendemonstrationen” zu CSDs in Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und anderen Bundesländern waren viele Minderjährige und Teenager anwesend, wie Fotos belegen.
Natürlich kann man das Problem leugnen und zum Beispiel als Scharmützel zwischen verfeindeten, radikalen Enden eines politischen Spektrums sehen, die keine weitere Bedeutung für den Rest der Gesellschaft haben. Solch eine Position ist jedoch unfassbar naiv. Auch dies zeigt der versuchte Angriff auf den CSD: Den Neonazis geht es nicht nur um ihre sogenannten politischen Gegner, sondern um alle, die nicht in ihr Weltbild passen. Dazu gehören nicht nur politisch aktive Linke, sondern queere Personen, Juden und Jüdinnen, People of Colour, Muslim*innen und behinderte Personen.
Und auch hier machen Neonazis und Rassisten nicht vor Kindern und Jugendlichen halt, wie unter anderem der Angriff auf die damals 17-Jährige Dilan zeigt. Dilan wurde 2022 von sechs Erwachsenen zwischen 25 und 55 Jahren in einer Straßenbahn zunächst rassistisch beleidigt und dann außerhalb der Straßenbahn umzingelt, bespuckt, geschlagen und getreten. Mindestens einer der Täter ist bereits wegen dem Tragen faschistischer Symbole verurteilt. Im Mai griff eine Gruppe Kinder einen Elfjährigen in Kreuzberg rassistisch an, der Junge floh und wurde dabei von einem Auto angefahren.
Was hat das alles mit Pankow zu tun? Ganz einfach: In diesem als gut bürgerlich geltenden Bezirk befindet sich der Sportkomplex Rennbahnstraße. Hier trainieren die Neonazis des Dritten Weges. Dies tun sie nicht etwa klammheimlich, sondern mit dem Wissen und der Billigung der Verantwortlichen – und das seit den späten Neunzigern, als Sportverein TSC Preußen 97. Zwar hat der Bezirk dieses Jahr beschlossen, die Neonazis aus dem Sportkomplex zu vertreiben, viel passiert ist bisher jedoch nicht – zu groß ist die Angst vor Klagen und Schadensersatzforderungen. Auch der rassistische Angriff auf Dilan und der transphobe Angriff im März fand in Pankow statt.
Wir haben die Schnauze voll von Neonazi-Gewalt, von Bedrohungen und Beschimpfungen, von Kampfsporttrainings und Angriffen am helllichten Tag! Wir wollen keine Neonazis in Pankow und auch sonst nirgends – und wir können uns gegen diese Zustände nur gemeinsam wehren. Deshalb gehen wir am 23. November auf die Straße, zur “Fight Back” Demonstration durch Pankow. Schnappt euch eure Demobuddies, lasst eure Handys, Hunde, Partei- und Nationalfahnen zuhause und kommt am 23. November um 16 Uhr zum S-Bahnhof Prenzlauer Allee, um klar zu machen: In Pankow gibt es keine Homezone für Neonazis, und auch nirgendwo sonst!
passiert am 23.11.2024