Veranstaltung zum Manifest “Die Straßburger Thesen”

“Der unangebrachte Triumphalismus, gefolgt vom Schweigen über die Niederlage, sobald sie einmal erlitten ist, zeigt, sowohl bei Aktivisten als auch bei Gewerkschaftern, eine der perversesten Formen der Liebe der Linken zur Niederlage. Nicht existente Siege zu feiern, bietet die willkommene Gelegenheit, den endgültigen Rückzug oder, in den meisten Fällen, das völlige Fehlen einer Strategie zu verbergen. Man muss – trotz allem scheinbaren Widerspruch – davon ausgehen, dass die wahren Defätisten diejenigen sind, die stets positiv sind, nie aufhören zu applaudieren und sich selbst zu beglückwünschen. Und dass diejenigen, die “die Bewegung” schonungslos kritisieren, und am deutlichsten ihre Ablehnung einer dummen Niederlage zeigen, damit ihre Entschlossenheit zum Sieg demonstrieren.

Es gibt diejenigen, die siegen wollen, und diejenigen, die anerkannt werden wollen – d. h. diejenigen, die es als Sieg ansehen, anerkannt zu werden. Der wahre Sieg bezieht sich nicht auf den Feind, sondern auf die Möglichkeit, im Anschluss an taktische Erfolge eigene Pläne zu entfalten. Dazu muss man allerdings erst einmal welche haben.”

Moses Dobruška, November 2023

Wenn in Frankreich angesichts des narzistisch-nihilistischen Schachzugs des petit roi Macron, Neuwahlen auszurufen, die ‘Volksfront’ wiederbelebt wird, was ebenso geschichtsvergessen wie intellektuell ein grenzdebiles Vorhaben repräsentiert – was die verzweifelten Linken und diversen Szeneblasen nicht daran hindert, sich auf ein schon vor einem knappen Jahrhundert totgerittenes Pferd zu schwingen – ist es endgültig an der Zeit – sich allen Anstrengungen, die sich ansatzweise wieder an einer antagonistischen Analyse und damit in den Bemühungen, in die Offensive zu kommen, wieder auf der Höhe der Zeit zu agieren, zu widmen.

Was kommt da mehr gelegen, als sich den “Straßburger Thesen” (1) zuzuwenden, einem weiteren Konglomerat aus jenen französischen Zirkeln, die seit 2008 (2) die ganzen Theoriegebäude der Linken hinweggepustet haben, wie der Wolf die armseligen Stroh-und Holzhäuschen der 3 kleinen Schweine. Nun, da der ‘Ansturm der Barbaren’ (3), der seit 2011 die Welt unaufhörlich in Aufruhr versetzt hat, sich selbst in einer neuen Subjektivität erschaffen haben (4), (was in fast allen linken Lesarten dieser Epoche der Aufstände verschwiegen und negiert wurde und wird), einen Moment lang neuen Atem schöpft, sich alles im Angesicht von Krieg in der Metropole selbst und geopolitischer Neuordnung neu sortieren und vergewissern muss, ist vielleicht der Moment der Muße möglich, zu diskutieren, wie der nächste ‘Sturm auf den Himmel’ (5) zu organisieren ist.

Die Linke, und auch jene Dissidenten, die sich in letzter Zeit (endlich) von eben jener Linken abgewandt haben, reden unentwegt von Niederlagen, Zweifeln, Begrenzungen und Hoffnungslosigkeiten. Selbst da, wo wieder ein gewagter Geniestreich der neuen aufständischen proletarischen Generation eine weitere offensive Operation durchgeführt hat, begegnet diesen aufständischen Operationen immer wieder ein schier unglaubliches Maß an Zweifeln, innerer Distanz und selbstgenügsamem Defätismus jener (neuen) Dissidenten. Dabei ist es ebenso naheliegend wie unausweichlich, wo wir stehen. Oder wie es einige italienische Gefährten (6) vor kurzem feststellen:

“Der Kapitalismus verschärft die wirtschaftliche und soziale Polarisierung, so dass die neuen kämpfenden Kräfte nichts mehr fordern und sich in der Tat kollektiv als Alternativen zum Kapitalismus präsentieren (das in den USA und im Vereinigten Königreich aufgetretene Phänomen, dass Hunderte von jungen Menschen Geschäfte stürmen und sich auf TikTok organisieren, ist kurios). Sie sagen einfach noch nicht, was sie anstelle der gegenwärtigen Produktionsweise wollen, aber wenn sie es täten, würden ihre Forderungen zur Macht der Partei der Revolution avancieren.”

All das, und noch viel mehr wollen wir mit Euch anlässlich der Veranstaltung zu den “Straßburger Thesen” diskutieren, die Teil unserer Veranstaltungsreihe ‘Gezeiten der Revolte ist’.

Montag, 24. Juni • 20:30 Uhr • Montagsbar, Fehrbelliner Straße 6

(1) https://olaf.bbm.de/nummer-43-moses-dobruska-wie-alles-anfing
(2)http://www.trend.infopartisan.net/trd1210/insurrection.pdf
(3)https://sunzibingfa.noblogs.org/post/2021/01/11/vorwaerts-barbaren/
(4)https://www.anarchistischefoderation.de/jina-the-moment-of-no-return/
(5)https://libcom.org/article/storming-heaven-class-composition-and-struggle-italian-autonomist-marxism-steve-wright
(6)https://www.anarchistischefoderation.de/unruhen-soziales-chaos-und-krieg/

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